Von Ländern und Menschen

Mit einer Lesung aus seinem Buch «Die Seidenstrasse heute» und in einer Plauderei mit Heiner Leuthardt bestätigte der bekannte Journalist und Korrespondent Peter Gysling seinen Ruf als Kenner der Materie.

Wohlinformiert und eloquent: Der Journalist und Russland-Korrespondent Peter Gysling in der Aula des Bildungszentrums. Foto: Thomas Brunnschweiler
Wohlinformiert und eloquent: Der Journalist und Russland-Korrespondent Peter Gysling in der Aula des Bildungszentrums. Foto: Thomas Brunnschweiler

Thomas Brunnschweiler

Der Journalist und langjährige Russland-Korrespondent Peter Gysling erwies sich am Montagabend in der Aula des Bildungszentrums KvBL als starker Publikumsmagnet. Eingeladen hatten Kultur in Reinach und die Gemeinde- und Schulbibliothek. In drei Themenblöcken führte Heiner Leuthardt das zwanglose Gespräch mit einem sichtlich entspannten Gegenüber. Als KV-Abgänger rutschte Gysling in den Journalismus hinein und kam 1980 zum Radio. Während der wichtigen Jahre der Wiedervereinigung war er Deutschland-Korrespondent, bevor er nach einem Studium des Russischen 1990 nach Moskau ging. Nach siebenjähriger Tätigkeit für DRS 1 kehrte er 2008 zurück in die russische Hauptstadt. Gysling zeichnete ein ernüchterndes Bild der russischen Verhältnisse. «Schockierend war für mich der Umgang der russischen Justiz mit Pussy Riot, die in der Schweiz höchstens eine Ordnungsbusse erhalten hätten», sagte er. Die Zeitungen mit kritischer Berichterstattung würden nur in den Grossstädten gelesen, die Mehrheit der Bevölkerung werde vom gleichgeschalteten Staatsfernsehen informiert.

Seidenstrasse heute

Nach einem Trailer zur achtteiligen Fernseh-Dokumentaton «Die Seidenstrasse» ging Gysling auf seine Reise von Venedig bis zum chinesischen Xian ein. Rund 12000 Strassenkilometer legten Gysling und sein Team zurück. Der Autor las einige Kostproben aus dem Begleitbuch zum Dok-Film vor. Ob er nun von seiner Begegnung mit zwei jungen türkischen Frauen im Zug sprach, ob von jener mit dem georgischen Milliardär, Kunstsammler und Ministerpräsidenten Bidsina Iwanischwili oder mit der bescheidenen kirgisischen Übergangspräsidentin Rosa Otunbajewa, stets hatte man als Zuhörer den Eindruck, dass dieser Journalist mit seiner respektvollen, freundlichen Art die Menschen zum offenherzigen Reden bringt. Man spürte: Neben der notwendigen fachlichen Kompetenz ist für die Arbeit an einer Fernsehdokumentation die soziale Kompetenz unabdingbar.

Kritische Töne

Gysling nahm aber auch Stellung zu politischen Themen und machte kein Hehl aus seiner Abneigung der islamischen Sicht auf die Frau. Er zeigt sich skeptisch, ob sich Zentralasien aus den Fängen autokratischer Strukturen lösen könne und äusserte – indirekt – Angst, dass China mit seiner kompromisslosen Drillpädagogik den Westen überflügeln könnte. Prognosen zu Zentralasien wollte er keine abgeben. «Geschichte lässt sich nicht voraussagen», so Gysling, «das haben wir beim Fall der Berliner Mauer gesehen.» Die Möglichkeit, Fragen zu stellen, wurde rege genutzt. Eine Frau bedauerte, dass Gysling den letzten Teil der Reise bis ins chinesische Xian nicht habe kommentieren können. Heiner Leuthardt fing den Ball auf und fragte den Referenten gleich, ob er nicht nochmals nach Reinach komme. Gysling nickte verschmitzt mit dem Kopf.

Christoph Müller/Peter Gysling: Die Seidenstrasse heute, Beobachter Edition 2012, 256 S., Fr. 48.–

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