Hier geht’s urchig zu und her

Nur noch eine Woche, dann steigen die «Bösen» ins Sägemehl. Schwingclub-Präsident Reto Schmid erzählt, welche Arbeit dahintersteckt – und was einen guten Schwinger ausmacht.

Schwingerpose: Reto Schmid, hier im Funktionärstenue. Foto: Fabia Maieroni
Schwingerpose: Reto Schmid, hier im Funktionärstenue. Foto: Fabia Maieroni

Das Eidgenössische Schwing- und Älplerfest (ESAF) in Pratteln ist seit Wochen Thema Nummer eins. Herr und Frau Schweizer entdecken ihre Wurzeln in diesem urchigen Sport wieder. Die Nation scheint sich einig zu sein: Schwingen gehört zur DNA der Schweiz. So wie Käse oder Schoggi – oder das Pünktlichsein. Natürlich sind die Tickets schon lange ausverkauft, Pratteln bereitet sich auf ein gigantisches Volksfest vor. Erwartet werden von Freitag bis Sonntag bis zu 400000 Besucherinnen und Besucher.

Auch der Münchensteiner Reto Schmid, Präsident des Schwingklub Muttenz, steckt mitten in den Vorbereitungen. «Zurzeit sind wir alle voll im Einsatz. Wir Funktionäre versuchen die aktiven Schwinger möglichst zu entlasten, damit sie sich auf das ESAF konzentrieren können.» So managt Schmid Medientermine, gibt Schulklassen eine erste Schnupperstunde, hält Trainings und bereitet den Club auf einen Anstieg der Mitglieder nach dem Eidgenössischen vor. Das Interesse am Schwingen sei zurzeit gross: «Deshalb ist es wichtig, dass wir unsere Kapazitäten erhöht haben. Wir sind bereit für Neumitglieder.»

Tatsächlich ist der Schwingboom im Baselbiet schon länger ausgebrochen, die Clubs freuen sich über stetigen Zuwachs. Die Kameradschaft und ein familiärer Umgang, das mache den Sport aus, so Schmid. Einen Vereinsbeitrag zahlen muss ausserdem niemand, die Teilnahme an Wettbewerben ist ebenfalls durch den Klub bezahlt – «dank der vielen Spenden», erklärt Schmid.

Trotz aller Vorfreude, einen Dämpfer musste Schmid dieses Jahr hinnehmen: Der Muttenzer Sascha Streich verletzte sich kurz vor dem ESAF und ist deshalb nicht Teil der 7-köpfigen Baselbieter Delegation (fünf Fixplätze, zwei Ersatzschwinger). Insgesamt treten in Pratteln 268 aktive Schwinger und sechs Ausland-Schwinger gegeneinander an. In acht Gängen wird schliesslich der Schwingkönig ausgemacht. Er erhält den Siegermuni Magnus und kann sich am Gabentempel bedienen – dieser weist übrigens einen Wert von über einer Million Franken auf.

Trainieren ist das A und O

«Kampfgeist, Wille und einen robusten Körperbau – das braucht es, damit man einen Kranz erschwingt», sagt Reto Schmid. Hartes Training ist unabdingbar. Die besten Schwinger der Schweiz sind Spitzensportler, sie trainieren, abseits des Sägemehls, mehrfach pro Woche Kraft und Stabilität. «Das beugt Verletzungen vor, die es in diesem Sport leider immer wieder gibt», weiss Schmid. Der Basellandschaftliche Kantonalschwingerverband hat seine Trainingshalle zur- zeit auf dem Gelände von Uptown Basel in Arlesheim aufgebaut. «Bis Ende Jahr können wir wohl noch hier bleiben, dann müssen wir eine neue Lösung finden.»

Seit seinem 16. Lebensjahr hat Reto Schmid sich dem Schwingsport verschrieben. Zuerst als Aktiver, seit 20 Jahren als Funktionär. Heute ist der 42-jährige Klubpräsident auch Nachwuchsleiter im Nordwestschweizer Schwingverband. Selbstredend, dass auch sein Sohn regelmässig im Sägemehl steht. Die Tochter hingegen verfolgt andere Hobbys. Das scheint wenig überraschend, sind Frauen im Schwingsport doch eher selten vertreten. Es gibt zwar einen Frauenschwingverband, dieser gehört jedoch nicht zum Eidgenössischen Schwingerverband. In Muttenz seien alle willkommen: «Bei uns trainieren bei den Jungschwingern auch Mädchen mit. Wir machen da keinen Unterschied», sagt Reto Schmid.

Regenschirm und Anzug besserzu Hause lassen

Wer ein Tickets fürs ESAF ergattern konnte, sollte noch ein paar Dinge beachten, sagt Schmid: «Den Schwingern muss Respekt entgegengebracht werden, auch wenn sie verlieren. Buhen oder pfeifen geht gar nicht.» Im Anzug oder Cocktailkleid erscheinen, sei auch keine so gute Idee, denn: «Das Schwingfest ist ein urchiger Anlass.»

Und sollte es an jenem Wochenende tatsächlich einmal wieder regnen, so greifen Zuschauerinnen und Zuschauer besser zur Regenpelerine. «Mit einem Schirm versperrt man nur jemandem die Sicht – das muss nicht sein.» Wer kein Ticket ergattern konnte, kann trotzdem eine Nase voll Schwingfest nehmen: Das Festgelände ist frei zugänglich und bietet neben dem Schwingen eine Vielzahl weiterer Attraktionen.

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