220 Tonnen Stahl schweben über der Birs

Mit einem Raupenkran wurde in der Nacht auf Mittwoch die erste der beiden Eisenbahnbrücken über der Birs in Münchenstein entfernt.

Nur so hoch wie nötig: Wenige Meter über dem Boden und rund 25 Meter über der Birs schwebt die Brücke nahezu deckungsgleich zum Bahntrassee in Richtung Delsberg.Fotos: Kenneth Nars

Nur so hoch wie nötig: Wenige Meter über dem Boden und rund 25 Meter über der Birs schwebt die Brücke nahezu deckungsgleich zum Bahntrassee in Richtung Delsberg.Fotos: Kenneth Nars

Präzisionsarbeit: Die alte Brücke muss sorgfältig angehoben werden. Die neue Brücke steht bereits.

Präzisionsarbeit: Die alte Brücke muss sorgfältig angehoben werden. Die neue Brücke steht bereits.

Um 1.15 Uhr fährt das letzte Tram von Arlesheim her in Richtung Stadt. Ab jetzt herrscht auf der Tramlinie 10 und auf der Bahnstrecke Basel–Laufen–Delsberg eine Totalsperrung. Der Strom der Fahrleitungen des Trams und der Bahn ist abgestellt und geerdet. Weniger später erteilt der Sicherheitschef Freigabe für die Baustelle. Der Raupenkran, der bis zu 1000 Tonnen Gewicht anheben kann, startet den Motor und hebt sein Gegengewicht leicht an. Nach wenigen Zentimetern in der Luft müssen noch die sogenannten Lagen von der Brücke geschlagen werden, die sich festgemacht haben. Die Lagen sind dafür da, Schwingungen bei Zugdurchfahrten abzufedern. Auf einmal geht es schnell und der Raupenkran hebt das 115 Jahre alte Stahlfachwerk mehrere Meter in die Höhe. Arbeiter sorgen mit Seilen dafür, dass sich die Brücke in der Luft in der richtigen Bahn bewegt und nicht zu schwenken beginnt. In zu starken Bewegungen der Brücke in der Luft liegt die grösste Gefahr, gerade weil der Platz äusserst knapp ist.

In dieser Nacht herrscht wenige hundert Meter nördlich des Bahnhofs Münchenstein glücklicherweise nahezu Windstille. «Die Brücke wird nur so hoch ­angehoben, wie es nötig ist», erklärt Christoph von Felten, Projektleiter bei den SBB. «Je höher die Brücke in der Luft hängt, umso mehr ist sie dem Wind ausgesetzt.» Wenige Meter über dem Boden und rund 25 Meter über der Birs schwebt die Brücke nahezu deckungsgleich zum Bahntrassee in Richtung Delsberg. Die ersten Meter Wegdistanz schafft der Raupenkran nur mit seinem Arm. Anschliessend fährt der Kran selber mit seinen beiden rund zwei Meter hohen Raupen. Der Boden gerät in Bewegung, die Geräuschkulisse ist entsprechend laut.

Brücke und Kran werdenvor Ort demontiert

Mit Taschenlampen beobachten Mitarbeitende der SBB und der Baufirma die Brücke, die befestigten Seile und den Kran. Der Bauplatz ist überraschend wenig ausgeleuchtet, was das Schweben der 220 Tonnen in der Dunkelheit noch eindrücklicher wirken lässt. Alles läuft nach Plan. Präzisionsarbeit ist nötig, als die Brücke gegen Ende weniger als einen Meter neben dem Kranarm hängt. Die Brücke schwebt beeindruckend still und gefühlt elegant an den für sie vorgesehenen temporären Standort am Bauplatz.

Innert weniger Tage wird das 220 Tonnen schwere Stahlkonstrukt demontiert. Eine ganze Woche dauert es, um den Raupenkran vor Ort abzubauen, damit dieser schnellstmöglich auf einer anderen Baustelle zum Einsatz kommen kann.

Zukunft der zweiten Brücke offen

Die leicht nördlich der entfernten Brücke bereits installierte neue Brücke ähnelt in der Optik ihrer Vorgängerin. Das ist gemäss Christoph von Felten bewusst so gewählt, um dem historischen Kontext der beiden einspurigen Bahnbrücken über die Birs gerecht zu werden. Die interne Denkmalpflege der SBB und die kantonale Denkmalpflege Baselland wurden in die Planungen miteinbezogen. Die zweite Brücke mit Baujahr 1892, die birsabwärts liegt, soll im kommenden Februar entfernt werden. Unklar ist, was mit ihr danach passiert. Diese Brücke gilt als schützenswert und sollte erhalten werden. Es laufen auch von Seiten Kanton Baselland Abklärungen, wie und wo diese Brücke weiterverwendet werden könnte. Gemäss Terminplan der SBB soll die zweite neue Brücke Ende 2025 in Betrieb genommen werden können.

Die Entfernung der Brücke war ein Erfolg. Pünktlich um 4.55 Uhr konnten Bahn- und Tramlinie wieder freigegeben werden. Obwohl in dieser Zeitspanne sowieso keine Züge und Trams mit Fahrgästen verkehren, ist eine Totalsperrung stets eine grössere Sache. Dafür brauche es jeweils eine lange Vorlaufzeit, betont Projektleiter Christoph von Felten.

Anfang Mai wurde vor Ort mit den Arbeiten begonnen. In der Nacht von Montag auf Dienstag wurde der Kran platziert und die Brücke an vier Stellen an dessen Arm befestigt. Gut eine Stunde nach der ersten Bewegung wurde die Brücke abgelegt. Planer und Arbeiter konnten sich zufrieden die Hände schütteln.

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