Wenn Kühe Häuser heizen und Elektroautos antreiben
Bei einer Führung auf dem Bauernhof der Familie Vögtli erfuhr das Publikum etwa, was Kühe fressen und wie viel Strom ihr Dung produziert.
Eine schwarz-weiss gefleckte Kuh steht am Rand eines Feldes und blickt auf die Autos und Menschen, die sich beim Bauernhof der Familie Vögtli auf dem Langackerhof in Hochwald einreihen. «Sind die alle meinetwegen da?», scheint sie zu denken und hat dabei nicht ganz unrecht. Die Kulturkommission Hochwald lud auf den Hof ein und rund 80 Personen folgten. Im Stall erzählte Tierarzt Beat Berchtold, was eine Kuh auf ihrem Menüplan hat: Neben 150 bis 200 Litern Wasser sind dies das «normale» Weidegras, aber auch getrocknetes Gras und Heu, Malz aus der Bierproduktion, Weizen, Eiweiss, Salz oder Mineralstoffe. Für rund acht Franken pro Tag vertilgt eine Kuh 50 Kilogramm Futter. Das landet in den vier Mägen der Kuh. Zum Wiederkäuen hat jede einen Liegeplatz im Stall, wie Bauer Sepp Vögtli erklärt. Er bindet keine Tiere an, sie können frei herumlaufen. Das funktioniere sehr gut. So herrscht im Stall eine angenehme Ruhe und die Kühe gehen friedlich miteinander um. Auch der Stier unternimmt gemütlich einen Spaziergang durch den Mittelgang.
«Kühe sind intelligent und feinfühlig»
Das Stalldach wird mit grossen Hohlbalken gestützt und das Klima ist für die Kühe angenehm. Ventilatoren sorgen im Sommer dafür, dass keine Fliegen im Stall herumschwirren. «Kühe sind intelligente Tiere und sehr feinfühlig», meint Vögtli. Der Bauer musste sich letztes Jahr von 55 Kühen verabschieden, die der Blauzungenkrankheit zum Opfer gefallen waren. Etwas, das ihn noch sichtlich beschäftigt.
Die Tiere im Stall können selbstständig zu verschiedenen Melkrobotern gehen. Die Metallschranken schliessen so, dass die Kuh optimal steht. Die Stutzen suchen die Zitzen, waschen zuerst und melken vor. Erst dann beginnt der eigentliche Melkprozess und Milch fliesst in den Tank. Auch das geschieht mit einer erstaunlichen Ruhe. Die Kuh erhält vorne in einem kleinen Napf Futter eingefüllt, das sie während des Vorganges genüsslich verspeist. Währenddessen kontrolliert die Anlage die Eutergesundheit oder meldet, wenn die Kuh nicht mehr 80 Prozent der Milchleistung bringt, wie Juniorchef Andy Vögtli erklärt.
Die Kühe sorgen für genügend Biogas
Doch der Hof hat noch ganz anderes zu bieten, auch das, was eine Kuh so hinten rauslässt. Was vielen stinkt und meist als Gülle oder Mist irgendwo landet, fliesst bei Vögtlis ganz woanders hin: in die eigene Biogasanlage. So gelangt 90 Prozent weniger Methan in die Umwelt. Das Substrat gelangt in den sogenannten Fermenter, wo es reift. Ein Holzbalken rührt und sorgt für eine langsame Zirkulation. Das Substrat benötigt rund 30 Tage, um durch den wie ein Labyrinth angeordneten Innenraum des Fermenters zu kommen. Zusätzlich verwertet die Anlage Früchte- und Gemüseabfälle, Kaffeesatz oder Milchpulver.
Auf dem Stall sind von weit her schon die Photovoltaik-Paneele zu sehen. «Für Vögtlis ist das eine Erfolgsgeschichte», erklärt Heinz Bodmer von der Primeo Energie. Er hat den Bauer beim Bau und bei der Inbetriebnahme der beiden Anlagen tatkräftig unterstützt. 2024 produzierte die Sonne vom Dach rund 400000 Kilowattstunden Strom. Bodmer hat gerechnet und erläutert dem staunenden Publikum, dass zwei Kühe für den Strom und den Wärmebedarf von einem Haushalt ausreichen würden. Zudem könnte eine Kuh einen Elektro-Personenwagen für rund 15000 Kilometer antreiben. «Der gesamte erneuerbare Strom wird in Hochwald verbraucht», zeigt Bodmer weiter auf. Trotzdem ist kein Hauch von Industrie auf dem Hof zu spüren.
Das Tierwohl steht an erster Stelle. Und gerade daher hat Sepp Vögtli noch einen Wunsch: «Schätzt die Nahrungsmittel!» Ihn bedrücke, dass rund 25 Prozent der Nahrungsmittel weggeworfen werden. «Das ist schade», bedauert er und ergänzt: «Wir müssen das auf einem humanen Weg ändern. Wir sollten verhindern, dass dies auf eine Art geschehen wird, die allen weh tut.» Diese Worte hallen dem Publikum auch beim Apéro noch nach. Die Kühe auf dem Feld haben sich in der Zwischenzeit vom Rummel auf dem Hof abgedreht und frönen ihrer Lieblingsbeschäftigung: dem Grasfressen oder zumindest dem Wiederkäuen.