Interview mit Wilhelm Tell

An der 1.-August-Feier auf dem Sportplatz Au traf sich Gemeindepräsident Giorgio Lüthi zu einem fiktiven Gespräch mit Wilhelm Tell.

Gedanken zum Geburtstag der Schweiz: Gemeindepräsident Giorgio Lüthi über Digitalisierung und Polarisierung in der Politik.  Foto: Isabelle Hitz
Gedanken zum Geburtstag der Schweiz: Gemeindepräsident Giorgio Lüthi über Digitalisierung und Polarisierung in der Politik. Foto: Isabelle Hitz

Was würde Wilhelm Tell zur Politik von heute sagen? Was zur Digitalisierung und zu deren Einfluss auf die Gemeinschaft? Natürlich wisse er, dass der Schweizer Nationalheld historisch gesehen «nur» das Fantasieprodukt des deutschen Dichters Friedrich Schiller sei, so Gemeindepräsident Giorgio Lüthi. Das hinderte ihn jedoch nicht daran, seine Überlegungen zum Nationalfeiertag in einen kurzweiligen Dialog mit dem Schweizer Nationalhelden zu packen.


Polarisierung, Polemik und Protest
Giorgio Lüthi betonte, dass unser Wohlstand durch Zusammenhalt und Werte wie Freiheit, Zuverlässigkeit, Kompetenz, Sorgfalt, Vielfalt und Offenheit gewachsen ist. Diese Werte sieht er aber zunehmend in Gefahr und rief dazu auf, ihnen Sorge zu tragen. In der Schweiz sei früher stets lösungsorientiert politisiert worden, heute dagegen herrsche immer mehr Polarisierung, Polemik und Protest. «Zusammenhänge werden nicht erklärt und eingeordnet – sie werden auf eine Parole reduziert», so Lüthi. Selbstverständlich müssten Probleme angesprochen und ausdiskutiert werden. So würde das auch im Münchensteiner Gemeinderat gehandhabt. Streit sei dabei manchmal unvermeidbar und wichtig. Die daraus entstehenden Diskussionen würden zu kreativen Lösungen führen.

Als Kollegialbehörde trage der Gemeinderat gemeinschaftlich die Verantwortung. Dieses Kollegialitätsprinzip würde aber in letzter Zeit durch die Polarisierung in der Politik oft strapaziert. Was für Politiker würde sich wohl Wilhelm Tell wünschen? «Politiker, die dem Streit nicht aus dem Weg gehen, zur Sprache bringen, was sie für richtig halten, und notfalls gegen die eigene Partei Stellung beziehen und nicht in parteivorgegebenen Schablonen denken», ist Lüthi überzeugt.


Echtes Leben statt Social Media

Am Schluss seines Interviews mit Wilhelm Tell liess der Gemeindepräsident diesen noch einen kritischen Blick auf die digitalen Kommunikationsmöglichkeiten werfen. Zwar sei es heute möglich, per E-Mail, Facebook, Twitter und Co. andere an seinem Leben teilhaben zu lassen. Dadurch würde die Gemeinschaft aber nicht stärker zusammenwachsen: «Tiefe haben diese Kontakte nicht. Ganz im Gegenteil. Vor lauter Informationen, vor dauerndem Chatten vergessen wir, dass es da auch noch das echte Leben gibt.» Oft würden die Leute in ihre Smartphones starren und die
realen Menschen direkt neben sich ignorieren. In diesem Sinne forderte Lüthi die Festgemeinde auf, etwas «für das echte Leben» zu tun und sich auszutauschen und zu unterhalten.

Den Münchensteinern schien dies an der Feier auf der Au leichtzufallen. Die Stimmung war familiär und fröhlich und nach dem gemeinsamen Singen der Nationalhymne wurde ausgiebig diskutiert. Die Mittwuch’s Band Basel sorgte mit Dixie, Old Time Jazz und Blues für beschwingte musikalische Unterhaltung und Tanzlaune unter den Besuchern.

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