Nun beginnt das grosse Schaulaufen
Auch der Aescher FDP-Landrat Rolf Blatter kandidiert für die Regierung – um den grünen Überläufer zu verhindern?

Bei der Baselbieter FDP ist trotz der eben begonnenen Schulferien an Sommerflaute und Beine hochlagern nicht zu denken. Grund ist die Ersatzwahl für die Ende Jahr abtretende Regierungsrätin Monica Gschwind am 26. Oktober. Bis zum 21. Juli müssen Kandidierende bei der Findungskommission der Kantonalpartei angemeldet werden. Nachdem vor Wochenfrist der Arlesheimer Gemeindepräsident Markus Eigenmann als Erster seinen Hut in den Ring geworfen hatte, hat die Kandidierendensuche bei der FDP nun einen ersten Höhepunkt erreicht.
Die «Basler Zeitung» machte publik, dass der frühere Aescher Landrat und Grünen-Stratege Klaus Kirchmayr zur FDP wechseln und gleich für die Kantonsexekutive kandidieren will. Die Kommentare zu diesem Polit-Stunt schwanken zwischen Sensation und Witz des Jahrzehnts. Beinahe zeitgleich kündigte der ebenfalls in Aesch wohnhafte FDP-Landrat Rolf Blatter seine Kandidatur an. Ein Schelm, wer eine Koinzidenz vermutet. Die Aescher FDP dürfte kaum zwei Kandidaturen lancieren, jene von Blatter ist bereits eingereicht.
Blatters Parole: «Mehr Freiheit, weniger Staat»
Der 62‑jährige Blatter sitzt seit dem 1. Juli 2015 im Baselbieter Parlament und hat sich in Bau- und Verkehrsfragen einen Namen gemacht. Der selbstständige Unternehmer politisiert am rechten Parteiflügel. Sich selber bezeichnet Blatter als «Ur-Liberalen», die Parole «Mehr Freiheit, weniger Staat», mit der die FDP in den 1980er-Jahren warb, sei für ihn eine wesentliche Leitlinie des Politisierens. Er sitzt im Zentralvorstand der Wirtschaftskammer Baselland (mittlerweile als einziger Kantonsparlamentarier) sowie im Vorstand des Hauseigentümerverbands Baselland. Blatter ist wie Eigenmann ein Birstaler, steht aber im Gegensatz zum progressiv-liberalen Arlesheimer für die rechtskonservative, gewerblich orientierte FDP.
Die Positionierung Blatters ist mit Blick auf die Ausgangslage vor der Ersatzwahl nicht unwesentlich. So kündigte die SVP an, auf eine eigene Regierungskandidatur zu verzichten, wenn die FDP eine aus ihrer Sicht wählbare Person portiert. SVP-Chef Peter Riebli kommentiert die jüngsten Entwicklungen im Umfeld der FDP so: Oberste Priorität aus Sicht der SVP habe die Sicherung eines bürgerlichen Sitzes, man evaluiere in der Partei weiterhin potenzielle eigene Kandidaturen. «Unsere Schnittmenge mit Rolf Blatter ist relativ gross. Ob Klaus Kirchmayr von unserer Basis als bürgerlicher Kandidat akzeptiert würde, müsste sich weisen», sagt Riebli.
Burgunder und Dätwyler verzichten
Mit grosser Wahrscheinlichkeit wird der Nachfolger oder die Nachfolgerin von Monica Gschwind deren Bildungsdirektion übernehmen. Als Regierungsrat würde sich Blatter für eine Stärkung der Berufslehre einsetzen. Er sei nicht Gegner des akademischen Wegs, so Blatter, der einst eine Lehre als Kaminfeger absolvierte und sich an einer technischen Hochschule zum Maschineningenieur weiterbildete. «Die aktuell hohe Maturitätsquote im Baselbiet ist aber nicht gut. Den KMU fehlen dringend benötigte Fachkräfte.»
In der Energiepolitik plädiert Blatter für eine sichere und ausreichende Stromversorgung, daher sei Technologieoffenheit wichtig. Neue AKW scheinen für Blatter kein Tabu zu sein. Beim Verkehr macht er sich unter anderem für den Ausbau des Strassennetzes stark. Beharrlich setzt er sich zwischen Aesch und Dornach für eine neue Birsquerung und im Gegensatz zu den beiden Kantonen für die Variante Mitte ein. «Ich bin ein Wadenbeisser und sage fadengerade, was ich denke.» Die Wahrscheinlichkeit, dass Blatter auf dem FDP-Regierungsticket landen wird, ist eher gering. Die Kandidatur des Wirtschaftskammer-nahen Politikers dürfte für die weiteren Diskussionen im bürgerlichen Lager über die FDP-Kandidatur gleichwohl von Bedeutung sein. Derweil lichtet sich das Feld: Auf Anfrage der bz geben weitere Freisinnige, die zuletzt gehandelt wurden, ihren Verzicht bekannt: Martin Dätwyler, Laufner FDP-Landrat und Direktor der Handelskammer beider Basel, sowie der Prattler Gemeindepräsident Stephan Burgunder. Beide wollen sich auf ihre aktuellen beruflichen und politischen Aufgaben konzentrieren.
Ihr Interesse am Regierungsamt, aber noch keine konkrete Kandidatur angemeldet haben Nadine Jermann (Landrätin und Gemeindepräsidentin von Buus) sowie Daniel Spinnler (Stadtpräsident von Liestal). Beide stellen auf Anfrage einen baldigen Entscheid in Aussicht. Dasselbe gilt für den Binninger Landrat Sven Inäbnit.