Heinrich Wiesner: Ein literarischer Rückblickzum 100. Geburtstag

Der Reinacher Schrift-steller wäre heuer 100 Jahre alt geworden. Die Literarische Gesellschaft Baselland gedenkt mit einem Anlass Wiesners Leben und Werk.

Gedenken: Der 2019 in Reinach verstorbene Lehrer und Schriftsteller Heinrich Wiesnerhat ein umfangreiches literarisches Werk hinterlassen. Foto: zVg / A. Wiesner
Gedenken: Der 2019 in Reinach verstorbene Lehrer und Schriftsteller Heinrich Wiesnerhat ein umfangreiches literarisches Werk hinterlassen. Foto: zVg / A. Wiesner

«Die persönliche Beziehung von mir zu Heinrich Wiesner besteht vor allem darin, dass meine Mutter mit ihm zur Schule ging und sich immer für ihn interessiert hat. Wir hatten zu Hause viele Bücher von ihm», sagt Urs Buess, langjähriger Journalist und heute Vorstandsmitglied der Literarischen Gesellschaft Baselland. Der aus dem Oberbaselbiet stammende, aber vor allem in Reinach tätige Lehrer und Schriftsteller Heinrich Wiesner wäre heuer 100 Jahre alt geworden. Aus diesem Anlass lädt die im Januar dieses Jahres gegründete Gesellschaft am Donnerstag kommender Woche zu einem Gedenkanlass in den Gewölbekeller des Gemeindehauses Reinach ein.

Der pensionierte Journalist Buess hat anlässlich von Wiesners 100. Geburtstag recherchiert und Porträts über den Reinacher Schriftsteller in verschiedenen Zeitungen veröffentlicht. «Heinrich Wiesner war ein unermüdlicher Schreiber. Mehr als zwei Dutzend Werke hat er neben seinem Lehrerberuf geschrieben», schreibt Buess. Dazu gehören etwa Aphorismen, Gedichte, Kurzgeschichten, Romane, Jugendbücher und ein Theaterstück für das Theater Basel mit dem Titel «Der Jass». Für sein Werk wurde er mehrfach ausgezeichnet, so 1957 mit dem Lyrikpreis von Radio Beromünster, 1970 mit dem Erzählpreis der Stadt Zürich, 1973 für sein lyrisches und aphoristisches Werk mit dem Preis der Schweizerischen Schillerstiftung, 1979 mit dem Literaturpreis des Kantons Basel-Landschaft und 1996 mit dem Reinacher Kulturpreis.

Buess erwähnt unter anderem Wiesners dritte, 1979 veröffentlichte Prosaarbeit mit dem Titel «Der Riese am Tisch»: Das Buch sei eine «Art Zeugnis Wiesners Oberbaselbieter Herkunft», in welcher der Schriftsteller das Leben seines Vaters, der zwar kein Tyrann war, aber seiner Familie doch immer wieder das Leben schwer machte, nachzeichnet. «Das Buch hat mich beeindruckt, weil Wiesner den Charakter, das Wesen der Menschen im Oberbaselbiet, wo die Erzählung spielt und ich selbst einen Teil meines Lebens verbracht habe, so treffend beschreibt.»

«Der baselbieterischste Schriftsteller»

Der Kulturkritiker Paul Schorno schrieb über ihn, dieser sei «der baselbieterischste Schriftsteller überhaupt». Obschon in Wiesners Werken eine ausgeprägte Beziehung zu seiner Heimat innewohnt, äusserte er sich auch zu Fragen jenseits des basellandschaftlichen Tellerrands: Für seine «Lakonischen Zeilen» fand er keinen Schweizer Verlag, musste nach München ausweichen, wo der renommierte Piper Verlag das schmale Werk herausgab. Darin heisst es etwa: «Die grossen Veränderungen der Welt wurden durch Grosse bewirkt. Die grössten durch Wahnsinnige.»

Wiesner äusserte sich auch prägnant politisch, war ein Kritiker des Zeitgeschehens und ausserdem überzeugter Pazifist – das Militär war ihm ein Gräuel. Dazu schrieb er: «Einem nackten Hohen sieht niemand den Hohen an. Erst die Uniform erhöht ihn. Einem nackten Soldaten sieht niemand den Soldaten an. Erst die Uniform macht ihn zum Soldaten, macht ihn uniform. Erst die Uniform erniedrigt ihn. Einem nackten Menschen sieht man den Menschen an. – Bloss die Welt lässt Nacktheit nicht zu.»

Verspätete Ehrung mit vergriffenen Büchern

Wiesner, am 27. Februar 2019 in Reinach verstorben, hätte am 1. Juli dieses Jahres seinen 100. Geburtstag gefeiert. Da die Literarische Gesellschaft Baselland erst gegründet wurde, sei die Zeit zu knapp gewesen, den Anlass bereits im Sommer durchzuführen. «Es schien uns aber wichtig, an diesen etwas in Vergessenheit geratenen Schriftsteller zu erinnern», sagt Buess. Neben einem Referat zu Leben und Werk durch den ehemaligen Gymnasiallehrer Heinrich Straumann, einer Lesung, die einen Einblick in Wiesners umfangreiches Schaffen bietet, sowie musikalischen Darbietungen sind zudem – teils vergriffene – Bücher zu kaufen, welche die Literarische Gesellschaft Baselland von Wiesners Witwe erhalten hat. Der Erlös geht an das Wohn- und Bürozentrum für Körperbehinderte (WBZ), mit dem Wiesner stets verbunden war.

«Gedenkanlass zum 100. Geburtstag von Heinrich Wiesner»: Do, 30. Oktober, 19.30 Uhr; Gewölbekeller im Gemeindehaus Reinach, Hauptstrasse 10. Weitere Informationen: www.literatur-bl.ch

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