Reinach kündigt Ferienpass

Die Sparmassnahmen treffen auch den Nachwuchs. Für Reinacher Kinder sind die Sommeraktivitäten ab nächstem Jahr nicht mehr gesichert.

Weiterhin beliebt: Die Aktivitäten des Ferienpasses – wie hier bei der Feuerwehr in Münchenstein – sind bei Kindern sehr gefragt. Foto: zvg

Die Gemeinde Reinach hat ihre Mitgliedschaft beim Regio-Ferienpass per Ende dieses Jahres gekündigt. Wie der Regio-Ferienpass nächstes Jahr aussehen wird, ist noch offen. Neben Reinach beteiligen sich die Gemeinden Aesch, Dornach, Arlesheim, Münchenstein und Pfeffingen. Vor rund zwei Jahren sind die Gemeinden Therwil und Ettingen ausge­stiegen, weil sich keine Freiwilligen mehr finden liessen. Das heisst nicht, dass diese Kinder und zukünftig auch die Reinacher Kinder nicht mehr mitmachen können. Sie werden einfach nicht mehr prioritär den Kursen zugeteilt, sprich: Zuerst dürfen die Kinder der anderen Gemeinden wählen, und wenn es keinen Platz mehr hat, dürften die Tränen in Reinach fliessen.

Reinach war grosszügig

Jede Gemeinde habe einen Mitgliederbeitrag geleistet, der zurzeit bei 30 Rappen pro Einwohner liegt. «Dazu gab es ein separates Budget für die Arbeitsgruppe.» Reinach sei eine grosszügige Gemeinde gewesen, lobt Regula Stingelin, Präsidentin des Vereins Regio-Ferienpass, daher sei der Verlust umso einschneidender. Ebenso hätten sich viele Freiwillige, vor allem Frauen, an der Organisation beteiligt. «Das ist das Schlimmste, wenn jetzt Leute, die sich engagieren, wegfallen», nennt Stingelin eine grosse Befürchtung. Sie hofft, dass wenigstens Räume in den Schulhäusern durch die Gemeinde noch zur Verfügung gestellt werden. In diesem Punkt reicht ihr Gemeindepräsident Ferdinand Pulver die Hand: «Das sollte weiterhin möglich sein.»

Rückkehr nicht ausgeschlossen

«Reinach schreibt ein Defizit von rund 10 Millionen Franken. Wir haben ein gröberes strukturelles Problem», erläutert Pulver. Daher seien für die Jahre 2025/2026 «schmerzhafte Massnahmen» notwendig. Quer durch alle Bereiche wird gespart und werden Leistungen sistiert, nicht nur bei den Kindern. «Es ist ein harter Schritt», räumt der Gemeindepräsident ein und zeigt grosses Verständnis für den Regio-Ferienpass. «Aber wir müssen uns Luft verschaffen», sodass Reinach wieder nachhaltig haushalten kann. Und er öffnet eine Türe: «Eine Rückkehr 2027 ist nicht ausgeschlossen», sagt er und spricht von «Sistierung», auch wenn die Mitgliedschaft formal gekündigt wurde. Ob Reinach schon auf den Sommer 2027 zurückkehrt oder erst 2028, möchte er offenlassen. Wichtig sei: «Die Türe bleibt nicht geschlossen.»

Das Angebot ist in Reinach sehr beliebt. Nicole Brestler, die für den Regio-Ferienpass im Hintergrund arbeitet und auch die Website betreut, kann Zahlen nennen: «1156 von insgesamt 3159 Plätzen wurden von Reinacher Kindern ­gebucht. 196 Kinder aus Reinach nehmen am Regio-Ferienpass teil.» Insgesamt machen 695 Kinder beim Ferienpass mit. Die Reinacher Arbeitsgruppe hat 55 Aktivitäten zusammengestellt, die zusammengerechnet 92-mal durchgeführt wurden. Insgesamt bietet der Regio-Ferienpass 157 verschiedene Aktivitäten an.

Der Verein werde nach den Sommerferien eine Sitzung durchführen, an der auch die Kündigung ein Thema sein werde. Ob es gelingt, die weggebrochenen Einnahmen von Reinach mit Sponsoren oder anderweitigen Spenden aufzu­fangen, ist offen. Als Alternative müssten Angebote gestrichen und das Programm dürfte deutlich kleiner werden.

Der Schaden ist angerichtet

Stingelin bedauert vor allem, dass Reinach nie auf sie zugekommen sei. «Auch mit einem kleineren Budget wäre etwas möglich gewesen», sagt sie und lässt damit die Türe zur Versöhnung offen. Für Brestler wird am falschen Ort gespart: «Vermutlich ist das, was wegbricht, nicht mehr aufbaubar. Auch das Netz der Freiwilligen wird unwiederbringlich zerstört.» Der Basispreis eines Regio-Ferienpasses beträgt 10 Franken. «Da ist alles dabei», sagt Stingelin. Für 18 Franken ist auch noch das TNW-Abonnement für eine Woche inklusive.

Ein Widerspruch, auf den die Ferienpass-Macherinnen hinweisen, ist das Label «kinderfreundliche Gemeinde», das sich Reinach vor noch nicht allzu langer Zeit gesichert hat und das von der Unicef vergeben wird. «Ja, da steht ein Widerspruch», räumt Pulver ein, aber: «Um eine kinderfreundliche Gemeinde zu bleiben, müssen wir finanziell gesund werden, um die Struktur wieder erlangen zu können und den Kindern wieder etwas zu bieten.»

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