Majorz als die grosse Unbekannte

Nach vielen Jahren wird der Gemeinderat wieder nach Majorzprinzip gewählt. Der von der FDP und den Mitteparteien lancierte Systemwechsel erschwert Prognosen.

Hier wird Politik gemacht: Die Reinacher Parteien buhlen um möglichst viele Sitze im Einwohnerrat und Gemeinderat.  Foto: Heiner Leuthardt
Hier wird Politik gemacht: Die Reinacher Parteien buhlen um möglichst viele Sitze im Einwohnerrat und Gemeinderat. Foto: Heiner Leuthardt

Heiner Leuthardt

Der Blick in die auslaufende Legislatur zeigt, dass viele Themen, die vor vier Jahren aktuell waren, noch immer auf der Traktandenliste stehen. Ein Beispiel ist die Richtplanung. Diese konnte zwar erfolgreich abgeschlossen werden konnte, nun geht es aber an deren Umsetzung. Mit der Richtplanung wurden auch verschiedene Schlüsselprojekte definiert, wie die Umgestaltung des Angensteinerplatzes und der Hauptstrasse. Gerade das letztgenannte Projekt beschäftigte die Gemeinde intensiv, dennoch ist sie immer noch nicht realisiert, steht aber kurz davor.

Zeit der Umsetzung

Wichtige Eckpunkte konnten bei der Realisation von neuem Wohnraum mit verschiedenen Quartierplanungen gesetzt werden. In die Realisationsphase gelangen insbesondere die Quartierpläne «Alter Werkhof» und Taunerquartier». Auf gutem Weg ist auch der Quartierplan Mischeli, der nicht nur der Reformierten Kirchgemeinde den Bau eines zeitgemässen Kirchgemeindehauses erlaubt, wie auch die Realisation von betagtengerechtem Wohnraum. Intensiv gearbeitet wird auch am Gemeindesportanlagen-Konzept (GESAK). Nachgewürzt wird dieses durch die erneut angefachte Hallenbaddiskussion. Die erwähnten Themen werden die Gemeindepolitiker auch in den kommenden vier Jahren beschäftigen, so auch Fragen zur Umgestaltung der Schulen durch HarmoS oder die ausserschulische Betreuung von Kindern und Jugendlichen sowie zur Wirtschaftsförderung.

Auch im politischen Umfeld lief einiges. So lancierte die FDP, unterstützt von den Mitteparteien erfolgreich bei den Gemeinderatswahlen die Rückkehr zum Majorz. Diese Parteien erhoffen sich mit dem Majorz bessere Chancen gegenüber den beiden wählerstarken Parteien, SVP und SP. Ob sich aber der Systemwechsel für sie wirklich lohnt, das werden wir erst nach dem 11. März wissen. Selbst die alten Hasen in der Reinacher Politiklandschaft lassen sich nicht auf die Äste hinaus. Nicht auf einem abgesägten Ast hängen bleiben mochten die Reinacher Kleinparteien PER und Impuls. Deshalb wechselten deren Exponenten als Fazit aus den vergangenen Wahlen zu national tätigen Parteien und liessen ihre lokalen Gruppierungen sanft einschlafen. Für die PER kam dabei die Gründung der BDP gerade zum rechten Zeitpunkt, währenddem sich Impuls den Grünen anschloss.

Umkämpfte Gemeinderatssitze

Damit ist auch klar, dass Reinach mit der BDP über Nacht eine neue Partei bekam. Für diesen Wahltermin kommt neu die Piratenpartei hinzu, die trotz weiterhin eingedohltem Dorfbach das Gemeindezentrum entern möchte. Einen Umsturz wird die engagierte Einerkandidatur im Einwohnerrat nicht auslösen, ebenso wenig wie mit markanten Gewichtsverlagerungen zu rechnen ist. Spannend wird sein, wie sich innerhalb der Blöcke und Fraktionen einzelne Sitze verlagern werden.

Ein spannungsvolles Kribbeln begleitet demgegenüber die Gemeinderatswahlen, einerseits durch die Rückkehr zum Majorz und andererseits durch den Rücktritt der SP-Gemeinderätin Eva Chappuis auf Ende
Legislatur. An Auswahl fehlt es den Stimmberechtigten nicht, wollen doch 13 Kandidatinnen und Kandidaten einen der sieben Sitze ergattern.
Die bisherigen Mandatsträger dürfen sich zwar nicht schon als gewählt zurücklehnen, ihre Nicht-Wiederwahl scheint aber kein Thema zu sein. Anders ist es beim frei werdenden SP-Sitz.

Ihr Kandidat, der einige Zeit in der Gemeinde im Bereich Kommunikation arbeitete, mag für manche noch ein unbeschriebenes Blatt sein, sodass sein Erfolg stark von der geschlossenen Unterstützung der SP-Stammwähler und der Linken abhängen wird. Denn mit der erfahrenen CVP-Kandidatin, aber auch jener der SVP, interessieren sich zwei Einwohnerrätinnen für den Sitz, die sich durch ihr Engagement, wärmstens empfehlen. Das gilt auch für die Anwärterin der Grünen, welche zudem mit einem erfolgreichen Jahr als Einwohnerratspräsidentin sich aufmerksam gemacht hat.

Ein gänzlich unbeschriebenes Blatt in der Reinacher Gemeindepolitik ist der Kandidat der Grünliberalen (GLP). Spannend ist auch der Blick auf die Befindlichkeit der einzelnen Parteien, wenn man die Einwohnerratslisten konsultiert. Mit vollen Listen treten die FDP, die SVP und die SP an. 15 der zwanzig Listenplätze kann die CVP füllen. Dies ist ein Indiz, dass sich diese vier Parteien gut behaupten können und im Ort verankert sind.

Das gilt auch für die Grünen, die sich in vergangenen vier Jahren stärken konnten und heute acht Kandidierende präsentieren. Bei der BDP möchten sich zwölf Personen in den Einwohnerrat wählen lassen, von denen sich einige von sich aus gemeldet hätten, so die Parteileitung. Einzig bei der GLP hapert es. Diese steht nach dem Rücktritt der bisherigen Mandatsträger vor einem Neuanfang, kann aber dennoch drei Einwohnerratskandidaten portieren.

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