Rollstuhlfahrer sind unzufrieden mit den neuen Tramstationen
Nicht immer ist Neues für alle ein Gewinn. Auf Rollstuhl oder Rollator angewiesene Personen haben mit den Aufgängen zu den Tramstationen zu kämpfen.

Personen, die auf einen Rollstuhl oder auf einen Rollator angewiesen sind, haben es nicht einfach im Leben. Jede Stufe wird zum Hindernis. Werden neue Bauten oder Sanierungen an der öffentlichen Infrastruktur getätigt, ist es für die Betroffenen ein Ärgernis, wenn damit auch neue Hindernisse mitgebaut werden. So sind einige Rollstuhlfahrer mit den neuen Tramhaltestellen entlang der Linie 11 in Reinach unglücklich, wie beispielsweise jener im Landhof.
«Die Aufgänge zu den Tramstationen sowie die Querung der Gleise und die Strassenübergänge sind einfach zu steil», erklärt Felix Frey, der dies auch in einem Leserbrief bemängelt. Diese Rampen sind für Frey, der einen elektrischen Rollstuhl fährt, zu steil. Weiter weist er auf den Zwischenraum zwischen den Schienen und der geteerten Fläche hin, wo sich teilweise die Masse, die dazwischensteckt, löst. Frey ist sogar schon darin stecken geblieben. «Es mussten mir Leute helfen, da rauszukommen.» Beide Probleme könnten auch Personen mit einem Rollator Schwierigkeiten bereiten. Auch Marc Eglin bedauert, dass bei den neuen Haltestellen oder auch den Kaphaltestellen der Abstand zwischen Tram und festem Stationsboden zu gross ist. «Rollstühle mit grossen Vorderrädern haben keine Probleme, aber solche mit kleinen schon», präzisiert der auf einen Rollstuhl angewiesene Mann.
Der Platz ist und bleibt eng
Ein weiteres konkretes Beispiel sei die Haltestelle Reinacherhof. Möchte ein Rollstuhlfahrer das Tram verlassen und klappt der Wagenführer die Rampe am Tram aus, so muss der Rollstuhlfahrer auf der Klappe abdrehen, um dem Veloständer auszuweichen. Solche kleinen Fehler mit grosser Wirkung unterlaufen den Planern immer mal wieder. Eglin berichtet vom gleichen Problem am Basler Bahnhof: «War die Rampe unten, stand dort ein Abfalleimer im Weg.» Das Problem sei aber erkannt und schnell beseitigt worden. Eglin räumt dagegen ein, dass es «topografische Dinge» gäbe, die sich nicht ändern liessen. Die Rollstuhlfahrer sind aber der Meinung, dass die «neuen» Probleme nicht sein müssten.
«Wir haben ansonsten genügend Stolpersteine im Leben», seufzt Frey. Ein weiteres kleines Beispiel fügt Eglin an: Möchte er in ein Tram einsteigen, kommt es durchaus vor, dass auf den für Rollstühle vorgesehenen Plätzen bereits Kinderwagen stehen. «Ich bitte dann höflich um Platz», erklärt er, aber oft muss er seinen Platz mit Hilfe des Wagenführers oder der Tramchauffeuse durchsetzen. Ab und zu wird ihm auch gesagt, dass er doch den nächsten Tramkurs nehmen solle. «Ich habe ebenfalls ein Trambillett gelöst», erwidert er in diesen Fällen. Zudem fährt im nächsten Tram dasselbe Problem mit. «Vermehrt kommt ein Egoismus zum Vorschein», resümiert er. Dennoch bricht er eine Lanze für den öffentlichen Verkehr und zeigt sich im Allgemeinen zufrieden mit der BLT. «Ich bin froh, kann ich jetzt Tram fahren», erklärt er. Das sah vor dreissig Jahren noch anders aus.
Gemeinde kümmert sich darum
«Das höre ich zum ersten Mal», sagt Ferdinand Pulver, als ihm die Situationen geschildert werden. Der Reinacher Gemeindepräsident (FDP) will genau wissen, worum es geht. «Mir liegt viel daran», sagt er zum konkreten Problem und verspricht, dass er sich darum kümmern werde. Pulver ist selber auf einen Rollstuhl angewiesen.
Doch bis dahin könnten die Rollstuhlfahrenden auf Hilfe angewiesen sein. Aber Achtung: «Warten Sie, bis Sie um Hilfe gebeten werden», bittet Felix Frey. Und Marc Eglin ergänzt: «Kommunizieren Sie mit uns!» Denn es gibt nichts Unangenehmeres für einen Rollstuhlfahrer, wenn ihn plötzlich jemand anfasst oder anpackt und schiebt. Gerade bei elektrischen Rollstühlen ist die Gefahr gross, dass das eingegebene Programm neu aufgesetzt werden muss oder im dümmsten Fall gar nicht mehr richtig funktioniert. Beide Herren freuen sich aber, dass viele Leute helfen wollen. «Anbieten dürfen Sie Hilfe immer! Aber meistens ist sie gar nicht nötig», meint Frey. Können die Probleme bei den neuen Haltestellen unbürokratisch gelöst werden, erst recht nicht mehr.