Giorgio Lüthi — mit Weitsicht und Hartnäckigkeit

Nach 16 Jahren im Gemeinderat – davon acht Jahre als Gemeinde- präsident – verabschiedet sich Giorgio Lüthi von der politischen Bühne. Er geht mit viel Vorfreude auf seine private Zukunft.

Auf dem Walzwerkareal: Für Giorgio Lüthi (CVP) steht das Areal sinnbildlich für den Wandel Münchensteins.   Foto: Tobias Gfeller
Auf dem Walzwerkareal: Für Giorgio Lüthi (CVP) steht das Areal sinnbildlich für den Wandel Münchensteins. Foto: Tobias Gfeller

Giorgio Lüthi wirkt alles andere als amtsmüde, wenn er über seine Tätigkeit als Gemeindepräsident spricht. Doch es sei keinesfalls so, dass ihm der Abschied schwerfallen würde, im Gegenteil. «Ich freue mich auf mehr Zeit mit meiner einjährigen Enkelin, auf die Musik, das Reisen und das Fotografieren.» Der passionierte Musiker spielt seit seiner Jugend Klarinette und Saxofon. Seit drei Jahren nimmt er in der Musikschule Münchenstein Klavierunterricht. Ihm ist klar: «Will ich mich da wirklich weiter verbessern, muss ich täglich eine bis zwei Stunden konzentriert üben.» Wie politisch und beruflich ist Giorgio Lüthi auch musikalisch ehrgeizig. Er will ein Instrument nicht einfach nur ein bisschen spielen können, sondern richtig gut. «Aus mir wird kein Konzertpianist mehr, aber ein gewisses Niveau will ich schon erreichen.»


Spontane Reisen
Dazu freut sich der 70-Jährige auf spontane Reisen – Ende Juli geht es für einen Städteausflug nach Hamburg, Ausflüge in den Bergen – immer mit dabei sein Fotoapparat – und eben viele schöne Hütestunden mit seiner Enkelin. Doch bevor sich der CVP-Politiker vermehrt seinen Hobbys widmen darf, musste er sich zuletzt mit den Herausforderungen der Corona-Pandemie auseinandersetzen. Nehme man die Stiftung Hofmatt und die Spitex als Beispiele, sei dies Münchenstein gut gelungen, resümiert Giorgio Lüthi.


Wohnen und arbeiten nebeneinander
Als Treffpunkt für das Abschiedsinterview mit dem Wochenblatt wählte Lüthi das Walzwerkareal. Es stehe für ihn sinnbildlich dafür, wie es Münchenstein gelang, aus ehemaligen Industrieflächen attraktive Wohn- und Arbeitsorte zu schaffen. Dabei brauchte es auch mal die Hartnäckigkeit des Gemeindepräsidenten, als es darum ging, Investoren davon zu überzeugen, dass hier jetzt nicht nur lukratives Wohnen, sondern eben auch Arbeiten erwünscht sei. Auf dem Dreispitzareal machte es Münchenstein hingegen vor, dass arbeiten und wohnen und sogar auch studieren nebeneinander funktionieren können, sofern dies alles gut geplant ist. Das Walzwerkareal stehe aber auch für die Zusammenarbeit im Birseck über die Gemeindegrenzen hinaus, da sich 13 000 der insgesamt 40 000 Quadratmeter Fläche auf Arlesheimer Boden befinden.


Konflikte mit dem Kanton
Giorgio Lüthi war es stets wichtig, als Gemeindepräsident ein offenes Ohr für die Bevölkerung und deren Anliegen zu haben. Spricht er über sein Wirken als Gemeindepräsident, so spricht er aber nur selten von sich alleine, sondern zumeist vom Gemeinderat als «wir». Dabei hebt er das 2011 an der Gemeindeversammlung – damals noch mit Lüthi als Gemeinderat — ohne Gegenstimme verabschiedete räumliche Entwicklungskonzept als Grundlage für die sechs Jahre später durchgeführte Zonenplanrevision hervor. Es war für Lüthi essenziell, diese folgenschweren Entscheidungen breit abzustützen. Bereits in den Vorbereitungen zu diesen versuchte er, Parteien und Interessensvertreter an einen Tisch zu holen. Mit dem Hochhauskonzept zeigte der Gemeinderat daraufhin auf, wo in Münchenstein Hochhäuser möglich sind und, wenn ja, wie diese in etwa aussehen sollen. Dabei verfolgten Lüthi und der Gemeinderat stets den Grundsatz «entwickeln ja, aber im Sinne von Nachhaltigkeit und Ökologie».

Dass Münchenstein vom Bundesgericht erlaubt bekam, von Investoren eine Mehrwertabgabe zu verlangen, war auch ein persönlicher Sieg des Gemeindepräsidenten. «Mit klaren Vorgaben wollten wir bei möglichen Investoren für Transparenz sorgen. Das wurde von diesen auch geschätzt.» Gerade dabei stellte Lüthi seine Hartnäckigkeit unter Beweis, die ihn schon beruflich bei der Clariant weit brachte. «Wenn ich etwas will, kann ich hartnäckig sein», meint Lüthi über sich selber und beschreibt damit auch sein Verhandlungsgeschick mit dem Kanton, der vom Münchensteiner Alleingang mit der Mehrwertabgabe oder der vom Gemeinderat gewünschten tieferen Mindestanzahl an Parkplätzen beim Quartierplan Dychrain gar nicht einverstanden war. Diese Hartnäckigkeit braucht Giorgio Lüthi künftig wohl nur noch mit sich selber – am
Klavier.

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