Kunst am Bau: Reformierte Kirche beflügelt die Generationen

Profisprayer, Konfirmanden und die Seniorengeneration der reformierten Kirchgemeinde haben am ersten Juniwochenende ein Kunstwerk am Bau geschaffen.

«Kirche damals – heute – morgen»: Zu diesem Thema wurden Zitate, Wörter und Gestaltungsideen gesammelt, zusammengefasst und an die Baustellenwand des neuen Kirchgemeindehauses gesprüht.  Foto: Natasha Carolus
«Kirche damals – heute – morgen»: Zu diesem Thema wurden Zitate, Wörter und Gestaltungsideen gesammelt, zusammengefasst und an die Baustellenwand des neuen Kirchgemeindehauses gesprüht. Foto: Natasha Carolus

Mit der Gestaltung der Bauwände wollten wir ein generationenübergreifendes Projekt zustande bringen», sagt der Initiant des Projekts, der reformierte Jugendarbeiter Oliver Widmer. Ein Dialog sollte stattfinden. Jung und Alt sollten ihre Ansichten, Meinungen und Vorstellungen zum Thema «Kirche damals – heute – morgen» austauschen und künstlerisch verpacken. Es sollten nicht nur alle Generationen an diesem Projekt beteiligt sein, sondern auch alle Generationen ansprechen.

Widmer engagierte dafür Graffitikünstler aus Reinach. Unter der Co-Leitung von Markus Noher, im Hauptberuf Tätowierer, und Heini Fleischhacker, einem pensionierten Typografen, machten sich insgesamt fünf Graffitisprayer mit den Jugendlichen an die Arbeit. Markus Noher wuchs in Reinach auf und ist dort durch seine Kunstwerke bekannt. «Offen, nicht allzu religiös, jedermann ansprechend wollten wir das Thema gestalten», sagt er. So sei die Idee einer Universum-Landschaft entstanden. Mirco Eggimann ist einer aus dem Sprayerteam: «Es war eine intensive Überlegungsgeschichte, es dauerte einige Wochen, bis die Idee von der Idee geklärt war.» Die Konfirmanden bekamen einen Einblick in die Kunst des Sprayens und konnten danach kreativ sprayen und die Wand mitgestalten. Über die Mittagszeit wurden Würste vom Grill angeboten, für Vegetarier gabs Pommes frites im Jugendcafé Paradiso.


100 Quadratmeter Graffitikunst

Die entstandene 100 Quadratmeter grosse Graffitiwand reicht vom Mischeli-Zentrum bis zur Mischeli-Kirche. Als «Einleitung» des Kunstwerkes an der Niederbergstrasse steht ein dreidimensionales Objekt von Werner Dahler, dem wahrscheinlich ältesten Mitarbeitenden (81). Er gestaltete ein Fenster in die Geschichte der Reformierten Kirchgemeinde Reinach: Durch einen antiken Fensterrahmen ist die alte Dorfschule zu sehen, in der die ersten zweckmässigen Zusammenkünfte der reformierten Gemeinde stattfanden. Dann das erste Kirchgemeindehaus (beides mit Orginalbank und -stuhl aus der Frühzeit) und die jetzige reformierte Kirche als Silhouette. Schliesslich symbolisiert ein Kran den Umbau und das Neue, Zukünftige. Weiter geht die Wand mit einer Darstellung des Universums, das auch für Zeit, Geschichte und vielleicht auch Unendlichkeit steht. Im Zentrum stehen Menschen und die Erde und rundherum im All schwebende Kunstwerke.

Das ruhige, konzentrierte Schaffen, das strahlende Wetter, die Musik, der einladende Geruch vom Grill, staunende, begeisterte Passanten auf dem Platz: All dies trug zur gelassen-zufriedenen Stimmung dieses Wochenendes bei. Weil die Wand bis zum Beginn des Innenausbaus stehen bleibt, ist Nachhaltigkeit garantiert. Es lohnt sich, das einmalige Kunstwerk zu besuchen. Die Wand wird nach dem Abbau in der Schreinerei zersägt und am Eröffnungsfest des neuen Kirchgemeindehauses werden die Bilder ausgestellt und eventuell versteigert.


Die Reformierte Kirchgemeinde ging das generationenübergreifende Kunstprojekt übrigens ganz grundlegend an. Auch der hier vorliegende Artikel ist ein Generationen-Projekt: Es haben diesen eine 15-jährige, frisch Konfirmierte und eine 70-jährige Gemeindefrau geschrieben. Beide haben ihr Handwerk im Grundkurs «Bürgerjournalismus» gelernt.

 

Bürgerjournalismus

Dieser Artikel ist im Rahmen des Grundkurses «Bürgerjournalismus» entstanden. Der vierteilige Kurs fand im Mai und Juni 2013 statt und wurde von Thomas Kramer (Chefredaktor «Wochenblatt») und Frank Lorenz (Journalist BR und ref. Pfarrer Reinach) konzipiert und geleitet. In den nächsten Wochen lesen Sie weitere «Gesellenstücke» von Kursabsolventen im redaktionellen Teil dieser Zeitung und in der Reinacher Rubrik «Kirchenfenster». Freuen Sie sich drauf und achten Sie auf die nächste Kursausschreibung.

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