Reinach verliert einen schönen und wertvollen Laden

Ende Oktober schliesst der claro Weltladen im Strittgässli. Die Raiffeisenbank hat die Liegenschaft gekauft und braucht sie selbst. Eine Alternative ist nicht in Sicht.

Ökologisch und fair: Bianca Maag-Streit, Präsident des Trägervereins, und Vorstandsmitglied Peter Reimer zeigen Produkte im claro Weltladen in Reinach. Foto: Tobias Gfeller

Seit knapp 24 Jahren verkauft der claro Weltladen über den Trägerverein «Arbeitsgruppe Weltladen Reinach Awelar» ökologisch und fair produzierte und gehandelte Produkte aus Europa, Afrika und Südamerika. Hygieneartikel, Kleidung, Taschen und allerlei Accessoires sowie Geschenkartikel stehen liebevoll angerichtet in den Regalen und auf den Tischen. «Hier finde ich immer etwas, wenn ich ein Geschenk brauche», verrät Bianca Maag-Streit, Präsidentin des Trägervereins. Besonders beliebt seien Alltagsprodukte wie Kaffee und Tee. Nach der Schliessung Ende Oktober werden einzelne Artikel im Bistro Glöggli bei der Mischeli-Kirche verkauft. Um das noch immer reichhaltig vorhandene Sortiment bis Ende Oktober an die Kundschaft zu bringen, werde es im Weltladen wöchentliche Aktionen geben.

Grund für die Schliessung ist eine anderweitige Nutzung des Gebäudes. Die Gemeinde Reinach hat die Liegenschaft an die Raiffeisenbank verkauft. Die benachbarte Bank wird das Gebäude künftig selbst nutzen. Ein Alternativstandort für den Laden war für den Trägerverein ein unrealistisches Szenario, betont Vorstandsmitglied Peter Reimer. «Wir bezahlen hier der Gemeinde eine symbolische Miete. Müssten wir eine Marktmiete bezahlen, könnte der Weltladen wirtschaftlich nicht annähernd bestehen.» Den Betrieb im Laden organisierte während Jahren eine Gruppe aus über 15 Freiwilligen. Mit viel Liebe zum Detail richten sie jeweils das Sortiment passend zur Jahreszeit ein. Aktuell locken unter anderem fair produzierte Schokohasen, aufgestellt in Reih und Glied.

Liegenschaft steht unter Schutz

Den Grossteil der Verkaufsartikel bezieht der Reinacher Weltladen über die schweizerische claro Fair Trade AG. Diese stellt sicher, dass die Produzentinnen und Produzenten Mindestpreise erhalten und die Lieferketten dem Gebot der Fairness entsprechen. Die Geschichte des fairen und ökologischen Handels zugunsten von Produzentinnen und Produzenten im globalen Süden reicht in Reinach weit zurück.

Zuerst verkaufte die Ökumenische Weltgruppe in den 1980er-Jahren Produkte auf dem Monatsmarkt und in eigenen Räumlichkeiten. Der erste Fairtrade-Laden eröffnete an der Lochackerstrasse. Im Auftrag des Kantons Baselland führte der mittlerweile gegründete Verein später im Dorfzentrum einen Laden, in dem Arbeitslose eine betreute Beschäftigung zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt erhielten. Nach dessen Ende aufgrund von Sparmassnahmen des Kantons bot sich die Chance am Strittgässli 2, als die Gemeinde das Wohnhaus kaufen konnte. Die Abmachung war, dass der Trägerverein zur Liegenschaft schaute und dafür nur eine symbolische Miete bezahlen musste. Die Liegenschaft gehört zu den ältesten noch vorhandenen Häusern in Reinach und wurde längst unter Schutz gestellt.

Keine ebenbürtige Alternative

Eine treue Stammkundschaft aus verschiedenen Altersklassen ist bis heute ­geblieben. Sie kämen aus Überzeugung und aufgrund des Angebots, das es so in Reinach kein zweites Mal gebe, glaubt ­Peter Reimer. «Auch wenn man konkret nichts sucht, findet man immer irgendetwas.» Der Verlust des Weltladens schmerze, findet Bianca Maag-Streit: «Es geht ein schöner und wertvoller Laden in Reinach verloren. Eine wirkliche Alternative gibt es nicht.» Waren fair und ökologisch gehandelte und hergestellte Produkte früher Mangelware, sind sie heute längst in den Regalen der Grossverteiler angekommen – wohl aus einer Mischung aus Überzeugung und Imagegründen und noch immer in geringer Anzahl.

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