Melancholie und Leidenschaft

Der Sänger Gary Wetz schlug mit seiner intimen Interpretation von Chansons Jacques Brels das Publikum in der Trotte in seinen Bann. Fabian Röthlisberger begleitete brillant am Klavier.

Leidenschaftlich, subtil und empathisch: Gary Wetz singt Jacques Brel. Foto: Thomas Brunnschweiler
Leidenschaftlich, subtil und empathisch: Gary Wetz singt Jacques Brel. Foto: Thomas Brunnschweiler

Thomas Brunnschweiler

Die Soirée am letzten Sonntag war ein Highlight des Programms der Kulturkommission der Bürgergemeinde. Bereits auf der CD von «Wash» hatte der Aescher Musiker Gary Wetz ein Chanson von Jacques Brel aufgenommen. Nun hat er mit seinem Kollegen Fabian Röthlisberger ein Dutzend Brel-Lieder einstudiert.

Der Begleiter, der am Klavier und am Wurlitzer-Electro-Piano spielte, schrieb teilweise die Orchesterfassungen um und recherchierte gar im Nachlass von Brel, um die Verzierungen der Begleitstimme richtig wiedergeben zu können. Gary Wetz hat sich in der Interpretation der Chansons von Jacques Brel merklich gesteigert. Brel zu interpretieren ist eine Gratwanderung zwischen reiner Imitation und zu freier Umsetzung.

Die körperliche Präsenz der schillernden Person von Brel lässt sich durch Imitation nicht erreichen. Und Gary Wetz ist feingliedrig und erinnert mit seinem schmalen Gesicht eher an den jungen Johnny Depp als an Brel. So war man gespannt, wie er mit dem musikalischen Material umgehen würde.


Eigener Zugang
Wetz arbeitet vor allem mit seiner Gestik und Mimik. Im Zentrum stehen die ausdrucksvollen Hände, die den Text kommentieren, und das Gesicht, das die Lieder selbst durchlebt oder gar durchleidet. Das Timbre von Wetz, der ein akzentfreies Französisch spricht, ist differenziert und lässt viel Potenzial erahnen. Bereits in «Le plat pays», das das flache Land der Nordsee besingt – «das meines ist», so Jacques Brel – war die ungeheure Präsenz dieses präzise artikulierenden Sängers zu spüren.

In «Il neige sur Liège» kam die einfühlsame, subtile Pianobegleitung Röthlisbergers voll zum Tragen. Satirisch und humorvoll, mit Grimassieren und Elan ging es mit «Les bonbons» weiter. «Je ne sais pas» interpretierte Wetz auf dem Saxophon, auf dem er ebenso ein Meister ist wie im Stimmlichen. Den monotonen Tagesablauf und die Einsamkeit des Schleusenwarts gibt das Chanson «L’éclusier» wieder, voller Melancholie, wie es die meisten Lieder des allzu früh verstorbenen Jacques Brel sind.

Nicht fehlen durfte natürlich «Amsterdam» mit seinen drastischen Bildern und der leidenschaftlich vorgetragenen Steigerung gegen Schluss, die einen Beifallssturm auslöste. Stillere Töne traf Wetz mit «Voir un ami pleurer» von 1977, einem der letzten Lieder von Brel, einer berührenden Hymne auf die Freundschaft. Mit der gespielten Abschätzigkeit des Gesellschaftsüberdrusses gab Wetz «Ces gens là». Als Zugabe sang er «Nantes», ein Chanson von Barbara, die bürgerlich Monique Serf hiess. Lang anhaltender Applaus für einen grossartigen Chansons-abend. Chapeau!

 

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