Die Krux mit den Russland-Sanktionen

Die Reinacher Firma Endress+Hauser bleibt im Land – den Mitarbeitern, den Kunden und der Bevölkerung zuliebe.

Erfolgreich: Das Jahresergebnis des in Reinach ansässigen Unternehmens ist wie ­gewohnt sehr gut. Foto: Archiv
Erfolgreich: Das Jahresergebnis des in Reinach ansässigen Unternehmens ist wie ­gewohnt sehr gut. Foto: Archiv

Der Krieg in der Ukraine stehe wie ein Elefant im Raum – und mit ihm die Frage, wie er sich auswirken werde. Mit die-sen Worten beginnt Matthias Altendorf, Chef des Reinacher Unternehmens Endress+Hauser, die Bilanzmedienkon­ferenz in Basel. Ein wenig erinnere die Situation an jene von vor zwei Jahren. Auch damals hätten alle wissen wollen, wie sich die Pandemie auf das Geschäft der in der Mess- und Automatisierungstechnik tätigen Firma auswirke.

Wie damals sei es auch heute für eine Beurteilung zu früh, sagte Altendorf. Klar ist jedoch, dass Endress+Hauser weiterhin in Russland tätig ist. Zwar hatte die Firma zu Beginn der Invasion sämtliche Lieferungen für den russischen Markt ausgesetzt. Doch in der Folge wurden die Geschäfte wieder aufgenommen. Das Unternehmen beschränke sich dabei auf Bereiche, die der Versorgung der Menschen mit Lebensmitteln, Wasser, Medikamenten, Chemieprodukten und Energie ­dienten, sagte Altendorf. Das ­direkte und das indirekte Geschäft mit Kunden aus der Öl- und der Gasbranche dagegen seien eingestellt worden.

«Haben uns den Entscheid nicht leicht gemacht»

In Russland, der Ukraine und Belarus erwirtschaftet das Unternehmen 3 Prozent des weltweiten Umsatzes. Die russische Vertriebsgesellschaft zählt 182 Angestellte, in der Ukraine arbeitet das Unternehmen mit einem externen Partner zusammen. Wie viele andere Firmen verurteilt auch Endress+Hauser die Invasion.

«Wir haben uns diesen Entscheid nicht leicht gemacht. Vermutlich wäre es der einfachere Weg gewesen, wenn wir uns vollständig aus Russland zurückgezogen hätten», sagte ­Altendorf. Schliesslich sei es denkbar, dass der Markt vollständig wegbreche. Endress+Hauser sehe sich gegenüber den Mitarbeitenden in der Pflicht. «Und wir stehen auch in der Verantwortung gegenüber der russischen Zivilgesellschaft und gegenüber den Kunden, die nicht sanktioniert sind.»

Angesprochen auf die Gefahr, trotz der wortreichen Erklärung nicht doch für das Engagement in Russland angeprangert zu werden, sagte Altendorf: «Das Primat, was Recht und Unrecht ist, liegt bei der Politik.» Das gelte zumindest in liberalen Demokratien. Er verkennt dabei, dass auch die Justiz über Recht und Unrecht entscheidet.

Die Firma wolle ihre Werte nicht über Bord werfen. «Wir werden auch dieses Mal zu unseren Kunden stehen, die uns teils schon Jahrzehnte treu sind», sagte Altendorf weiter. Man habe seit rund 20 Jahren Erfahrungen mit Sanktionen. Das Beispiel Endress+Hauser zeigt, wie schwierig das Abwägen für Firmen zwischen vollständigem Rückzug aus Russland und einem Teilverbleib ist.

Ungewisse Zukunft nach Spitzenquartal

Derweil befindet sich die Firma mitten in einem Generationenwechsel. Wie im vergangenen Jahr angekündigt, ist Hans-Peter Endress im Alter von 75 Jahren ­altershalber aus dem Verwaltungsrat des Familienunternehmens zurückgetreten. Für ihn ist Sandra Genge nachgerückt.

Die 44-Jährige ist die Enkelin des Firmengründers Georg Endress. In zwei Jahren muss auch Patron Klaus Endress seinen Posten als Verwaltungsratspräsident räumen, er wird dann ebenfalls 75. Der Nachfolger oder die Nachfolgerin sei zwar gefunden, bekannt geben will ­Endress den Namen aber noch nicht. Das Jahresergebnis ist wie ­gewohnt sehr solide. Sämtliche wichtige Kennzahlen sind im vergangenen Jahr im zweistelligen Prozentbereich gestiegen. Das erste Quartal des laufenden Jahres überstieg nochmals die Erwartungen der Firmen­leitung. Der Krieg in der ­Ukraine dämpfe allerdings die Hoffnung, die gute Entwicklung fortzusetzen.

Sorgen machen die steigenden Preise insbesondere bei der Energie, aber auch die anziehenden Zinsen sowie die Pandemie. Das Thema sei noch lange nicht erledigt, sagte Altendorf. Länder mit ­einer Null-Covid-Strategie stellten eine erhebliche Gefahr für die Konjunktur dar. Dennoch sehe sich die Firma für das zunehmend schwierige wirtschaftliche Umfeld gewappnet.

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