Wären fünf Gemeinderäte wirklich günstiger?

Die Verkleinerung des Gemeinderats spaltet die Reinacher Politik. Es geht auch um die Trennung zwischen operativ und strategisch.

Der Gemeinderat hat seine eigene Verkleinerung selber aufs Tapet gebracht. Man habe für die Ergebnisverbesserung sämtliche Bereiche beleuchten wollen, erklärt dies Vizegemeindepräsidentin Béatrix von Sury (Die Mitte) rückblickend. Dass sich der Gemeinderat nun gegen seine eigene Verkleinerung wehrt, sei kein Widerspruch. Die Verkleinerung des Gemeinderats sorgte am 21. November im Einwohnerrat für hitzige Diskussionen. Dabei ging es aber weniger um Pro und Contra, sondern um den Bericht der extra gegründeten Spezialkommission. Die Kernfrage, die sich stellt, ist naturgemäss die der Kosten. In der Vorlage des Gemeinderats heisst es, dass mit einer Verkleinerung von sieben auf fünf Mitglieder 76 000 Franken gespart werden könnten. Dieser Betrag entspricht der heutigen Entschädigung von zwei Gemeinderatsmitgliedern. Doch lassen sich die finanziellen Folgen einer Verkleinerung wirklich so einfach berechnen?

Für Béatrix von Sury entspricht dies nicht der Realität. «Fallen zwei Gemeinderäte weg, können die übrigen fünf nicht einfach deren Arbeit übernehmen und dabei ihre Pensen behalten.» Die Arbeitslast der fünf Gemeinderatsmitglieder und auch jene der Verwaltung würde bei einer Verkleinerung steigen, ist von Sury überzeugt. Das sieht auch SP-Fraktionspräsidentin Soraya Streib so. Für ihn ist die Verkleinerung des Gemeinderats «absolut unrealistisch». Es stelle sich nicht die Frage, ob es möglich ist, sondern, ob es sinnvoll ist. Die SP sei nicht der Meinung, dass mit einer Verkleinerung wirklich gespart werden könnte. Die von der Spezialkommission getätigten Vergleiche mit anderen Gemeinden mit fünf Gemeinderäten gehe nicht auf, kritisiert Streib. Die Pensen der Reinacher Gemeinderatsmitglieder seien schon heute mit je 25 Stellenprozent relativ tief angesetzt.

SP und Mitte/GLP nur mit Eigeninteressen?

Lucio Sansano (FDP), Präsident der Spezialkommission, glaubt nicht daran, dass die Verkleinerung des Gemeinderats zu Mehrarbeit für die Verwaltung führen würde. «Wenn ein strategisches Gremium verkleinert wird, führt dies nicht zu ­einem Anstieg des operativen Aufwands für die Verwaltung. Eine Neuverteilung der Ressorts auf fünf statt sieben Gemeinderäte ermöglicht es, die Ressorts gleichmässiger aufzuteilen, was die Gemeinderatspensen einander angleicht.»

Auch SVP-Fraktionspräsident Adrian Billerbeck glaubt, dass die Verkleinerung  des Gemeinderats zu einer Sparmassnahme würde. «Ob es am Ende 76 000 Franken oder auch weniger sind, ist sekundär. Wichtiger ist, dass beim Sparen auch die Politik mitzieht.» Sansano fügt an: «Die Gemeindefinanzen brauchen jede mögliche Einsparung und da sollte sich die Politik nicht rausnehmen.» Billerbeck vermutet, dass die Fraktionen SP und Mitte/GLP auch deshalb so vehement gegen eine Verkleinerung des Gemeinderats sind, weil sie dadurch wichtige Posten verlieren würden. Aktuell besetzen die beiden Fraktionen fünf der sieben Gemeinderatssitze.

Stimmbevölkerung hätte das letzte Wort

Wie die fünf Ressorts zusammengesetzt werden könnten, steht bereits fest. Bis auf das Präsidium, zu dem unter anderem auch die Finanzen gehören, und das Ressort Bildung, zu dem auch die familienergänzende Betreuung gehört, werden alle Departemente grösser. Die beiden einzigen Gemeinden im Kanton ­Baselland mit über 10000 Einwohnerinnen und Einwohnern und einem fünfköpfigen Gemeinderat beziehungsweise Stadtrat sind Birsfelden und Liestal.

Im Schatten der Diskussion um den Gemeinderat geht unter, dass es in der Vorlage auch um eine Verkleinerung des Einwohnerrats von heute 40 auf neu 36  Sitze geht. Dies würde jährlich rund 5000 Franken einsparen.

Stimmt der Einwohnerrat im kommenden Frühjahr der Verkleinerung von Gemeinderat und Einwohnerrat zu, hat die Stimmbevölkerung das letzte Wort, weil es um eine Änderung der Gemeindeordnung geht.

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