Gemeinden schieben Steuerrechnung an Kanton ab

Auch grosse Gemeinden verzichten zunehmend auf eine eigene Steuer­verwaltung. Münchenstein zeigt, warum.

Auslagerung: Münchenstein konnte die eigene Steuerverwaltung auflösen, ohne Angestellte zu entlassen. Symbolbild: Unsplash.com

Viele Menschen erhalten in der aktuellen Jahreszeit den 13. Monatslohn überwiesen. Ein willkommener Zustupf, den viele Haushalte zumindest zu einem Teil aufwenden, um die Steuerrechnung zu bezahlen. Ausgestellt wird die sogenannte Steuerveranlagung im Kanton Baselland entweder von der Wohngemeinde oder der Baselbieter Steuerverwaltung. Die Baselbieter Gemeinden können frei wählen.

Wie sich in den letzten Jahren beobachten lässt, geben immer mehr Gemeinden diese Aufgabe an den Kanton ab. Die kantonale Steuerverwaltung musste deshalb ausbauen und bezog vergangene Woche in Muttenz einen Aussenstandort. Von den insgesamt 86 Baselbieter Gemeinden erstellten dieses Jahr 27 Gemeinden die Steuerrechnungen selbst. Ab 2024 werden es nur noch 22 Gemeinden sein. «Das ist momentan der Trend», sagt Peter Nefzger, Vorsteher der Baselbieter Steuerverwaltung. Da vor allem grosse Gemeinden das Steuerwesen noch in den eigenen Händen halten, werden gleichwohl erst rund 40 Prozent der Steuerveranlagungen von unselbstständig erwerbenden Personen durch den Kanton erledigt. Zuletzt übergaben jedoch auch grosse Gemeinden diese Aufgabe an den Kanton. «Viele stellen sich dabei die Kostenfrage», sagt Nefzger.

Münchenstein sparteinen grossen Batzen

Neben den kleinen Gemeinden Buus, Tenniken und Läufelfingen übertrugen zuletzt auch Waldenburg, Arlesheim und Münchenstein die Aufgabe an die Baselbieter Steuerverwaltung. Auch für die Birsstadt war der Kostenfaktor entscheidend, wie Gemeinderat Andreas Knörzer (GLP) erzählt. Aufgrund der defizitären Budgetprognosen habe der Gemeinderat geprüft, wo er Kosten sparen könne, über hundert Massnahmen ausgemacht und schliesslich im politischen Prozess entschieden, welche er umsetzen wolle. Das grösste Sparpotenzial erkannte der Gemeinderat in der eigenen Steuerverwaltung. Vor zwei Jahren übertrug er die Aufgabe der Steuerveranlagung deshalb an den Kanton. «Dadurch spart Münchenstein jährlich zwischen 300 000 und 350 000 Franken ein», sagt Knörzer.

Dies, obwohl der Kanton jeder Gemeinde, welche die Steuerveranlagungen selbst durchführt, 30 Franken pro Veranlagung vergütet. Umgekehrt müssen die Gemeinden diesen Betrag leisten, wenn sie die Aufgabe an den Kanton abgeben. Knörzer sagt: «Vor allem wegen der Personalkosten rechnet sich die Auslagerung für Münchenstein.» Dass nun der Kanton die Steuerveranlagung übernimmt, habe auch andere Vorteile.

«Wir hatten ziemlich Mühe, bei Abgängen neue Angestellte zu finden», sagt der GLP-Gemeinderat. Dies habe wiederum zu Verzögerungen bei den Veranlagungen der Steuerrechnungen geführt. Die flüssigen Mittel der Gemeinde würden darunter leiden. Zudem sei es schwieriger, die Steuererträge zu prognostizieren. «Ein hoher Veranlagungsstand hilft, ein genaueres Budget zu erstellen», sagt Knörzer.

Münchenstein konnte die eigene Steuerverwaltung auflösen, ohne Angestellte auf die Strasse stellen zu müssen. Zwei Mitarbeiterinnen hätten sich frühpensionieren lassen, einer dritten Angestellten habe die Gemeinde eine andere Arbeit angeboten, und andere fanden extern rasch eine Stelle. Auch die Übergabe der Steueraufgabe an den Kanton sei sehr gut verlaufen, so Knörzer.

Er ist deshalb überzeugt, die Auslagerung sei ein probates Mittel, um die Gemeindefinanzen zu entlasten. Die Grundregel, nach der Gemeinden bloss 15 Prozent ihrer Ausgaben aktiv beeinflussen könnten, stimme nur bedingt. «Nicht alles, was gebundene Ausgaben sind, müssen wir selbst erledigen.»

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