Hängt der Wert von Kunst vom Wert eines Menschen ab?

In Zusammenarbeit mit TOBS zeigt neuestheater.ch das Stück «Das Original» von Stephen Sachs. Inszeniert hat das ebenso vergnügliche wie tiefgründige «well made play» Barbara-David Brüesch.

Hier treffen zwei Welten aufeinander: Die Ex-Barfrau Maude Gutman (r., Claudia Burckhardt) behauptet, ein Werk von Jackson Pollock zu besitzen; der Kunstexperte Lionel Percy (Martin Schneider) glaubt ihr kein Wort. Foto: ZVG / Lucia Hunziker
Hier treffen zwei Welten aufeinander: Die Ex-Barfrau Maude Gutman (r., Claudia Burckhardt) behauptet, ein Werk von Jackson Pollock zu besitzen; der Kunstexperte Lionel Percy (Martin Schneider) glaubt ihr kein Wort. Foto: ZVG / Lucia Hunziker

Montagabend. Claudia Burckhardt und Martin Schneider gehen das Stück Sequenz um Sequenz durch. Immer wieder unterbricht die Regisseurin die Spielenden, verlangt einen anderen Tonfall oder andere Bewegungsmuster. Hier wird an einem Stück gefeilt, das als typisch amerikanisches «well made play» – ein handwerklich gut gemachtes Stück – und Kammerspiel mit nur zwei Personen auskommt. Und die beiden renommierten Schauspieler scheinen die Rollen schon authentisch auszufüllen. Barbara-David Brüesch und der Bühnenbildner Valentin Köhler wollten die Szenerie nicht naturalistisch wie in der amerikanischen Tradition, sondern möglichst rudimentär, um dem Publikum Raum für die eigene Fantasie zu gewähren. «Das Original» beruht auf einer wahren Begebenheit. Die in einem Wohnwagen lebende Ex-Barfrau Maude Gutman war in Wirklichkeit Teri Horton, die in einem Trödlerladen ein Gemälde erstanden hatte, das sie später als einen wertvollen Jackson Pollock identifizierte. Im Stück lässt Gutman den berühmten Kunstexperten Lionel Percy (in Wirklichkeit T. H., der Direktor des Metropolitan Museum of Art) kommen, der das Bild auf seine Echtheit untersuchen soll. Die Personen und die Milieus, aus denen sie stammen, könnten unterschiedlicher nicht sein: «White trash» trifft auf «Upper class New York». Das hat ein enormes komisches Potenzial.


Ein Stück über die Würde des Menschen


Lionel Percy ist entsetzt über die Vulgarität von Maude Gutman, die aber über einen analytisch geschulten Verstand zu verfügen scheint und auf alle eventuellen Kritikpunkte vorbereitet ist. Der Kunstexperte hat aber sein Urteil längst gefällt: Ein Jackson Pollock aus dem Besitz einer solchen Frau kann nicht echt sein. Hier liegt die Doppelbödigkeit des Stücks. Die Regisseurin schreibt: «Denn schnell wird klar, es geht nicht nur um die Authentizität von Kunst, sondern auch um die Bewertung eines Menschen.» Im ganzen Stück geht es um die Frage, ob das Bild, aber auch Maude als Person als «echt» und «wertvoll» angesehen wird. Es geht in dieser Tragikomödie um entscheidende künstlerische wie gesellschaftliche Fragen: Was ist Kunst und wer entscheidet darüber? Wie schnell beurteilt man einen Menschen und steckt ihn aufgrund sozialer Schicht in eine Schublade? Darüber hinaus wird nach der Rolle der Kunst bei den Reichen gefragt, die sich mit ihr explizit «nach unten» abgrenzen.
Teri Horton, die reale Kunstliebhaberin, ist im Juli 2019 im Alter von 86 Jahren gestorben. Die 50 Millionen Dollar, die sie für ihren Pollock forderte, bekam sie nie. Die Authentizität des Gemäldes wurde trotz erdrückenden Indizien von keinem Experten anerkannt. «Das Original», das am Samstag Premiere hat, verspricht einen unterhaltsamen und substanziellen Theaterabend.


Tickets gewinnen

Das Wochenblatt verlost exklusiv 2 x 2 Tickets für die Aufführung von «Das Original» vom 10. Dezember um 19.30 Uhr im neuestheater.ch. Einfach bis Montag, 9. Dezember, 14 Uhr, eine E-Mail mit dem Stichwort «Original» an <link>wettbewerb@wochenblatt.ch senden. Name, Adresse und Telefonnummer nicht vergessen. Viel Glück!

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