Leben auf hoher See: Die Weltmeere zu Gast in Münchenstein

Die Wanderausstellung «Life at sea!» erzählt vom Leben der 1,7 Millionen Seeleute, die auf den Weltmeeren unterwegs sind. Bis am 20. Juni ist sie im reformierten Kirchgemeindehaus zu sehen.

Landsicht: Nach mehr als einem halben Jahr auf See lässt dieser Seemann in einem chinesischen Hafen das Festland auf sich einwirken.Foto: Jerome Palattao/ITF Seafarers’ Trust

Während die einen dem Glück in der Sesshaftigkeit frönen, zieht es andere stets hinaus in die Welt, um neue Ufer zu entdecken. Zu den Letzteren gehören Seeleute, eine Berufsgruppe, der eine abenteuerliche Vorstellung anhaftet, über deren konkreten Arbeitsalltag aber wenig bekannt ist. Dabei sind Seeleute – vom Deckshelfer über den Schiffsmechaniker, vom Wachoffizier bis zum Kapitän  – für das Funktionieren des Welthandels unerlässlich. Handys, Kleidung, Kosmetik, Bananen – fast alles, was der Mensch täglich nutzt, kommt übers Meer. 90 Prozent des weltweiten Handelsvolumens wird per Schiff transportiert.

Um den Globus sind 1,7 Millionen Seeleute unterwegs. Wer auf einem Schiff anheuert, ist meist mehrere Monate am Stück unterwegs, arbeitet sieben Tagen die Woche mindestens zehn Stunden, ist immer abrufbar, hat kaum Kontaktmöglichkeiten zu seiner Familie und lebt auf engstem Raum mit Menschen unterschiedlichster Kulturen zusammen. Während es etwa in Europa Studiengänge für Nautik gibt – der Wissenschaft und Lehre zur Führung eines Schiffes –, sind für die einfachen Seeleute, die meist von den Philippinen oder aus Indien kommen, die Fahrtzeiten mitunter doppelt so lang. Hinter ihnen stehen oft grosse Familien, die abhängig von deren Einkommen sind. Um der Berufsgruppe zu mehr Beachtung zu verhelfen, findet seit 2010 jeweils am 25. Juni der von der International Maritime Organization (IMO) initiierte «Day of the Seafarer – Tag des Seefahrers» statt. Und im Kirchgemeindehaus der reformierten Kirche Münchenstein ist derzeit unter dem Titel «Life at sea!» eine Wanderausstellung zu sehen, die in Bild und Text einen Einblick in die Welt der Seeleute gewährt.

Sieben Monate unterwegs

Unter einem Foto von Seemann John etwa, der nachts im Hafen von Alexandria in Ägypten auf das Auslaufen des Schiffes wartet, steht: «Als Seeleute ist die Trennung von unseren Familien eine  Reise, die viel Mut erfordert. Wir tauschen das leibliche Gefühl des Miteinanders gegen Sicherheit und ein komfortables Leben.» Bilder wie Texte der Ausstellung erzählen einerseits von fast poetisch anmutenden Momenten auf hoher See, von Abenteuer und dem Stolz der Seeleute auf ihren Beruf.

Genauso zeigen sie aber auch die Gefahren, welchen die Arbeiter ausgesetzt sind. So ist auf einer Fotografie zu sehen, wie ein Mechaniker einen Stacheldraht um das Schiff montiert, als dieses eine Piratenzone im Golf von Aden, südlich Jemens, durchquert. Und unter einem Bild, das zeigt, wie ein Schiffsarbeiter den Blick über einen Hafen in China schweifen lässt, steht: «Nach sieben Monaten Arbeit an Bord ist das, was einem Landgang am nächsten kommt, immer noch einfach ein Blick aufs Festland.»

37 Einblicke in das Leben auf See

Die Deutsche Seemannsmission hat zusammen mit der britischen Wohltätigkeitsstiftung ITF Seafarers’ Trust einen Fotowettbewerb lanciert. Seeleute wurden eingeladen, Fotos von Leben und Arbeit auf hoher See zu machen und dazu Begleittexte zu schreiben. Eine Jury, bestehend aus Schifffahrtsexperten und nautischen Offizieren, hat daraus 37 Bilder für die aktuelle Wanderausstellung, «Life at sea!», ausgewählt. Es ist der dritte Fotowettbewerb dieser Art, denn das Projekt ist bereits im Jahr 2020 während der Pandemie entstanden, als Schiffe teilweise monatelang nirgendwo anlegen durften  – eine Zeit der Extrembelastung für die Seeleute. So hiess die erste Ausstellung, die Bilder aus dem Jahr 2020 zeigte, passend: «Noch immer auf See – Still at Sea». Organisationen wie die Deutsche Seemannsmission bieten für Seeleute etwa psychosoziale Notfallversorgung an, machen Bordbesuche und stellen in Häfen Freizeitangebote zur Verfügung.

«Einerseits sind wir als Kirchgemeinde lokal verwurzelt, andererseits Teil einer weltweiten Kirche. So bekommen wir immer wieder Angebote von weit her, wie etwa jenes für die Wanderausstellung», sagt Markus Perrenoud, Pfarrer bei der hiesigen Kirchgemeinde.

Schiff ist ein biblisches Motiv

Wo er den Zusammenhang zwischen Seeleuten und der Kirche sehe? «Es gibt etwa an Häfen wie in Hamburg, aber auch in Basel, kirchliche Seelsorge. Zudem ist das Schiff auch ein biblisches Motiv – man denke etwa an die Arche Noah oder Jesu Fahrt über den See Genezareth.»

Die Vernissage der Ausstellung fand am 23. Mai im Zusammenhang mit der «Langen Nacht der Kirchen» statt. «Mir gefällt an der Ausstellung, dass Seeleute nicht einfach als Opfer, sondern auch als selbstbewusste Menschen, die stolz ihre Arbeit machen, gezeigt werden», sagt Perrenoud. «Life at sea!» gastiert im Kirchgemeindehaus bis am 20. Juni. Parallel dazu findet auf dem Kirchenvorplatz vom 3. bis zum 18. Juni jeweils dienstags und mittwochs das Sommercafé für alle Generationen statt – eine Gelegenheit also, sich die Ausstellung anzusehen.

Fotoausstellung «Life at sea!», bis 20. Juni; Dienstag bis Freitag, jeweils 9–17 Uhr; reformiertes Kirchgemeindehaus, Lärchenstrasse 3, Münchenstein.

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