Eine Nacht im Steinkauz-Paradies beim elsässischen Hagenthal

Steinkäuze gibt es in Reinach (noch) keine, doch eine Gruppe Naturinteressierte war der kleinen Eulenart letzten Samstag sehr nahe.

Der Basellandschaftliche Natur- und Vogelschutzverband lud ein zur Nacht der Eule: Die Reinacher Sektion führte Interessierte ins nahe Elsass und zeigte ihnen unter anderem einen speziellen Nistkasten. Foto: Bea Asper
Der Basellandschaftliche Natur- und Vogelschutzverband lud ein zur Nacht der Eule: Die Reinacher Sektion führte Interessierte ins nahe Elsass und zeigte ihnen unter anderem einen speziellen Nistkasten. Foto: Bea Asper

Bea Asper

Mit der Reinacher Sektion des Basellandschaftlichen Natur- und Vogelschutzverbands ins Elsass gereist sind zahlreiche Familien. Den Kindern ist die Aufregung ins Gesicht geschrieben. Bald wird die bunte Schar losziehen in die Dunkelheit, um den Rufen der Eulen zu lauschen. Wie sich diese anhören und wie die Tiere aussehen zeigt der französische Exkursionsleiter Bertrand Scaar auf dem Parkplatz bei der Kirche in Hagental mit Bildern und Videos auf dem mitgebrachten Laptop. Stolz präsentiert er die Steinkäuze, deren Ansiedlung im Baselbiet bisher nicht gelungen ist, die im Elsass hingegen zu hören sind. Hier werde der Bestand von den Natur- und Vogelfreunden gepflegt und mit Beringung kontrolliert.

Mit menschlicher Unterstützung werde dafür gesorgt, dass die Jungtiere nicht dem Marder zum Opfer fallen, erklärt Scaar und weiht die Kinder in die Geheimnisse eines gut ausgestatteten Nistkastens ein. Aufmerksam hören die Kinder zu und wollen alles wissen über den Steinkauz, den Uhu und den Waldkauz. «Im Sundgau, südlich von Mulhouse, haben wir im letzten Jahr 50 Steinkauz-Reviere gezählt, davon die Hälfte in Nistkasten», erklärt der Experte. Das Vorkommen von Waldkauz, Waldohreule und Schleiereule ist ebenfalls häufig. «Der Uhu ist sehr selten. Den findet man etwa im Jura. Im Sundgau gibt es nur ein bis zwei Reviere.»

Wie stehen die Chancen, dass das Baselbiet Steinkäuze zurückgewinnt?, wollen die Reinacher wissen. «Die Verbreitung der Jünglinge geht sehr langsam (3 km pro Jahr im Durchschnitt). Weibchen können sich ziemlich weit entfernen, aber die Männchen bleiben nah am Geburtsort», erläutert Scaar und fügt an: «Die Wälder der Juraketten sind auch ein Hindernis. Dort lebt ein Feind: der Waldkauz. Es bleibt zu hoffen, dass der Steinkauz durch das Birsigtal doch noch den Weg findet ins Baselbiet.» Denn dort gebe es schöne Obstgärten. Doch wie im Sundgau sei der intensive Ackerbau nach wie vor ein Problem.
Auf die Wichtigkeit des trinationalen Steinkauzprojekts aufmerksam zu machen war einer der Gründe, warum sich die Reinacher entschieden, die Eulennacht im Elsass zu erleben. «Die Förderung des Steinkauzes im Elsass und im Badischen ist für uns sehr wichtig. Nur wenn die dortigen Steinkäuze genügend Junge haben, ist es möglich, dass auch in unseren Gebieten Steinkäuze wieder heimisch werden», erklärt der Jugendgruppenleiter Andrej Iwangoff.

Ein Ruf in eisiger Nacht
Man hat sich warm eingepackt, der Winter ist noch nicht verzogen, die Nacht ist zwar mondhell, doch eisig kalt. An vier verschiedenen Standorten – auf der Flur, am Dorfrand und an einem Waldrand – spitzen die Reinacher die Ohren. Bertrand Scaar hat die Gäste mitten ins Paradies geführt. Über 30 Nistkasten sind in diesem Gemeindebann angebracht und man rechnet mit insgesamt zehn Steinkauz-Revieren.

Es herrscht eine gespenstige Ruhe. Hin und wieder hört man das Knistern der Winterjacken und das Auftreten des Schuhwerks auf dem Schnee. Mit dem Lockruf ab Tonband versucht man die Steinkäuze dazu zu bringen, sich zu melden. «Das Anlocken der Vögel ist eine absolute Ausnahme», betont Iwangoff später. «Dies sollte sonst unterlassen werden, da die Vögel gestresst werden».

Deswegen werden nur wenige Versuche gestartet, lieber harrt man eine Weile aus und geniesst den Reiz, die Natur in der Nacht so intensiv erleben zu können. Die Kinder machen voller Elan mit, verhalten sich ganz leise und falten die Hände hinter den Ohren, um mögliche Laute besser einfangen zu können.
«Es ist noch sehr kalt. Dann ist die Nahrung schwer zu finden. Um Kräfte zu behalten, kuscheln sich die Eulen ein und bewegen sich nur minimal»; erklärt Scaar das Ausbleiben der Rufe. Und in den nächsten Monaten dürfen die Vögel nicht gestört werden. «Wenn die Temperaturen milder werden, geht die Balz los und danach brauchen die Tiere Ruhe zum Ausbrüten und Aufziehen ihrer Jungen, von denen traurigerweise oft nur die Hälfte überleben».

Eine Exkursion berge immer ein Risiko. «Es war uns bewusst, dass durch die grosse Kälte, wenig Aktivität der Eulen zu erwarten war», sagt Iwangoff. «Es hat seinen Reiz, dass man nicht weiss, ob man Erfolg bei der Beobachtung hat.» Wichtig war der gegenseitige, internationale Austausch über den aktuellen Stand und das grosse Interesse: «Ich hatte sehr viele Anmeldungen. Deshalb versuchen wir, eine zweite Exkursion zu arrangieren. Der grosse Andrang zeigt auf, dass die Eule ein Thema ist, welches die Bevölkerung interessiert. Wir werden uns weitere Angebote überlegen», verspricht Iwangoff.

Geduld lohnt sich. Denn plötzlich hört man ihn aus der Dunkelheit: den wundervollen Ruf eines Steinkauz-Männchens. «Wow, ein Geschenk, das man im Leben ganz selten bekommt», freuen sich Iwangoff und die zwanzig Wegbegeleiter.

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