«Die Überbauung wirkt wie ein Gefängnis»

Das Nein-Komitee zur vanBaerle-Überbauung stört sich an den Dimensionen des Quartierplans. Die viel gepriesene Nachhaltigkeit sei Augenwischerei.

Nein-Komitee (v.l.): David Huggel, Alfred Speiser, Isabelle Viva und Stefan Haydn, hier in der Schützenmattstrasse mit Blick Richtung vanBaerle-Areal. Foto: Tobias Gfeller
Nein-Komitee (v.l.): David Huggel, Alfred Speiser, Isabelle Viva und Stefan Haydn, hier in der Schützenmattstrasse mit Blick Richtung vanBaerle-Areal. Foto: Tobias Gfeller

«Schauen Sie, es hat fast keinen Platz durch diese Strasse.» Stefan Haydn zeigt auf einen grossen Lastwagen, der sich beim Restaurant Birseck um die Kurve in die Schützenmattstrasse zwängt. Für den Präsidenten der SVP Münchenstein ist klar: «Das Mobilitätskonzept wird in der Praxis nicht funktionieren. Es hat hier für so viele Leute schlichtweg keinen Platz auf den Strassen.»

Haydn ist Teil des Referendumskomitees, das die vanBaerle-Überbauung am 26. September an der Urne zu Fall bringen möchte. «Alles zu viel und zu dicht», schimpft Isabelle Viva. Noch ist sie Mitglied der Münchensteiner Grünen. «Aber nicht mehr lange», wie sie klarstellt. «Ich werde austreten. Wie das mit der Parolenfassung für den Quartierplan gelaufen ist, kann ich nicht akzeptieren.» Der Vorstand der Grünen habe alleine – und dies erst noch knapp mit nur vier Ja-Stimmen bei sieben Mitgliedern – entschieden, die Ja-Parole für den Quartierplan zu fassen. «Die Partei und damit die Basis wurden gar nicht erst gefragt», klagt Viva.

Zieht Überbauung nur Ärmere an?

Die Grünen sind nicht die einzige Partei, die in der Sache vanBaerle gespalten ist. Auch bei der SP war die Parolenfassung knapp und gemäss Stefan Haydn gebe es auch bei der SVP Exponenten, die sich für die Überbauung starkmachen. Der Quartierplan spaltet das politische Münchenstein wie selten eine Abstimmung zuvor. Für das Referendumskomitee ist aber klar: Eine solche Überbauung in diesen Dimensionen an diesem Standort darf es nicht geben. Stefan Haydn glaubt nicht, dass damit das Ziel erreicht werde, gute Steuerzahlerinnen und Steuerzahler anzulocken. «Die Überbauung wirkt wie ein Gefängnis. Da will doch niemand wohnen, der Geld hat.» Das Gegenteil sei der Fall, befürchtet auch Anwohner Alfred Speiser, der vor Jahren Mitglied der SP war. «Es werden wohl viele ärmere Leute – zum Beispiel Sozialhilfeempfänger – hier wohnen. Die Rechnung des Gemeinderats wird nicht aufgehen, weil er auch die Investitionen in die Umgebung unterschätzt.» Speiser und auch Viva betonen, dass es wichtig sei, dass auch ärmere Leute bezahlbaren Wohnraum vorfinden. Aber in dieser Form sei dies der falsche Ansatz.

Nachhaltigkeit nur ein Vorwand?

Das Nein-Komitee ist überzeugt, dass durch die Überbauung die Schulen, die heute schon sehr ausgelastet seien, die Kinderzahlen nicht mehr bewältigen werden können. «Es fehlt auch diesbezüglich eine Strategie», mahnt Isabelle Viva. Für David Huggel, der an der Gemeindeversammlung versucht hatte, per Antrag die Gebäude zu verkleinern, geht es auch um Verhältnismässigkeit, was das Quartier ertragen kann. Dass das Ja-Komitee nun die Nachhaltigkeit des Quartierplans mit der Zertifizierung SNBS und Minergie A unterstreicht, löst bei Huggel nur müdes Kopfschütteln aus. «Dieser Standard kann eben gar nicht eingehalten werden, weil zu wenig Energie auf dem Areal selber produziert wird und deshalb Energie zugekauft werden muss.» Und überhaupt, erinnert Gemeindekommissionsmitglied Huggel, könne ein Bau mit so viel Beton gar nicht erst nachhaltig sein.

Dass die Befürworterinnen und Befürworter die Einkaufsmöglichkeiten im geplanten Quartier unterstreichen, ist für Anwohner Alfred Speiser «ein Hohn». Dieser kleine Quartierladen werde die Versorgungsproblematik im Gstad nicht beheben. Zudem werde in Münchenstein schon genug gebaut.

Dem Nein-Komitee sei es grundsätzlich ein Anliegen, zu betonen, dass man nicht per se eine Bebauung des vanBaerle-Areals verhindern möchte, stellt Isabelle Viva klar. «Aber nicht in diesen Dimensionen!» David Huggel präzisiert: «Da können auch ‹Plus Energie›-Bauten mit einer Höhe von 30 Metern zu stehen kommen. Aber es muss ökologisch und architektonisch einfach zusammen und nachhaltig in die Umgebung passen. Das ist mit dem vorliegenden Vorschlag überhaupt nicht der Fall.»

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