Darum gibt es kein Mehrweggeschirr am grossen Jubiläumsfest

Reinach feiert sein 850‑Jahr-Jubiläum ohne Mehrweggeschirr. Mit über 100 Veranstaltern sei das nicht zu bewältigen.

Nur Wegwerfgeschirr: Die Umstände des grossen Dorffestes in Reinach hätten Mehrweggeschirr zu kompliziert gemacht. Foto: ZVG

Das Reglement zur Reinacher Abfallverordnung ist eindeutig. Dort heisst es: «Für bewilligungspflichtige Veranstaltungen auf öffentlichem Grund mit 500 und mehr Teilnehmenden (OK und Besucher) darf nur Pfand- oder Mehrweggeschirr verwendet werden.» Auch auf dem Merkblatt «Feste ohne Reste – Mehrweg ist mehr wert», das man auf der Website der Gemeinde findet, wird ausführlich erklärt, wie sinnvoll das Vermeiden von Müll an Grossanlässen ist. Zudem ist Reinach seit 1999 zertifizierte Energiestadt.

Vom 13. bis zum 15. September feiert die Gemeinde mit einem Fest ihren 850. Geburtstag. Die Dimensionen sind beeindruckend: Der ganze Ortskern ist abgesperrt, die Sponsorenliste ist üppig, auf zwei Festbühnen treten fast fünfzig Formationen auf. Erwartet werden mehrere tausend Menschen, die sich an Dutzenden von Ständen verköstigen werden. Speis und Trank werden sie allerdings in Wegwerfgeschirr serviert bekommen.

Der Gemeinderat hat nämlich den Anlass von der Pflicht entledigt, nur Mehrweggeschirr zu verwenden. Die Meldung vorletzte Woche war kurz und ohne ­weitere Erklärung. Für eine Leserbriefschreiberin im Wochenblatt ist dieser Entscheid «absolut unverständlich». Die Gemeinde müsse mit gutem Vorbild vorangehen und Abfälle vermeiden.

Schlechte Erfahrungen in Oberwil und Therwil?

Organisiert wird das Fest von einem eigens gegründeten Verein. Präsident ist Melchior Buchs, der bis zum 31. Juni Reinacher Gemeindepräsident war. Er erklärt die Ausnahme mit der Struktur des Festes: Es bestehe aus einzelnen Veranstaltungen von Vereinen, Organisationen und KMU, die alle finanziell selbstständig arbeiten würden. Um bei der Abrechnung eines Mehrwegsystems Ungerechtigkeiten zu vermeiden, müsse man genau registrieren, wer wie viele Becher und Teller rausgebe und wieder zurücknehme. «Das wäre bei über 100 Veranstaltern praktisch nicht umsetzbar gewesen», sagt Buchs.

Stattdessen setzt das OK auf ein «vernünftiges Abfallkonzept»: Man werde möglichst viel getrennt sammeln und ­rezyklieren, unter Zuhilfenahme eines erfahrenen Unternehmens. «Unter Abwägung aller Möglichkeiten ist das die bessere Lösung», sagt Buchs – auch wenn am Schluss wohl etwas mehr Abfall in der Kehrichtverbrennungsanlage lande. Was den Entscheid ebenfalls beeinflusste: Manche Vereine waren schon an den ähnlich strukturierten Festen in Oberwil 2023 und in Therwil 2022 dabei – und haben laut Buchs schlechte Erfahrungen mit Mehrweggeschirr gemacht. «Manche sagten uns: Wenn es jetzt wieder so läuft wie dort, wollen wir nicht dabei sein», so Buchs.

«Es war fast kein anderer Weg möglich»

Dem widerspricht allerdings René Saner, damals OK-Präsident in Therwil. «Das System lief gut», hält er fest. Natürlich sei es für die Vereine einfacher, das Geschirr wegzuschmeissen. Es habe schon Überzeugungsarbeit gebraucht. «Aber im Nachhinein waren alle Betreiber froh über das Mehrweggeschirr.»

Jedenfalls hat in Reinach der Verein, der das Fest organisiert, beim Gemeinderat einen Antrag auf Erlass der Mehrweggeschirrpflicht gestellt. Das ist gemäss Verordnung möglich, wenn Mehrweggeschirr «nicht zumutbar» ist. Der Gemeinderat hat dem stattgegeben. Damals war Buchs noch Gemeindepräsident. Buchs erklärt, an der entsprechenden Gemeinderatssitzung nicht dabei gewesen zu sein. Sein Nachfolger als Gemeindepräsident ist seit dem 1. Juli Ferdinand Pulver (FDP). «Ich verstehe die Kritik am Entscheid, stehe aber dahinter», sagt er. Die Umstände hätten Mehrweggeschirr zu kompliziert gemacht. «Es war fast kein anderer Weg möglich, als darauf zu verzichten.»

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