Nur ein Schulhaus oder auch eine Freizeitanlage?
An einem runden Tisch zu den Lärmklagen beim Schulhaus Surbaum trafen teilweise weit auseinanderklaffende Bedürfnisse aufeinander. Klar ist für alle: Es braucht Regeln.

«Der Gemeinderat will eine Lösung. Es braucht von allen Seiten Kompromissbereitschaft.» Reinachs Gemeindepräsident Ferdinand Pulver (FDP) beendete die intensive Diskussion im Rahmen eines von der Gemeinde einberufenen runden Tischs mit einer unmissverständlichen Botschaft. Doch von Anfang an.
Ein Kunstrasenfeld mit vier Fussballtoren, ein Basketballplatz, ein Volleyballnetz, vielseitige Spielgeräte und genügend Platz zum Verweilen – der Pausenplatz des Schulhauses Surbaum ist zum sozialen Treffpunkt von Kindern, Jugendlichen und Eltern geworden. «Vielleicht haben wir die Attraktivität des Platzes unterschätzt», räumte Pulver vergangenen Mittwoch in der Aula des Schulhauses ein.
Nach Lärmklagen aus der Anwohnerschaft wurden in den vergangenen Wochen die Regeln verschärft: Für das Schulhausareal gilt täglich ein Verweilverbot ab 20 Uhr. Sonntags ist das Areal durchgehend geschlossen. Zuvor was das Verweilen bis 22 Uhr möglich. Eingehalten würden die neuen auf Plakaten kommunizierten Zeiten nur mässig, monierten mehrere Anwohnerinnen und Anwohner am runden Tisch. Die teilweise emotional geführte Diskussion wurde von Mediatorin Katja Reichen geleitet. Zunächst ging es ihr darum, Bedürfnisse und Gefühle abzuholen.
Alles nur ein Generationenkonflikt?
«Wir möchten ganz einfach in der Nacht schlafen können», forderte eine Anwohnerin. Es sei nicht mehr möglich, im Garten ein Abendessen in Ruhe zu geniessen, fügte eine weitere Anwohnerin an. «Wir haben nichts gegen Kinder. Aber wir brauchen mal wieder Erholungszeit.» Früh kam der Vorwurf auf, es handle sich beim Streit um einen Generationenkonflikt. Dem sei nicht so, betonten Anwohnerinnen und Anwohner. Auch Eltern mit Kindern, die im Surbaum zur Schule gingen, störten sich am Lärm. «Wir wünschen uns nur Respekt und Rücksicht», stellte ein Anwohner klar.
Schnell wurde deutlich, dass die Hauptproblematiken weniger von Kindern, sondern von Jugendlichen kommen, die spätabends oder sogar nachts noch laut unterwegs sind. Lärmimmissionen kämen auch von Basketbällen und Fussbällen, hiess es mehrfach. Extremforderungen aus der Nachbarschaft des Schulhauses gehen so weit, dass das Schulareal am Wochenende komplett geschlossen sein sollte.
Kritik an Verweilverbot
Dem stellten sich mehrere Kinder, Jugendliche und vor allem Eltern entgegen. Kinder bräuchten soziale Treffpunkte und Platz für Bewegung. «Es heisst ja immer, sie sollten nicht zu viel gamen», erinnerte eine Frau. Ein besorgtes Kind meinte, in den Sommerferien, wenn sie keine Schule hätten, sei 20 Uhr etwas früh für die Schliessung des Areals. Mehrere Votantinnen und Votanten zeigten sich irritiert über das vom Gemeinderat erlassene Verweilverbot.
Für das Bedürfnis nach Ruhe wurde den Anwohnerinnen und Anwohnern viel Verständnis entgegengebracht. Wie ausgeprägt dieses Bedürfnis sein darf, darüber wurde man sich aber nicht einig. Gerade in den Sommermonaten ist für viele ein Verweilverbot ab 20 Uhr zu früh. Eine konsequente Schliessung des Areals an den Sonntagen ging für viele Anwesende am runden Tisch zu weit. «Wir könnten das Areal am Sonntag einfach nur am Nachmittag öffnen», schlug ein Kind vor. Mehrere Anwohnerinnen und Anwohner versicherten, dass es nur eine Minderheit der Kinder und Jugendlichen sei, die sich schlecht benähmen. Von Eltern wurde angemerkt, dass nicht alle bestraft werden dürften, nur weil ein paar wenige «Mist bauen».
Videoüberwachung gefordert
Ein Anwohner beklagte sich mehrfach, dass an der Urne über ein Schulareal und nicht über ein Freizeitareal abgestimmt worden sei. Die intensive Nutzung habe nichts mehr mit einem Schulhausplatz zu tun. Für ihn ist klar: Es braucht eine Nutzungsbeschränkung. Auch wurde von der Gemeinde eine stärkere Kontrolle gefordert – ob mit Polizei, einem Sicherheitsdienst oder einem präsenten Hauswart.
Das Bedürfnis nach Kontrolle und Bestrafung geht so weit, dass auch eine Videoüberwachung gefordert wurde. «Dann kann man die Fehlbaren herauspicken», meinte ein Anwohner. Auch wurde vorgeschlagen, andere Areale attraktiver zu machen, damit sich die Nutzung besser verteile. Als Beispiel wurde etwa die Mischeli-Anlage genannt. «Hätte es dort Fussballtore, würden wir dorthin gehen», versprach ein Junge.
Nach diesem intensiven Abend, der für Anwohnerinnen und Anwohner auch einer «Chropfleerete» gleichkam, liegt es nun am Gemeinderat, daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen.