Kulturpreis-Gewinnerin verrät: «Die Limitierung ist für mich eine Befreiung»

Die in Reinach aufgewachsene Drehbuchautorin Simone Schmid wurde mit dem Kulturpreis des Kantons Basel-Landschaft ausgezeichnet. Dem ­Wochenblatt erzählt sie unter anderem, woran sie gerade arbeitet.

Mit der Region verbunden: Simone Schmid lebt heute zwar in Zürich, hat aber viele Erinnerungen an ihre Jugendjahre in Reinach. Foto: zvg

«Es ist schön, dass die alte Heimat mich nicht vergessen hat», sagt Simone Schmid lachend. Vergangene Woche wurde sie, die einen Teil ihrer Kindheit und Jugend zwischen 1990 und 1999 in Reinach verbracht hatte und heute mit ihrer Familie in Zürich lebt, vom Kanton Basel-Landschaft mit dem Spartenpreis Film und Drehbuch ausgezeichnet. Der Regierungsrat hat dieses Jahr die mit je 20000 Franken dotierten Spartenpreise an den Journalisten Jürg Gohl, den Musiker Sebastian «Baschi» Bürgin und eben Simone Schmid vergeben.

«Die Auszeichnung bedeutet für mich eine Anerkennung meiner Arbeit», sagt die 46-Jährige. Normalerweise seien Drehbuchautorinnen und Drehbuchautoren im Hintergrund, während Schauspielende und Regiepersonen im Licht der Öffentlichkeit stünden. «Das Konzept des Kulturpreises, in diesem Jahr Schreibende zu würdigen, die nicht klassisch Bücher veröffentlichen, finde ich eine schöne Idee.»

Co-Autorin von «Der Bestatter»

Simone Schmid studierte Geografie, Geologie und Ökologie in Bern sowie Journalismus in Hamburg und Luzern. Sie arbeitete acht Jahre als Redakteurin bei der «NZZ am Sonntag» und beim «Tages-Anzeiger». Seit 2004 schreibt sie Kurzgeschichten und entwickelt Ideen und Drehbücher. «Ich hatte schon immer viele Geschichten im Kopf. Sass ich im Tram und sah einen speziellen Mann, kam mir dazu prompt eine Geschichte in den Sinn», erklärt Schmid, wie sie zu ihrer Berufung gekommen sei. Sie begann, Kurzgeschichten zu schreiben, doch: «Die ganz freie Form hat mich etwas eingeschüchtert.» Per Zufall stiess Schmid auf ein Inserat für einen Kurs in Drehbuchschreiben: «Dort habe ich bemerkt, dass mir diese Form sehr liegt. Die Limitierung im Drehbuch ist für mich eine Befreiung.»

So begann sie, Ideen aufzuschreiben, suchte Produzentinnen und Produzenten auf. In einer Werkstatt schrieb Simone Schmid das Drehbuch mit dem Titel «Goodluck», welches am Filmfest München mit dem «Script Talent»-Preis ausgezeichnet wurde. Das Buch, dessen Geschichte auf einer wahren Begebenheit um einen im Berner Oberländischen Diemtigtal verstorbenen Mann aus Somalia beruht, wurde 2016 als Fernsehfilm mit dem Titel «Im Nirgendwo» produziert und feierte am Zürich Filmfestival Premiere.

Simone Schmid war Co-Autorin bei drei Staffeln der Schweizer Krimiserie «Der Bestatter», ihr erster Kinofilm «Zwingli» avancierte 2019 zum Kinohit mit über 250 000 Eintritten in der Schweiz. Zusammen mit Norbert Maass und Sabine Boss schrieb sie zudem das Drehbuch zum Wirtschaftsthriller «Jagdzeit», der 2019 in die Kinos kam und bei dem etwa Ulrich Tukur zu sehen war. Mit ihrem Projekt «Akademie der Detektive» gewann sie 2020 die SRF-Ausschreibung für eine neue Krimiserie. Die erste Staffel wurde im ­Oktober 2022 unter dem Namen «Die Beschatter» ausgestrahlt.

«Ich wohnte einige Jahre neben einer Detektivschule. Da habe ich mich immer gefragt, was die wohl dort lernen. So kamen ich und mein Partner auf die Idee, daraus ein Konzept für eine Krimiserie zu entwickeln.» Aktuell arbeitet Simone Schmid als Co-Autorin einer internationalen Produktion für den Streamingkanal Sky. Zudem schreibt sie an einer Miniserie für das Schweizer Fernsehen über die alt Bundesrätin Elisabeth Kopp, die von ihrem Aufstieg und Fall erzählt.

Loslassen können

Wie sie beim Drehbuchschreiben vorgehe? «Das kommt darauf an, ob man das Buch fürs Kino oder fürs Fernsehen schreibt. Bei einer TV-Serie ist der Prozess standardisiert. Man schreibt eine Idee auf zwei oder drei Seiten auf, skizziert Figuren und den Handlungsbogen. Dann wird das Ganze verfeinert, in einzelne Folgen eingeteilt und die Handlung geplottet. Erst ganz am Schluss wird das Drehbuch geschrieben.» Dabei müsse sie auf vielerlei Bedürfnisse, etwa des Produzenten oder des Regisseurs, Rücksicht nehmen. Sehr wichtig sei deshalb beim Drehbuchschreiben, die eigene Arbeit loslassen zu können. «Ich schreibe einen Text für vielleicht 50 Leute, die dann daraus ihre Arbeit machen.» Am Schluss des Prozesses gibt es jeweils eine Leseprobe mit den Schauspielerinnen und Schauspielern. «Ich liebe diese Leseproben, weil das Ganze dann zu leben beginnt. Die Schauspielerinnen und Schauspieler können dann Vorschläge für ihre Figur einbringen.»

Zweite Familie: Reinacher Veloclub

Im Moment fokussiert sich Schmid auf das Schreiben von Drehbüchern. «Aber es schwebt mir schon vor, einmal einen Krimi oder einen Thriller als Roman zu schreiben. Man braucht ja Träume!», sagt Schmid. Ein besonderes Hobby von ihr sei die Tätigkeit als, wie sie es sagt, «Do-it-yourself-Handwerkerin». Ihr nächstes Projekt in dieser Beziehung: eine Eckbank fürs Wohnzimmer.

An ihre Zeit in Reinach hat sie gute Erinnerungen: «Nach der Trennung meiner Eltern war ich mit meiner Mutter und meinen Geschwistern aus dem Fricktal nach Reinach gekommen. Meine Grosseltern mütterlicherseits wohnten dort, und zwar im obersten Stock des Badwannenblocks.» Lange Zeit radelte sie im Veloclub Reinach mit. «Das war für mich eine Art zweite Familie.»

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