Vom Industriegebiet zum Stadtquartier

Kunsthistoriker Thilo Richter zeigte auf einer Führung durch das Dreispitzareal auf, wie an manchen Orten schnell, an anderen langsam die Transformation voranschreitet.

Wahrzeichen des Areals: Die mittlerweile stillgelegten Bahngleise hätten die Gestaltung des Quartiers massgeblich geprägt, erklärt Kunsthistoriker Thilo Richter.  Foto: Tobias Gfeller
Wahrzeichen des Areals: Die mittlerweile stillgelegten Bahngleise hätten die Gestaltung des Quartiers massgeblich geprägt, erklärt Kunsthistoriker Thilo Richter. Foto: Tobias Gfeller

An der Kreuzung Lyon-Strasse/Frankfurt-Strasse bleibt Thilo Richter stehen und dreht sich lächelnd zu den gut 20 Teilnehmerinnen und Teilnehmern der von der Kulturkommission der Bürgergemeinde Münchenstein organisierten Führung. «Das ist eben das, was hier auch nervt.» Soeben brauste ein Auto an der Gruppe vorbei. Es ist augenscheinlich: Das Dreispitzareal wurde nicht für Fussgängerinnen und Fussgänger konzipiert. Auf 15 Kilometern Strassen durchs Quartier gebe es lediglich 250 Meter Trottoir, rechnet Richter vor. «Das Areal wurde nicht für Nutzungen mit Publikumsverkehr geplant.» Deshalb brauche es noch viele Investitionen, um das Areal zum Stadtquartier zu machen. Der angedachte Steg vom Freilagerplatz in die Merian- Gärten mache klar, dass auf dem Areal aber nie parkähnliche Räume zum Erholen entstehen werden. Einzelne Bäume als Schattenspender sind auf den sonst komplett versiegelten 500 000 Quadratmetern der Höhepunkt an grünem Wohlfühlfaktor.


Quartier ästhetisch keine Augenweide
Auf dem gut eineinhalbstündigen Rundgang durch das Quartier, auf dem Thilo Richter natürlich nur einen kleinen Teil des gesamten Areals zwischen Süd- und Nordspitze zeigen konnte, wurde deutlich, dass sich der Dreispitz in einem Transformationsprozess vom Industriegebiet zum Stadtquartier befindet. Der Kunsthistoriker weist immer wieder auf die mittlerweile stillgelegten Bahngleise hin, die die Gestaltung des Quartiers massgeblich geprägt hätten. Längst nicht überall ist die Transformation gleich weit fortgeschritten, im Gegenteil. Zumeist sind die Gebäudefassaden in die Jahre gekommen. Thilo Richter umschreibt die Situation der bescheidenen Ästhetik der Fassaden, dass man stets das Gefühl habe, man stehe hinter einem Baukörper, weil eben auch die Frontseite blass wirkt.

Dass die Transformation aber schon längst im Gang ist, zeigt sich eindrücklich auf dem Freilager-Platz, wo heute unter anderem das einstige Zollfreilager Platz für Büros und Wohnungen bietet, Kulturschaffende in renovierten Räumlichkeiten ihrer Kreativität nachgehen und 850 Studierende im 2014 eröffneten Neubau der Hochschule für Gestaltung und Kunst (HGK) der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) zwischen sieben Bachelor- und vier Masterstudiengänge auswählen können. «Als dieser Bau stand, da war klar: Jetzt geht es los», erinnert sich Thilo Richter an den gefühlten Startschuss der Transformation zum modernen Stadtquartier.


Lagerhalle als Studentenwohnheim
Auf dem Freilager-Platz zeigt sich, wie sich die Christoph-Merian-Stiftung (CMS) als Eigentümerin grosser Flächen auf dem Dreispitzareal die Entwicklung vorstellt. Es gehe nicht darum, alles komplett neu zu machen, betont Thilo Richter, der auch für die CMS arbeitet. «Es wird bei jedem Gebäude geprüft, ob es von der Qualität und der Architektur her Potenzial für eine anderweitige Nutzung hat.» Es müsse keinesfalls sein, dass alte Gebäude abgerissen und durch Neubauten ersetzt werden. Das zeigt sich am Beispiel eines ehemaligen Lagergebäudes der Roche. Dieses dient heute einem Architekturbüro als Hauptsitz und Studierenden als Wohnunterkunft. Daneben thront das moderne Hochhaus Helsinki, im Volksmund auch als «Diamant» bekannt, in dem Herzog & de Meuron unter anderem ihr Archiv gelagert haben.

Die grossflächige Transformation des Dreispitzareals wird möglich, da in den nächsten Jahren ein Grossteil der Baurechtsverträge ausläuft und so an jeder Strasse – die allesamt nach Städten, mit denen Basel einst Handel betrieben haben soll, benannt sind – und an jeder einzelnen Ecke geprüft werden kann, wie der Ort in Zukunft aussehen soll.

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