«Der Mensch ist hier Gefahr und Hilfe zugleich»
Der frisch sanierte Weiher auf der Schiffliparzelle bei der Tramhaltestelle Schaulager ist neu Teil der Ausstellung «Wildes Baselbiet» im Museum.BL in Liestal.

Seit März 2014 läuft im Museum.BL die Ausstellung «Wildes Baselbiet». Mit Bildern, Filmen und Informationstafeln werden darin Naturschätze aus den Gemeinden vorgestellt. Jedes Jahr kommen drei weitere Gemeinden und damit Naturschätze hinzu. Welche das sind, wird in einer Online-Abstimmung auf der Museumswebsite und in der Ausstellung über das «Gemeindekässeli» entschieden. Nach dem Ausstellungsstart, für den das Museum neun Gemeinden – darunter Münchenstein mit dem alten Tramtrassee am Rigiweg – bestimmt hatte, wurde Münchenstein vor einem Jahr erstmals über die Abstimmung für die Ausstellung nominiert. Kuratorin Ila Geigenfeind, die Gemeinde und der Natur- und Vogelschutzverein Münchenstein entschieden sich für den Schiffliweiher zwischen den beiden Armen der Emil-Frey-Strasse neben der Tramhaltestelle Schaulager als ausstellungswürdigen Naturschatz.
Im 2024 von der Gemeinde Münchenstein sanierten Weiher legen jährlich mehrere hundert Amphibien im Frühjahr ihren Laich ab. Anschliessend ziehen sie sich zurück an feuchte Orte in Gärten, Kellerabstiege, unter Laubhaufen und Sträucher und jagen in der Dämmerung Insekten. Aus dem Laich schlüpfen Kaulquappen, die im Frühsommer zu Erdkröten und Bergmolchen werden. Die Wintermonate verbringen die Amphibien in der Winterstarre im Waldstück Fiechtenhölzli.
Um im Februar und im März zurück zum Weiher zu kommen, müssen die Amphibien mehrere Strassen überqueren. Jedes Jahr kam es zu regelrechten «Amphibienmassakern» von überfahrenen Kröten und Molchen, berichtet Pit Schmid, stellvertretender Leiter des Museum.BL und Vizepräsident des Natur- und Vogelschutzvereins Münchenstein.
Der Schiffliweiher wurde ursprünglich in den 1980er-Jahren für Fische erbaut. Später sei der Weiher immer mehr von Amphibien in Beschlag genommen worden, so Schmid. Der Schiffliweiher entwickelte sich so zu einem wertvollen Habitat, umgeben von viel befahrenen Verkehrsachsen inmitten des Siedlungsgebiets. 2011 wurde der Weiher ein erstes Mal saniert. Weil der Lehm undicht wurde und der Verlandungsprozess die Wasserfläche verkleinerte, musste der Weiher 2024 erneut saniert werden.
Der flache Wasserbereich ist mit Trittsteinen auch für den Menschen begehbar, damit unter anderem die Kaulquappen aus der Nähe beobachtet werden können. Der tiefe Wasserbereich ist mit einem Zaun umgeben, damit die Tiere dort ungestört bleiben. Der Schiffliweiher sei auch für andere Lebewesen und Pflanzen ein wertvoller Lebensraum, erklärt Schmid. Mit Tischen und Bänken wurde dafür gesorgt, dass der Naturschatz auch für den Menschen einen wertvollen Aufenthaltsort bietet
Dank der Begehbarkeit des Areals und der Beobachtungen der Amphibienwanderungen hat der Schiffliweiher auch didaktisch eine grosse Bedeutung. «Es kommen Schulklassen hierher, und Kinder aus dem Quartier bekommen die Wanderungen und Entwicklung der Tiere aus nächster Nähe mit», betont Schmid.
Mit Kesseln und persönlichem Einsatz Todeszahlen reduzieren
Für Kuratorin Ila Geigenfeind steht der Schiffliweiher beispielhaft dafür, wie Natur- und Siedlungsgebiete eng verknüpft nebeneinander funktionieren können: «Der Mensch ist hier Gefahr und Hilfe zugleich.» Organisiert vom Natur- und Vogelschutzverein, kümmert sich jedes Jahr eine Gruppe Freiwilliger um die wandernden Amphibien. Der Werkhof der Gemeinde Münchenstein hat entlang des Waldstücks Fiechtenhölzli einen speziellen Zaun aufgestellt und Kessel vergraben.
Beginnen die Kröten und Molche im Frühjahr bei steigenden Temperaturen zu wandern, fallen sie in die Kessel, die vor Fressfeinden geschützt sind. Mitarbeitende des Werkhofs bringen werktags die Amphibien jeden Morgen zum Schiffliweiher. Abends und am Wochenende leeren Freiwillige die Kessel. «Der Schiffliweiher steht auch beispielhaft dafür, was im Naturschutz möglich ist, wenn verschiedene Menschen und Parteien an einem Strang ziehen», lobt Geigenfeind. Die Todeszahlen konnten mit den Massnahmen massiv gesenkt werden.


