Der lange Weg des «Kury-Kreuzes»

Das wertvollste aller sieben Reinacher Wegkreuze steht wieder an seinem alten Standort. Das «Kury-Kreuz» ist Zeuge einer bewegten Geschichte.

Neue Umgebung: Zwar steht das «Kury-Kreuz» wieder an seinem alten Standort, doch dessen Umgebung hat sich in den letzten 260 Jahren stark gewandelt. Foto: Caspar Reimer
Neue Umgebung: Zwar steht das «Kury-Kreuz» wieder an seinem alten Standort, doch dessen Umgebung hat sich in den letzten 260 Jahren stark gewandelt. Foto: Caspar Reimer

Wer es nicht für möglich hält, dass die Einweihung eines Kreuzes im Jahr 2021 noch Scharen von Menschen anzieht – insbesondere bei strömendem Regen und am wenig einladenden Ort beim Kreisel zwischen Denner und Baustelle Bruggstrasse – wurde am vergangenen Samstagnachmittag eines Besseren belehrt, als Pfarrer Alex L. Maier und Pfarrerin Florence Develey die Rückkehr des «Kury-Kreuzes» an seinen ursprünglichen Standort mit feierlichem Gestus vollzogen. Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Kultur, der Zunft zu Rebmessern als Besitzerin des Kreuzes und kulturell wie historisch Interessierte waren gekommen, um dem neusten Ereignis in einer bewegten 260-jährigen Geschichte beizuwohnen: Als der Strassenknotenpunkt anno 2013 auf Kreis­verkehr umgebaut wurde, musste das Kreuz weichen und eingelagert werden.

Nachdem der Kanton die Parzelle nun käuflich erworben hat, wurde das ­«Kury-Kreuz» wieder an seinem alten Standort aufgebaut, wobei es über dessen heutige Attraktivität unterschiedliche Meinungen gab und gibt. Nach der Einweihung lud die Zunft zu Rebmessern in das Heimatmuseum ein, wo der bekannte Reinacher Historiker Franz Wirth das Publikum auf eine Reise durch die Zeit mitnahm.

Magisches Wegzeichen

Das im Laufe seiner Geschichte meist arme Bauerndorf Reinach kam im 18. Jahrhundert für eine gewisse Zeit als Standort des regionalen Salzlagers und Sitz der Amtsschaffnerei, die Zölle und andere Abgaben eintrieb, zu einem gewissen Reichtum. In diesen Jahrzehnten lebte der 1737 geborene Bildhauer und Schnitzer Niklaus Kury, dem die Erschaffung des besagten Kreuzes zugeschrieben wird. Er hatte das christliche Symbol im Auftrag des damals mächtigsten Mannes von Reinach, des Hofkammerrats des Fürstbistums Basel, fürstbischöflichen Salzdirektors sowie Zoll- und Abgabeneinnehmers und darüber hinaus Wirtes des Gasthofs Schlüssel, Franz Anton Goetz, angefertigt. Das 1761 erstellte Kreuz wurde, wie im Reinacher Pfarrbuch zu lesen ist, in einer feierlichen Prozession vom Salzlager – dem damals grössten und wohl wichtigsten Gebäude des Dorfes am Ort der heutigen Gemeindeverwaltung – an die Verzweigung der Wege nach Basel, Aesch, Dornach, Ettingen und Klus-Laufental getragen und dort, etwas zurückgesetzt im sogenannten «Kreuzgarten», aufgestellt.

Im damaligen Verständnis war es klar, dass an einem «solchen Ort etwas Magisches errichtet werden muss.» Inschriften gaben dem Wandernden etwa ­Botschaften von der «Erlösung der Menschen am Kreuze» mit auf den Weg und wiesen Andersgläubige darauf hin, wie das Kreuz zu verstehen sei, nämlich nicht als Gottheit an sich, sondern als Huldigung an den Erlöser Jesu.

Vor den Franzosen gerettet

Seine turbulentesten Zeiten erlebte das Kreuz in den Jahren nach der Revolution im Nachbarland, als 1792 französische Truppen den Nordteil des Fürstbistums und damit auch Reinach besetzten, Gottesdienste und christliche Symbole verboten und Priester die Flucht ergriffen. «Die Truppen suchten das ganze Dorf nach dem «Kury-Kreuz» ab, doch der Reinacher Untergrund hatte sich organisiert und das Kreuz im Boden einer Scheune versteckt.»

Mit den Jahren lockerten die Franzosen ihre Zügel, worauf das Kreuz 1804 von den Söhnen Goetz – einer von ihnen Gemeindepräsident von Reinach – wieder in Stand gestellt und errichtet wurde. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ging das Kreuz in den Besitz der Familie Perret über, welche wohl diesem zu Ehren das «Restaurant am Kreuz» eröffneten.

Als der Kanton das Kreuz 1972 unter Denkmalschutz stellte, hatte der heute in Reinach allerseits bekannte Gustav Perret «genug vom Kreuz» und schenkte es der Zunft zu Rebmessern. Durch den Bau des Wohnblocks mit der Denner-Filiale musste das Kreuz 1990 seinen Standort um einige Meter wechseln – wieder wurde es restauriert und neu eingeweiht.

Nun steht das alte Wegkreuz fast schüchtern neben dem Kreisel, überstrahlt von der roten Denner-Reklame im Hintergrund. Eine Bepflanzung auf der Rückseite des Kreuzes soll, wenn sie denn in die Höhe geschossen ist, den grellen Hintergrund überdecken und dem Kreuz ein würdiges Aussehen verleihen. «Ich hoffe, dass die Pflanze schnell wächst», so Wirth.

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