Adventshörbuch made in Arlesheim

«Du spinnsch wohl!»:Die Adventsgeschichte des deutschen Autors Kai Pannen ist erstmals als Hörbuch auf Schweizerdeutsch zu hören. Eingelesen haben sie zwei Primarlehrerinnen in Arlesheim.

In ihrem Studio in Arlesheim: Nicole Yokoyama (l.) und Géraldine Meier, im Hintergrund sind gestrickte Versionen von Spinnerich Karl-Heinz und der Fliege Bisy zu sehen. Foto: Fabia Maieroni
In ihrem Studio in Arlesheim: Nicole Yokoyama (l.) und Géraldine Meier, im Hintergrund sind gestrickte Versionen von Spinnerich Karl-Heinz und der Fliege Bisy zu sehen. Foto: Fabia Maieroni

Eine Kreuzspinne, die sich mit einer Fliege anfreundet, nachdem Erstere die Letztere eigentlich als Weihnachtsbraten verschmausen will – das klingt nicht so recht nach einer Adventsgeschichte. Doch der Erfolg gibt dem deutschen Autor Kai Pannen recht: Seit der Erscheinung im Jahr 2015 sind das Buch und seine sieben Fortsetzungen Bestseller.

Die Geschichte ist in 24 Kapitel unterteilt, so ergibt sich ein Adventskalender zum Vorlesen daraus. Jeden Tag geht die Geschichte um Karl-Heinz, den Kreuzspinnerich, und Bisy, die Fliege, weiter. Nur so viel sei an dieser Stelle verraten: Karl-Heinz hat Bisy eingewickelt, um sie an Weihnachten zu verspeisen. Die Fliege geht dem Spinnentier aber schon bald gewaltig auf die Nerven, als sie sich immer und immer wieder aus ihrem Kokon, der sie gefangen hält, meldet. Schon bald aber merkt Karl-Heinz, dass es ihm ohne Bisy eigentlich ziemlich langweilig wäre.

«Ich war schon immer die Märlitante»

Einigen mag die Geschichte bekannt vorkommen: Vor zwei Jahren lasen Géraldine Meier und Nicole Yokoyama das Buch auf Hochdeutsch ein. Das Adventsmärchen konnte mittels QR-Code an verschiedenen Stationen in Arlesheim angehört werden – jeden Tag öffnete sich ein neues Törchen der Geschichte. Damals waren die Geschichtstörchen allerdings nur für 24 Stunden verfügbar – «das war eine Vorgabe des Verlags», erklärt Géraldine Meier.

Yokoyama und Meier kennen sich von der Ausbildung zur professionellen Sprecherin an der Speech Academy im Raum Zürich. «Ich habe immer schon gerne vorgelesen und Geschichten erzählt», erklärt Meier. Und Yokoyama ergänzt: «Ich war schon immer die Märlitante in der Schule.» Neben der Leidenschaft fürs Vorlesen verbindet die Frauen auch ihr Beruf: Beide sind Primarlehrerinnen – Meier lange Zeit in Allschwil und seitkurzem in Aesch, Yokoyama in Basel und Ettingen.

Globi und Kasperli kriegen Konkurrenz

Nach dem Erfolg der Adventsgeschichte in Arlesheim vor zwei Jahren haben Meier und Yokoyama die Geschichte nun erneut eingelesen, dieses Mal allerdings auf Schweizerdeutsch. Weil das Baseldeutsch in der Schule immer mehr verloren gehe. «Wir alle kennen Globi und Kasperli auf Schweizerdeutsch. Neue, gute Geschichten und Hörbücher auf Schweizerdeutsch sind leider mittlerweile sehr selten anzutreffen. Mit unserer baseldeutschen Version der Adventsgeschichte wollen wir dem entgegenwirken», sagt Meier. «Wir dürfen unsere Kultur nicht vernachlässigen.»

Die Geschichte habetherapeutische Wirkung

Um die Geschichte vertonen zu können, mussten die Lehrerinnen zum einen die Rechte beim Verlag kaufen und sich zum andern strikte an die Originalgeschichte halten – Änderungen am Text waren nicht möglich. «So haben wir bei gewissen Worten oft lange überlegt, wie wir sie ins Schweizerdeutsch übersetzen», sagt Yokoyama. Der Titel des Hörbuchs heisst denn auch nicht «Du spinnsch doch!», wie die Übersetzung wohl korrekt heissen würde, sondern eben «Du spinnsch wohl!». Meier erklärt: «Das Buch ist unter diesem Namen bekannt, das wollten wir nicht verändern.» Dass es das Buch von Kai Pannen werden würde, sei schnell klar gewesen, schliesslich sei es seit Jahren ein Bestseller, weiss Meier. «Die Geschichte von Karl-Heinz und Bisy ist berührend und lustig zugleich», meint Yokoyama. «Die beiden streiten auch oft, aber sie merken bald, dass sie sich ohne einander langweilen.» Sowohl Kinder als auch Erwachsene könnten aus der Geschichte etwas für sich mitnehmen.

Ausserdem habe die Geschichte eine therapeutische Wirkung: «Ich töte keine Spinnen mehr, sondern begleite sie raus, obwohl ich grosse Angst vor ihnen habe», sagt Meier und lacht. Der mildere Umgang mit den achtbeinigen Mitbewohnern scheint auf der Hand zu liegen, spricht Meier im Hörbuch doch den etwas behäbigen, faulen Spinnerich Karl-Heinz und hat die Rolle der Erzählerin inne. Yokoyama gibt der quirligen Fliege Bisy sowie Nebenfiguren ihre Stimme. Die Aufteilung sei von Anfang an klar gewesen: «Die Rollen passen gut zu unseren jeweiligen Stimmen», sagt Meier.

Die 24 Kapitel wurden im eigenen Studio eingelesen

«Du spinnsch wohl!» haben die Lehrerinnen im Sommer über drei Monate hinweg eingelesen. Meier hat ein kleines Aufnahmestudio bei sich zu Hause in Arlesheim eingerichtet. Dabei musste es bei den Aufnahmen jeweils absolut still sein. Baulärm, Rasenmäher oder Flugzeug – alles wäre auf der Aufnahme zu hören.

Erhältlich ist die Geschichte auf Hörbuchplattformen, nicht aber auf Streamingdiensten – sie muss gekauft werden. Zwischen 8 und 10 Franken kostet es, das Hörbuch runterzuladen. Auch ausleihen ist möglich. Verdienen werden die beiden Frauen aber kaum etwas: «Wir haben rund 2000 Franken allein für die Produktion und die Rechte ausgelegt», sagt Meier. Darum gehe es aber auch nicht. Das Projekt ist für die beiden Lehrerinnen eine Herzensangelegenheit. Hörbücher regten die Fantasie an und hälfen Kindern, sich längere Zeit auf etwas zu konzentrieren. «Das ist heute nicht mehr selbstverständlich», meint Yokoyama. Die beiden Sprecherinnen freuen sich, wenn die Geschichte auf Baseldeutsch diesen Advent in vielen Kinderzimmern zu hören ist.

«Neue, gute Geschichten und Hörbücher auf Schweizerdeutsch sind leider mittlerweile sehr selten anzutreffen.»

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