Ein globales Anliegen und seine Reinacher Geschichte

Seit 20 Jahren werden am Strittgässli Produkte aus fairem Handel verkauft. Die Reinacher Fairtrade-Bewegung reicht jedoch viel weiter zurück.

Gemeinsam für Fairtrade: Bianca Maag (l.) und Peter Reimer sind seit den Anfängen der Bewegung mit dabei. Foto: Caspar Reimer
Gemeinsam für Fairtrade: Bianca Maag (l.) und Peter Reimer sind seit den Anfängen der Bewegung mit dabei. Foto: Caspar Reimer

«Wenn wir nur ein paar Familien oder Kooperativen in den Ländern des Südens ermöglichen, von ihrem Einkommen zu leben, dann haben wir schon viel erreicht», sagt Bianca Maag-Streit, ehemalige SP-Gemeinderätin, Landrätin und Präsidentin der Arbeitsgruppe Weltladen Reinach Awelar. Die als Verein konstituierte Arbeitsgruppe ist Trägerin des Weltladens am Strittgässli 2, der in diesem Jahr und am kommenden Samstag mit einem kleinen Umtrunk sein 20-jähriges Bestehen feiert. Die Produkte, die im – wie er offiziell heisst – Claro Weltladen über den Tresen gehen, zeichnen sich durch eine «faire Produktionskette» aus.

Der grosse Anteil seiner Verkaufsartikel bezieht der Laden über die schweizerische Claro Fair Trade AG, die Mindestpreise für Kleinbäuerinnen und Kleinbauern in Afrika oder Südamerika, eine – wie auf der Website des Unternehmens zu lesen ist – «partnerschaftliche Beziehung» zu den Erzeugern und die Einhaltung international vorgeschriebener Umwelt- und Sozialstandards sicherstellt. «Jedes Produkt hat eine Geschichte. Unsere Verkäuferinnen wissen, woher das Produkt stammt und unter welchen Bedingungen es entstanden ist.»

Weltweite Bewegung erfasst Reinach

Die Gründung des Ladens am Strittgässli ist Endpunkt einer bewegten Vorgeschichte: Die in den 50er-Jahren aus kirchlichen Kreisen heraus entstandene Fairhandelsbewegung schwappte in den 60er-Jahren nach Europa und manifestierte sich in zahlreichen sozialen und politischen Bewegungen.

In Reinach sammelte in den 80er-Jahren die Ökumenische Weltgruppe mit dem Verkauf von Bananen und Honig für die, wie man sie damals nannte, Drittweltländer: «Zu einem Bruch kam es, als deutlich wurde, dass es nichts bringt, einfach Geld zu sammeln.» Es setzte sich die Überzeugung durch, es gehe nicht darum, «mehr zu geben, sondern weniger zu nehmen. Das war der Beginn von Fairtrade in Reinach», sagt Peter Reimer, Verantwortlicher für Öffentlichkeitsarbeit bei Awelar.

Der erste Fairtrade-Laden öffnete seine Tore in den 90er-Jahren an der Egertenstrasse, wo zugleich die Idee aufkeimte, mit einem Arbeitslosenprojekt den sozialen Gedanken des Unternehmens zu unterstreichen. Menschen ohne Arbeit konnten als Verkäuferin oder Verkäufer einer Beschäftigung nachgehen: «Dafür mussten wir den Verein gründen, um vom Kanton Unterstützung für unser Projekt zu bekommen.»

Ein paar Jahre später wechselte der Weltladen seinen Standort sogar an eine äusserst prominente Lage mitten im Dorfzentrum, wo neben Fairtrade- auch Secondhandprodukte angeboten wurden und jeden Tag reges Treiben herrschte. Der Gedanke des gerechten Handels hatte weltweit einen gewissen Höhepunkt erreicht: «Ich war in dieser Zeit für ein paar Monate in San Francisco. Dort gab es einen riesigen Fairtrade-Laden mit 25 Kassen und Menschenschlangen davor», erzählt Reimer.

Als der Kanton bei kleineren Erwerbslosenprojekten den Sparstift ansetzte, musste der Laden seine Tore im Dorfzentrum wieder schliessen, doch waren die Reinacher Kundschaft und andere der Idee wohlgesinnte Personen der Meinung, dass es in ihrem Dorf unbedingt einen Weltladen brauche: «Wir machten einen Spendenaufruf und hatten innert weniger Wochen 70000 Franken zusammen», erzählt Maag-Streit. So war es möglich, die damals relativ heruntergekommene Liegenschaft am Strittgässli, die der Gemeinde gehört, zu sanieren und den Laden zu öffnen.

Treue Stammkundschaft

Heute arbeiten die Verkäuferinnen – derzeit nur Frauen – ehrenamtlich in dem mit viel Liebe eingerichteten Weltladen, der seit Jahren auf eine treue Stammkundschaft zählen könne. Und: Selbstverständlich sei Fairtrade mit dem wirtschaftspolitischen Anliegen verknüpft. «Die meisten Leute kommen aber auch, weil es schöne Sachen zu kaufen und ein vielfältiges Angebot gibt », so Maag-Streit. Die Geburtstagsfeier findet am kommenden Samstag von 11 bis 13 Uhr vor dem Laden statt.

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