Verdichtung mit der Giesskanne?

Im Münchensteiner Quartier Zollweiden wehren sich Mieterinnen und Mieter gegen die Aufstockung von mehreren Wohnhäusern. Auch fürchten sie sich vor ­Mietzinserhöhungen infolge Sanierungen.

Wehren sich gegen die Pläne: Nadine Metzger und Mike Pfaff vor den fürs Quartier typischen Backsteinhäusern. Foto: Tobias Gfeller
Wehren sich gegen die Pläne: Nadine Metzger und Mike Pfaff vor den fürs Quartier typischen Backsteinhäusern. Foto: Tobias Gfeller

Im Zollweiden-Quartier herrscht Aufregung. Innerhalb von wenigen Wochen haben Nadine Metzger und Mike Pfaff, die beide an der Melchior-Berri-Strasse wohnen, ihren Widerstand aufgebaut. Mittlerweile sind rund 200 Personen Teil der Interessensgemeinschaft «IG Zollweiden». Sie wehren sich gegen die Pläne der Gemeinde Münchenstein, den bestehenden Quartierplan zu überarbeiten, um unter anderem den Eigentümerinnen und ­Eigentümern der Mehrfamilienhäuser eine Aufstockung um eine Etage zu ermöglichen, sowie gegen die geplanten umfangreichen Sanierungen der Liegenschaften. Sie wehren sich auch gegen die damit wohl verbundenen Mietzinserhöhungen. Mehrere hundert Bewohnerinnen und Bewohner sind betroffen.

Das Gebiet Zollweiden mit einer Grösse von rund 84500 Quadratmetern liegt grösstenteils östlich der Baselstrasse und reicht von dieser bis an die Birs. Es umfasst die Sondernutzungsplanung «QP Zollweiden» vom 18. März 1980. Mit einer «sanften Verdichtung» solle der Charakter der Siedlung nicht markant verändert werden, schrieb die Gemeinde im vergangenen Jahr. Das Areal wird in mehrere Entwicklungsbereiche aufgeteilt. Die Reiheneinfamilienhäuser werden einer Wohnzone zugeordnet und sind somit zukünftig nicht mehr Teil der Quartierplanung. Dadurch erhalten deren Eigentümerinnen und Eigentümer mehr Möglichkeiten zu baulichen Erweiterungen. Gegen dieses Vorhaben hat die IG nichts einzuwenden. Die Mehrfamilienhäuser werden in eine neue Quartierplanung überführt. Mit den dort möglichen Aufstockungen der bestehenden Mehrfamilienhäuser könnte zusätzlicher Wohnraum für rund 200 Personen geschaffen werden.
Was genau an Sanierungen der rund 40 Jahre alten Mehrfamilienhäuser angedacht ist, darüber würden die Bewohnerinnen und Bewohner im Unklaren gelassen, kritisieren Nadine Metzger und Mike Pfaff. Sie werfen der Gemeinde ungenügende Transparenz und Kommunikation vor. Dass über zehn Liegenschaftseigentümerinnen und -eigentümer beteiligt sind, erschwert die Sachlage zusätzlich, weil nicht alle die gleichen Pläne verfolgen würden.


«Das Zollweiden war mal ein Vorzeigequartier»

Bewohnerinnen und Bewohner fürchten um ihr Zuhause und um bezahlbaren Wohnraum. «Wir wissen nicht, ob wir während der Bauzeit hier wohnen bleiben können, ob wir uns künftig die Mieten noch leisten können und wie viele Menschen hier künftig leben werden», sagt Nadine Metzger. Gerade auch ältere Menschen und Familien hätten schockiert auf die Nachricht reagiert.

Vor einer Woche waren Nadine Metzger und Mike Pfaff für Gespräche bei der Gemeinde. Doch auch diese hätten keine ausreichende Klarheit gebracht. Sowohl von der Gemeinde wie auch von der ­Eigentümerschaft stehe die Drohung im Raum, dass die Häuser alternativ auch abgerissen werden könnten. Mike Pfaff kann all diese Drohungen nicht nachvollziehen, weil die Häuser grundsätzlich noch in einem guten Zustand seien.

Der zuständige Gemeinderat Daniel ­Altermatt (GLP) wohnt selber im Quartier und kennt die Situation vor Ort sehr gut. «Das Zollweiden war mal ein Vorzeigequartier. Nun ist es aber in die Jahre gekommen und die Liegenschaften müssen saniert werden.» Auf die Sanierungen und die damit verbundenen Mietzinserhöhungen habe die Gemeinde ohne neuen Quartierplan keinen Einfluss. Sanierungen führen in der Regel aufgrund des entstandenen Mehrwerts zu höheren Mietzinsen. Mit der Überarbeitung des Quartierplans erhalte die Gemeinde aber einen gewissen Einfluss, was auch den Bewohnerinnen und Bewohnern zugutekäme, versichert Altermatt. «Der Quartierplan ist der Versuch, einen Ausgleich zwischen den Interessen zu schaffen.» Das mit der Aufstockung mögliche Wachstum sei minim und ist beschränkt durch die Anzahl der heute bestehenden Parkplätze in der Tief­garage.
Daniel Altermatt wirft der IG Zollweiden vor, die Zusammenhänge einseitig darzustellen. «Ohne neuen Quartierplan könnten die Wohnhäuser sogar abgerissen und neu aufgebaut werden. Das wäre doch noch schlimmer.»

Der Quartierplan, der so erst in Entwürfen besteht, bestand die erste Kontrolle beim Kanton. Nun geht es für die Gemeinde darum, die privatwirtschaftlichen Verträge mit den Eigentümerinnen und Eigentümern auszuhandeln. Seit Dienstag besteht die Möglichkeit, den Quartierplan Zollweiden während der Schalterstunden als Ausstellung auf der Bauverwaltung einzusehen.
www.areale.mstein.ch/­zollweiden

 

 

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