Der Wogenglätter

In fünf Monaten endet die Amtszeit von Melchior Buchs als Gemeinde­präsident von Reinach. Eine erste Gesamtbilanz fällt positiv aus.

Freundlich und zugänglich: Melchior Buchs hat während seiner Amtszeit viel Gespür für Menschen und «politisches Feeling» bewiesen. Foto: Fabia Maieroni

«Man muss Menschen mögen.» Diese Worte – angelehnt an ein Zitat von alt Bundesrat Adolf Ogi – wählt der Reinacher Gemeindepräsident Melchior Buchs (FDP) auf die Frage, welche Eigenschaften seine Nachfolge mitbringen sollte, wenn sie im Juli sein Amt übernehme. Für einen Gemeindepräsidenten müsse «der Mensch im Mittelpunkt» stehen, die Aufgabe dürfe keinesfalls nur technokratisch verstanden werden.

Als Melchior Buchs vor gut sechs Jahren zum Gemeindepräsidenten gewählt wurde, waren Teile des Einwohnerrats nach der «Asylaffäre» zerstritten, alt Gemeindepräsident Urs Hintermann (SP) gab seinen Rücktritt und das Gemeindehaus wurde in der Bevölkerung missbilligend als «Glaspalast» bezeichnet. Ob es an seinem behäbigen Dialekt, seiner kumpelhaften Art oder an beidem liegt – der Berner Oberländer hat es geschafft, die Wogen in Reinach zu glätten. Einwohnerrätinnen und Einwohnerräte beschäftigen sich wieder mit Politik, nicht mit internen Streitereien. «Es ist wichtig, mit der Bevölkerung zu sprechen, selbst den Kontakt zu suchen. Das ist der Schlüssel, um Vertrauen herzustellen», sagt Buchs weiter. Selbstverständlich brauche es im Amt als Präsident auch ein «politisches Feeling» und eine klare Vorstellung davon, wohin sich Reinach entwickeln solle. Der Gemeindepräsident müsse es aber unterlassen, sich zu sehr in die Details der Verwaltung oder eines Sachgeschäfts einzumischen: «Ich muss Vertrauen haben, dass die Verwaltung ihre Arbeit gut macht.»

Freundlichkeit mit Kante

Trotz aller Behäbigkeit: Melchior Buchs hat während seiner Amtszeit die klare Kante nicht gescheut, vertrat den Standpunkt des Gemeinderates während Debatten im Einwohnerrat zwar mit Anstand, aber vehement und deutlich. Buchs ist also keiner, der mit seiner Meinung hinterm Berg hält. Während einer Steuerdebatte meinte er einmal trocken: «Es ist sicher populär, sich gegen eine Steuererhöhung zu stellen, entspricht aber nicht der realen Situation.»

Mit einer gewissen Vehemenz brachte er immer wieder Kritik am Finanzausgleich – Reinach gehört zu den starken Gebergemeinden – vor. Dass der Landrat eine Vorlage erarbeitet hat, die eine schrittweise Senkung des Ausgleichsatzes von 60 auf 40 Prozent vorsieht, ist auch seinen Bemühungen zuzurechnen. «Der Finanzausgleich bedeutet für Reinach eine erhebliche finanzielle Belastung. Dass dies von manchen Nehmergemeinden als Selbstverständlichkeit erachtet wird, empfinde ich als störend», sagte Buchs einmal in einem Interview. Als ein frühes Abschiedsgeschenk lässt sich die kürzliche Auszeichnung des Vereins Birsstadt, dem Buchs derzeit als Präsident vorsteht, mit dem Wakkerpreis des Schweizer Heimatschutzes interpretieren. Ausgezeichnet werden die Birsstadt-Gemeinden für ihre Bemühungen, aus einer ehemals chaotischen Baulandschaft in Kooperation ein zusammenhängendes Gebiet mit Schutz- und Grünräumen zu entwickeln. Buchs’ freundliche Art dürfte von Vorteil gewesen sein: «Die Zusammenarbeit in Verwaltung und Politik zwischen den Gemeinden hat sich institutionalisiert. Er herrscht gegenseitiges Vertrauen.»

Gästehaus in Bulgarien

Mit welchen Gefühlen der nahende Abschied verbunden sei? «Es wird vielleicht etwas hart sein im Moment, aber vom Alter her ist es der passende Zeitpunkt.» Buchs möchte im kommenden Lebensabschnitt, wie er sagt, «nicht mehr termingetrieben sein». Es sei aber nicht so, dass er nun von hundert auf null fahre, wird er doch in einer Coaching- und Beratungsfirma, die er in Basel mit einer Kollegin betreibt, noch Aufträge annehmen. Seit seiner Zeit als Politiker in Thun pflegt der 67-Jährige eine Leidenschaft für Bulgarien, wo er zusammen mit seiner Frau und dortigen Freunden im Jahr 2018 eine Scheune in ein Gästehaus umgebaut hat. «Wir versuchen dort, sanften Tourismus anzubieten und damit die Wirtschaft im Land etwas anzukurbeln», erzählt er. «Da möchten wir künftig Reisen anbieten.» Ob er in Reinach wohnhaft bleibe: «In den nächsten paar Jahren sicher», sagt er lächelnd.

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