Durchbruch beim Plastik-Sammeln in Sicht

Ein schweizweites Kunststoffsammelkonzept ist im Aufbau. Aber nicht überall ist man begeistert.

Sammelstellen: Offen ist noch, wo der gesammelte Kunststoff vorerst hinkommt. Es ist von «zertifizierten Sortieranlagen im grenznahen Ausland» die Rede. Foto: zvg / Recypac

Die vielen Verpackungen aus Kunststoff wiederverwerten, anstatt sie mit dem Hauskehricht zu verbrennen – darüber wird in der Schweiz schon lange geredet. Jetzt wollen die Grossverteiler Nägel mit Köpfen machen. Bis Ende Jahr wollen sie Recypac lancieren, ein schweizweites Plastiksammelsystem. Das Prinzip: Es geschieht alles landesweit unter einem Dach, vom Marketing und dem Einrichten der Sammelstellen über den Transport bis hin zur Weiterverarbeitung. Die Gemeinden müssen nur zulassen, dass die Recypac-Sammelsäcke verkauft werden dürfen. Getragen wird der nicht gewinnorientierte Verein Recypac von der Abfall- und Lebensmittelbranche sowie von Schweizer Supermarktketten. Sie sollen als Sammelstellen ihre Filialen zur Verfügung stellen, man muss kostenpflichtige Säcke verwenden. Recypac will die Schwierigkeiten angehen, etwa Intransparenz der Warenflüsse und zweifelhafte Ökobilanzen. Langfristig ist das Ziel, dass die gesammelten Mengen für den Betrieb eines Recylingwerks in der Schweiz ausreichen.

Allerdings gibt es noch einige offene Fragen, etwa wo der gesammelte Kunststoff vorerst hinkommt. Es ist von «zertifizierten Sortieranlagen im grenznahen Ausland» die Rede. Auch die Recyclingquote, also was am Ende doch wieder in der Müllverbrennung landet, ist nicht bekannt. Zweifel am Sinn von Plastik­recycling haben die allermeisten Baselbieter Gemeinden und die Stadt Basel bisher davon abgehalten, Kunststoffsammlungen einzuführen. Dabei wäre der Druck der Bevölkerung hoch, es gibt immer wieder entsprechende politische Vorstösse.

Gemeinden warten, Stadt ist bereits im Gespräch mit Recypac

Diejenigen, die das umsetzen müssten, sind allerdings zurückhaltend. «Wir warten, bis Recypac auf uns zukommt», sagt der Münchensteiner Gemeinderat Daniel Altermatt (GLP), Mitglied der Energieregion Birsstadt. «Wir kennen ja die genauen Konditionen noch nicht.» Grundsätzlich hält er den Ansatz von Recypac für sinnvoll: Dort sammeln, wo die Leute sowieso zum Einkaufen hingehen, anstatt fürs separate Einsammeln unnötig Lastwagen-Kilometer zu generieren.

Ähnlich vorsichtig ist die Region Leimental Plus. Die entsprechende Fachkommission habe das Konzept von Recypac diskutiert, sagt die Binninger Gemeindepräsidentin Caroline Rietschi (SP), in der Region verantwortlich für Energie und Umwelt. «Wir beobachten den Prozess interessiert.» Dabei müsse man parallele Sammlungen vermeiden. «Und die Sammlung sollte wenn möglich mit einer gut orchestrierten Haus-zu-Haus-Sammlung erfolgen, nicht mit individuellen Fahrten im Auto mit Verbrennermotor zur Sammelstelle.»

Das entspricht nicht ganz dem Konzept von Recypac mit Sammelstellen in Läden. Gut kommt Recypac in Basel-Stadt an. «Das Amt für Umwelt und Energie begrüsst das Angebot», sagt dessen Leiter Matthias Nabholz. Der Verein Recypac sei nicht gewinnorientiert und gewährleiste eine hohe Transparenz in ökonomischen und ökologischen Fragen rund um die Sammlung und die stoffliche Verwertung. «Abklärungen für eine mögliche Zusammenarbeit sind im Gange», sagt Nabholz.

Lieber ein funktionierendes System beibehalten

Als einzige Gemeinde in der Region hat Allschwil auf eigene Faust ein eigenes System aufgebaut. Seit 2016 holt dort ein Lastwagen alle zwei Wochen die kostenpflichtigen Säcke vor den Haustüren ab und bringt sie in ein Recyclingwerk im deutschen Rheinfelden. «Die Sammlung kommt in der Bevölkerung gut an», sagt Gemeindepräsident Franz Vogt (Mitte).

Man werde das System nicht unnötig über den Haufen werfen – aber auch nicht unnötig daran festhalten. «Wir werden das Angebot von Recypac sicher prüfen und sind gesprächsbereit», sagt Vogt. «Was Migros, Coop und Konsorten tun, ist lobenswert.»

Auch in Muttenz wird Kunststoff abgeholt, Ende Jahr geht eine Testphase zu Ende. Allerdings arbeitet die Gemeinde im Gegensatz zu Allschwil mit einem externen Dienstleister. «Dieser hat nachhaltige Stoffkreisläufe», sagt Gemeinderätin Salome Lüdi (SP). Recypac sei bereits auf die Gemeinde zugekommen. Stattdessen will man aber den Pilotbetrieb in den Regelbetrieb überführen und den Vertrag mit dem bisherigen Dienstleister verlängern. «Es wird schon so lange über ein gesamtschweizerisches Kunststoffrecycling geredet», sagt Lüdi. «Wir haben jetzt ein funktionierendes System.» Recypac werde man gut beobachten und gleichzeitig, wie sich die Sammelmengen des Muttenzer Systems entwickeln.

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