Das politische Gespür wurde ihr in die Wiege gelegt

Die neue Einwohnerratspräsidentin Barbara Wyttenbach erzählt von den Herausforderungen ihres Amtes und davon, was ein Fussgänger­streifen mit ihrer Ur­grossmutter zu tun hat.

«Reinacherin durch und durch»: Barbara Wyttenbach. Foto: zvg

«Es ist eine grosse Ehre, die man im Normalfall nur einmal im Leben hat», sagt Barbara Wyttenbach (Die Mitte), neue Einwohnerratspräsidentin und damit höchste Reinacherin. Seit 2001 ist sie, abgesehen von einem kurzen Unterbruch, im Ortsparlament aktiv. Gegenüber ihrem Amt empfindet sie grossen Respekt: «Man muss sich bewusst sein, dass man vom Volk in den Einwohnerrat gewählt wurde. Schon das allein ist nicht selbstverständlich.» Als Präsidentin sei es wichtig, Reglemente und Abläufe gut zu kennen. Wyttenbach hat den Vorteil, in der Arbeitsgruppe zu sein, die das Einwohnerratsreglement aktuell überarbeitet. «Zudem kann ich von einem Jahr als Vize-Einwohnerratspräsidentin neben Paul Meier profitieren.» Allerdings sei es für niemanden einfach, etwa, wenn es gleichzeitig fünf Vorstösse zu einem Thema gebe. «Das macht es einerseits spannend, ist aber auch eine Herausforderung.»

Barbara Wyttenbach ist in Reinach aufgewachsen, «Reinacherin durch und durch» und «in den Reinacher Teppich verwoben», wie sie erzählt. Schon ihre Urgrossmutter, die 103 Jahre alt wurde, lebte in Reinach und schenkte dem damaligen Bauerndorf eine Anekdote: «Sie überquerte die Hauptstrasse immer in der Kurve zwischen ‹Rössli› und der heutigen Apotheke. Dabei stellte sie sich auf den Standpunkt, dass sie als Mensch schon vor dem Autoverkehr, der langsam aufkam, dagewesen sei. Weil sich die alte Dame nicht von ihrem Weg abringen liess, wurde an dieser Stelle extra ein Fussgängerstreifen errichtet. Heute ist dieser wieder verschwunden.»

Sorge wegen Sparmassnahmen

Der Weg in die Politik war für Barbara Wyttenbach quasi über die Familie vorgespurt. «Meine Mutter war für die PER – Parteilose Einwohner Reinach – im Einwohnerrat. Durch sie hatte ich also schon früh einen Einblick in die Lokalpolitik.» Wyttenbach wohnte als Kind in der Nähe des Fiechtenschulhauses, in dessen Aula die Einwohnerratssitzungen damals stattfanden. «Als Kind habe ich manchmal durch das Fenster reingeschaut», sagt Wyttenbach lachend. Als sie 2001 für die jungen Parteilosen (Impuls) ins Parlament gewählt wurde, wurden die Sitzungen gerade noch im Fiechten abgehalten. «Das war, als Eva Rüetschi noch Gemeindepräsidentin war. Überhaupt hatte es in Reinach damals schon viele Frauen in der Politik.»

In früheren Jahren betrachtete Barbara Wyttenbach Politik als eine Art Hobby. «Damals schätzte ich besonders, dass wir trotz unterschiedlicher Meinung das ­gemeinsame Ziel im Blick hatten. Heutzutage, gerade aktuell mit den Spar­massnahmen, ist das Ganze etwas zäher geworden», erzählt sie. Es sei eine Veränderung im zwischenmenschlichen Umgang spürbar. Das Ausdiskutieren von Gegensätzen empfindet sie aber als spannend: «Gerade meiner Partei kommt hier eine spezielle Rolle zu, weil sie oft der Kipppunkt der Waage ist.»

Dabei ist ihr der respektvolle Umgang miteinander ein Anliegen: «Das gehört zur Demokratie.» Angesprochen auf die aktuellen politischen Herausforderungen, kommt Wyttenbach auf die Sparmassnahmen zu sprechen: «Bei meiner Arbeit im Organisationskomitee des Jubiläumsjahres 2024 habe ich gesehen, wie viele Vereine es in Reinach gibt, wie viele Menschen sich daran beteiligen und damit etwas zur Vielfalt in Reinach beitragen. Hier habe ich schon die Sorge, dass mit Sparmassnahmen Dinge verschwinden.» Wenn zwei Jahre gespart werde, könnten sich Strukturen auflösen, die danach nicht mehr zurückzuholen seien.

Treuhänderin, Zunftmeisterinund Mutter

Barbara Wyttenbach arbeitet in einem Treuhandbüro und wohnt mit ihrer Familie mitten im Zentrum von Reinach. Zudem ist sie Meisterin der F.L. Lande­rer-Zunft. «Neben der Arbeit und den verschiedenen Aktivitäten versuche ich, möglichst viel Zeit mit meinen Kindern zu verbringen», erzählt die 51‑Jährige. Die Freude an Politik möchte Wyttenbach an ihre Kinder weitergeben: «Es ist wichtig, sich zu engagieren. Denn durch Menschen, die das tun, haben wir ein lebenswertes Reinach.»

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