Im Einsatz für Rehkitze und Landwirte
Mit Drohnen und Wärmebildkameras werden Felder vor dem Mähen nach Rehkitzen abgesucht. Drohnenpiloten, Jagdaufseher und Landwirte arbeiten dafür eng zusammen.
«Da ist etwas!», ruft Drohnenpilot Thierry Kloetzer aufgeregt. Das «Etwas» ist ein weisser Fleck auf dem Bildschirm seines Drohnensteuergeräts. Die Aufnahmen stammen von der Wärmebildkamera seiner Drohne. Warme Flecken erscheinen auf dem sonst dunklen Bild hell oder gar weiss. «Das kann ein Zeichen für etwas Lebendes sein», erklärt Kloetzer. Er schaltet seine Drohne von Autopilot auf manuelle Steuerung und wechselt auf die klassische Kamera, um zu erkennen, was beim Wärmebild hell erkennbar war. Bei genauem Hinsehen erkennt auch der Pfeffinger Jagdaufseher Manfred Bloch ein Reh, genauer gesagt eine Geiss, ein Weibchen.
Bloch ist jeweils dabei, wenn Kloetzer und seine Kollegen des Vereins Rehkitzrettung Birsigtal Felder, die Landwirte mähen möchten, nach Rehkitzen absuchen. Rehkitze werden von den Muttertieren zum Schutz vor Feinden im hohen Gras geboren. Die Muttertiere ziehen sich daraufhin auf Sichtdistanz in den Wald zurück. Die besagte Geiss entdeckt Kloetzer auf einem Feld in der Nähe des Blattenpasses in Pfeffingen, das Landwirt Dominik Bohrer am gleichen Tag noch mähen möchte.
Belastung für Landwirte
Kloetzer gelingt es, die Geiss mit der Drohne aus dem Feld zu scheuchen. Daraufhin gibt er dem Landwirt für das Mähen grünes Licht geben. Für Bohrer ist es eine Erleichterung, die Parzelle mit einem guten Gefühl mähen zu können. «Es ist eine Belastung für uns Landwirte, wenn wir immer befürchten müssen, dass ein Rehkitz im Gras liegt, das wir beim Mähen nicht sehen können.»
Früher gehörten tote Rehkitze im Mai und Juni beim Mähen zum Alltag. Die Bilder der toten oder verstümmelten Tiere seien für die Landwirte schlimm, mahnt Jagdaufseher Bloch. Dazu sei Heu mit möglichen Überresten von Rehkitzen für Kühe gefährlich.
Der Verein Rehkitzrettung Birsigtal hat sämtliche Parzellen in Pfeffingen dokumentiert und für jede eine Route gespeichert, die die Drohnen auf einer Höhe von 70 Metern per Autopilot abfliegen können. Kloetzer und an diesem frühen Mittwochmorgen auch Vereinskollege Marcel Michel haben währenddessen nur Augen für ihren Bildschirm. Entdecken sie einen weissen Fleck, wechseln sie das Kamerabild und gehen zur manuellen Steuerung über. «Wir verbinden unser Drohnenhobby mit unserer Tierliebe und können damit etwas Positives für die Natur und die Landwirtschaft beitragen», erklärt Kloetzer. Auch für sie sei es jeweils eine Befriedigung, wenn sie durch ihre ehrenamtliche Arbeit ein Jungtier retten könnten.
Zum Schutz von Tieren verpflichtet
An diesem Morgen entdecken sie in Pfeffingen kein Rehkitz im Gras. Das war vor drei Wochen in der Nähe des Blattenpasses anders. Kloetzer und Bloch zeigen in hundert Meter Distanz auf einen Standort, wo ein Rehkitz lag. Der Pfeffinger Jagdaufseher legte daraufhin eine Holzkiste über das Tier, um es während dem Mähvorgang vor der grossen Maschine zu schützen.
Die Rehkitzrettung per Drohnen muss jeweils früh am Morgen ablaufen, wenn die Temperaturen tiefer sind, damit die Wärmekontraste zwischen einem Lebewesen und der Umgebung noch genügend gross sind. Am Tag zuvor steckt Jagdaufseher Bloch sogenannte Rehkitzschrecke in die Felder, die ähnlich einem Katzenschreck Piepstöne abgeben und blau leuchten, was die Rehe aufschrecken soll, damit sie das Feld frühzeitig verlassen. Weil deren Wirkung beschränkt ist, kommen seit wenigen Jahren Drohnen zum Einsatz. Doch auch damit gebe es keine hundertprozentige Sicherheit, mahnt Landwirt Bohrer.
Der Verein Rehkitzrettung Birsigtal bietet seine Dienste den Landwirten kostenlos an. «Wir finanzieren uns aus Spenden und durch Sponsoren», erklärt Vereinspräsident Kloetzer. Die Landwirte sind mittlerweile per Gesetz dazu verpflichtet, Massnahmen zu unternehmen, damit beim Mähen keine Tiere zu Schaden kommen.