Vom Starcoiffeur zum Zenpriester
Mehrere Brüche und Neubeginne prägten Jörg Baders wechselvolles Leben. Am Anfang standen die Familientradition und die frühe Begegnung mit japanischer Lebensart.

Thomas Brunnschweiler
Nomen est omen: Seine Vorfahren waren fahrende Bader, die etwa 1640 in Langenbruck sesshaft wurden. «Noch über dem Geschäft meines Urgrossvaters in Dornach stand zu lesen: Bader und Zahnextraktion», erklärt Jörg Bader, der das Zigeunerblut in seinen Adern als ausgeprägten Freiheitssinn und existenzialistisches Lebensgefühl spürt. In seiner Jugend verbrachte Jörg Bader zwei Jahre mit einem japanischen Jungen aus einer kaiserlichen Familie, der in der Schweiz Deutsch lernen sollte. Der Kontakt zur japanischen Kultur sollte Jörg Bader sein ganzes Leben lang prägen. Nach einem missglückten Studium der Geologie entschloss sich Bader, dem Ruf der Vorfahren zu folgen und Coiffeur zu werden. Nach der Lehre nahm er im Wembley-Stadion an einer Hair-Show teil und man empfahl ihn Vidal Sassoon, dem damals angesagtesten Hairstylisten Londons, der mit Mary Quant, der Erfinderin des Minijupes, befreundet war. Bald stieg Bader vom Junior zum Art Director auf und frisierte Top-Models und Schauspieler.
Die wilden Jahre
Die nächste Station war Genf, wo er Geschäftsführer der Coiffure Opéra wurde. Hier bediente er die grossen Schauspieler seiner Zeit. «Richard Burton war ein integrer und zuvorkommender Mann, ein Monsieur mit grossem Charisma», sagt Bader, «Jean-Paul Belmondo dagegen ein lustiger Kerl, stets zu Sprüchen aufgelegt, wohingegen Alain Delon sehr reserviert war; an ihn kam man nicht heran.» Genf war die wilde Zeit in Baders Leben, mit Partys und einem Ausflug in Polanskis Villa in Gstaad. Eines Tages hatte Bader genug von der Dekadenz der Prominentenwelt und kehrte abrupt nach Basel zurück, wo er 1968 das legendäre Studio «Pop Hair» eröffnete. «Ich hatte damals Haare bis auf die Schultern und der so genannte Bader-Zopf war meine Erfindung.» Später hatte er einen Laden bei der Markthalle und bediente aufgrund seines Rufs viele Damen und Herren aus dem Basler «Daig». Ende dieses Augusts nun wird sich Bader als Coiffeur zu Ruhe setzen.
Berufung zum Zen
Während all dieser Jahre vertiefte sich seine Auseinandersetzung mit Japan. Bader studierte nebenbei Philosophie und Japanologie in Zürich, bereiste Japan und sah, dass dessen Kultur ganz vom Zen durchdrungen war. Die Zen-Lehre, ursprünglich aus China stammend, ist mehr Haltung und Philosophie als Religion. «Aber sie ist ein Mitfahrer im Fahrzeug des Buddhismus.» Zunächst praktizierte Bader Kyudo, das japanische Bogenschiessen. Mit 35 begann er zu meditieren und wurde von den höchsten Meistern Japans ausgebildet. In Klöstern praktizierte er in Klausurwochen Zazen, bis 15 Stunden am Tag sitzend. Die Ordination zum Priester erhielt er von Eso Hozen Roshi und Kobun Chino Roshi.
2012 wird Jörg Shosan Kogetsu Bader bei einer weiteren Ordination zum Ersten Schüler des Meisters. Vorerst möchte er sein Dojo Mukitaimon («Das Tor der Nichterwartung») in Ettingen weiterführen. Bader versteht sich als Philosoph des reduktionistischen und radikalen Existenzialismus und hat im Internet mehrere Schriften publiziert. «Mir geht es um die pure Existenz, reduziert auf das Hier und Jetzt.» Zen und Existenzialismus schliessen Genuss nicht aus. Bader ist nämlich auch noch Präsident des «Cigar Culture Club».
www.mukitaimon.ch