«Dreispitz-Geheimwissen»

Im Rahmen der Veranstaltungsreihe «M wie Münchenstein» konnte am vergangenen Samstag ein seltener Blick hinter die Kulissen der weltweit gefragten Firma Blech­blas-Instrumentenbau Egger geworfen werden.

Haben einen seltenen Beruf: Instrumentenbauerinnen Xenia Garz (links) und Bettina Arndt
in der Werkstatt von Instrumentenbau Egger. Fotos: Florin Bürgler

Haben einen seltenen Beruf: Instrumentenbauerinnen Xenia Garz (links) und Bettina Arndt in der Werkstatt von Instrumentenbau Egger. Fotos: Florin Bürgler

Historische Entwicklung: Vom einfachen Rohr bis zur modernen Trompete.

Historische Entwicklung: Vom einfachen Rohr bis zur modernen Trompete.

Beim Betreten der Werkstatt der Firma Egger begrüsst einen eine grosse Bilderwand, die bereits andeutet, dass es sich hier um ein traditionsreiches Familienunternehmen handeln muss. Gegründet wurde Instrumentenbau Egger in den 1930er-Jahren am Klosterberg in Basel. Nach einem Abstecher ins Kleinbasel fand man im Jahr 2008 auf dem Dreispitz-Areal an der Venedig-Strasse in Münchenstein ein neues Zuhause.

Architektur- und Kunsthistoriker Tilo Richter, der die Veranstaltungsreihe «M wie Münchenstein» initiiert hat und die Münchensteiner Kulturkommission bei der Umsetzung der Führungen unterstützt, begrüsste die zahlreich erschienen Interessierten und meinte: «Das hier ist sozusagen Dreispitz-Geheimwissen. Hier läuft man ja nicht einfach so vorbei und viele dürften Instrumentenbau Egger wohl vorher noch nicht gekannt haben.» Das Ziel, genau dies zu ändern, hatte die angehende Instrumentenbauerin Bettina Arndt. Sie begann die Führung in einem kleinen Ausstellungsraum, in dem zehn Instrumente auf einem Tisch auflagen. Zu sehen waren hier vor Ort gefertigte Nachbildungen von historischen Originalen, die zeitlich vom 14. Jahrhundert bis in die Moderne reichten. Das älteste In­strument war nicht viel mehr als ein Rohr, dem mit ziemlich viel Anstrengung ausschliesslich Obertöne entlockt werden können – eingesetzt wurde dieses vor allem für Fanfaren. Der nächste Schritt war dann die Erfindung des ausziehbaren «Zugs», wie dieser bei der heutigen Posaune vorkommt. Mit der Zeit wurde das Schallstück, auch «Becher» genannt, immer grösser, was die Instrumente immer lauter werden liess. Als Nächstes präsentierte Instrumentenbauerin Arndt ein Vorläufer des Horns, in dem zum ersten Mal Windungen verbaut waren. Je länger das Rohr, desto tiefer die Tonlage – durch die Windungen bleibe das Instrument trotzdem noch handlich und spielbar.

Die nächste grosse Errungenschaft war dann das gezielte Setzen von Löchern in den Rohren, was die Tonerzeugung deutlich vereinfachte und das In­strument wohlklingender machte.

Kein Rohrkrepierer

Die Führung ging weiter in das Herz von Instrumentenbau Egger: die Werkstatt, wo alle Fertigungen und Reparaturen vorgenommen werden. Unter der Anleitung von Arndt konnten die Teilnehmenden selbst von Hand ein Trompetenrohr biegen. Beim ersten Versuch gab es gleich einen Knick im Rohr – doch wie sich herausstellen sollte, war das ein geplanter Vorführeffekt. Denn um genau das zu verhindern, füllt man das Rohr vor dem Biegen mit «Cerrobend», einem Metall mit einem sehr niedrigen Schmelzpunkt und der Eigenschaft, sich beim Erkalten auszudehnen. Danach erhitzt man es in Öl, wodurch die Füllung einfach wieder rausläuft und ein sauber geformtes Trompetenrohr zurücklässt.

Ebenfalls vor Ort war die Instrumentenbauerin Xenia Garz, die einen Einblick in die Beweggründe für ihre eher aussergewöhnliche Berufswahl gab: «Ich war damals Teil eines Orchesters und kam darüber damit in Kontakt. Dort habe ich dann schnell eine grosse Faszination für diesen Beruf entwickelt.» Bei ihrem Lehrabschluss als Blechblas-Instrumentenbauerin sei sie schweizweit eine der Einzigen gewesen. In der Schweiz gebe es noch ein paar wenige weitere Adressen, wo sie hätte arbeiten können, doch der Fokus auf den historischen Instrumenten, wie das bei Egger der Fall ist, habe sie von Anfang an gepackt. «Am meisten gefällt mir die Vielfalt der Tätigkeiten. Vor allem wenn es Spezialaufträge sind, muss man sich immer neu reindenken, da jedes Instrument einzigartig ist», meint Garz.

Von Münchenstein in die ganze Welt

Bei Egger liege die Kernkompetenz klar auf dem Nachbau historischer Instrumente, die von der Renaissance bis in die Romantik reichten. Das Ziel sei dabei, den Klang der Originale möglichst gut einzufangen, aber gleichzeitig die Spielbarkeit zu verbessern.

Jährlich gehen so mehrere hundert Instrumente durch die Hände der rund 15 Mitarbeitenden bei Egger – und von dort aus in die ganze Welt, wo ihnen auf den grossen Konzertbühnen neues Leben eingespielt wird.

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