Neues Zuhause mit «Wau-Effekt»

Ein Münchensteiner Verein vermittelt seit zehn Jahren in Not geratene Berner Sennenhunde an neue Plätze – und das in der ganzen Schweiz.

Haben sich gefunden: Berner-Sennenhund-Rüde Marley mit seiner Besitzerin Mirjam Wiederkehr (l.) und Vereinspräsidentin
Haben sich gefunden: Berner-Sennenhund-Rüde Marley mit seiner Besitzerin Mirjam Wiederkehr (l.) und Vereinspräsidentin

Er gehört zur Schweiz wie der Käse, die Schokolade und das Matterhorn: der Berner Sennenhund. Wer denkt dabei nicht direkt an den lieben, dreifarbigen «Bäri» mit dem langen Zottelfell, der gemütlich vor einem Bauernhaus in den Alpen liegt? Der grosse Hund mit der symmetrischen weissen Blesse am Kopf ist sowohl in der Schweiz als auch im Ausland sehr beliebt. Er gilt als menschenbezogen, freundlich und sehr anhänglich. Dennoch ist der Berner Sennenhund ein kräftiger und willensstarker Hund, der beschäftigt werden will.

Christa Kropik, Präsidentin vom Verein «Berner Sennenhunde in Not Schweiz» (BSiN) in Münchenstein, setzt sich seit über zehn Jahren ehrenamtlich für die beliebte Hunderasse ein. «Die kleinen Welpen sind süss, tollpatschig und ihr Fell kuschlig – schnell verliebt man sich in die kleinen Teddys. Doch sobald die Hunde etwas grösser werden, brauchen sie Beschäftigung, sowohl körperlich als auch geistig», erklärt Kropik.

Der Berner Sennenhund werde oft als idealer Familienhund gesehen, der ruhig und genügsam sei und nur wenig Beschäftigung brauche. In Wahrheit sei es jedoch eine aktive Hunderasse, die gefordert werden möchte. Mit der modernen Zucht, die den Hund immer sportlicher und langbeiniger mache, habe sich das nochmals verstärkt, betont Kropik. Besonders Familien mit kleinen Kindern oder ältere Menschen kämen schnell an ihre Grenzen, wenn der Hund unterfordert ist und deshalb unruhig oder gar rüpelig wird. Der vierbeinige Freund wird zunehmend zur Belastung, bis die Besitzer ihn schliesslich abgeben müssen.


Strenge Kriterien für Adoption
In solchen Fällen hilft der Münchensteiner Verein, der in Not geratene Hunde aus der ganzen Schweiz rettet. «Wir besuchen den Hund, wenn immer möglich, zuerst in seinem Zuhause und lassen uns von den Besitzern etwas über ihn und seine Geschichte erzählen. Dann organisieren wir eine Pflegestelle in einer Tierpension», so Kropik. Ein eigenes Tierheim betreibt der Verein nicht. Viele Besitzer seien erst einmal irritiert, dass ihr Hund nicht direkt in eine neue Familie vermittelt werde. «Es ist für uns sehr wichtig, den Hund in einer sicheren und neutralen Umgebung zuerst kennen zu lernen und allfällige Probleme zu entdecken. Die Mitarbeitenden in den Tierpensionen sind ausgebildet und wissen auch, wie man mit gestressten Hunden umgeht.» Die «Bäris» bringen teilweise auch körperliche oder geistige Defizite mit. Da brauche es zu Beginn Profis, die den Hund richtig einschätzen, erklärt Kropik.


Adoptionsvertrag und 500 Franken Gebühr
Sind die Hunde angekommen und mental wieder ausgeglichener, wird anschliessend der richtige Platz gesucht. Bewerberinnen und Bewerber hat der Verein mehr als genug, doch nicht alle würden die strengen Kriterien für eine Übernahme erfüllen, sagt Kropik. «Wir überlegen uns immer, welcher Hund zu wem passt. Bei uns kann man sich keinen Hund aussuchen.» So kann der Verein vermeiden, dass vermittelte Hunde wieder zurückgegeben werden.

Der Erfolg gibt Kropik und ihrem Team recht: In den letzten zehn Jahren musste der Verein nur in Einzelfällen einen vermittelten Hund zurückholen und neu vermitteln. Viele Interessierte würden eine längere Wartedauer in Kauf nehmen, um den perfekten Hund zu finden. «Unser Ziel ist es, das beste Zuhause für jeden einzelnen Hund zu finden» Deshalb wird jeder Platz zuerst persönlich besichtigt, bevor vermittelt wird. Die Übernahmegebühr beträgt 500 Franken, zudem verpflichten sich die Bewerber mit dem Adoptionsvertrag zu einem verantwortungsvollen Umgang mit ihrem Schützling. «Wir begleiten die Hunde und ihre Besitzer in der Regel ein Hundeleben lang. So entstehen viele Freundschaften. Wir sind quasi eine grosse Familie», lacht Kropik.


Ehrenamtliche Arbeit braucht Zeit
Christa Kropik kam im Jahr 2006 auf der Suche nach einem Hund für sich selbst mit dem deutschen Verein
«Berner Sennenhunde in Not e.V.» in Kontakt. Berner Sennenhunde aus ganz Europa wurden dort aufgenommen und vermittelt. Nach ihrem Besuch in Deutschland gründete Christa Kropik in Münchenstein die Schweizer Sektion des Vereins. 2010 wurde die Sektion als eigenständiger Verein im Handelsregister eingetragen. Nach wie vor arbeiten der deutsche und der Schweizer Verein eng zusammen.

Jahrelang hielt Christa Kropik selbst Berner Sennenhunde; heute hat sie keinen Hund mehr. «Wir sind sehr streng bei der Vermittlung unserer geretteten Hunde. Da muss ich bei mir natürlich auch konsequent sein. Ich habe aktuell einfach nicht die Kapazitäten, einem Berner Sennenhund gerecht zu werden. Die ehrenamtliche Arbeit für den Verein beansprucht viel Zeit, da hat ein eigener Hund momentan leider keinen Platz», sagt Christa Kropik, die zusammen mit ihrem Mann auf dem Walwerk ein IT-Unternehmen führt.


Marley: Der Pflegehund, der blieb
Einer der etwa 12 bis 16 Hunde, die der Verein jährlich vermittelt, ist Marley. Der viereinhalbjährige Rüde kam vor zwei Jahren zu Vorstandsmitglied Mirjam Wiederkehr, die ihn als Pflegehund aufnahm. «Marley wurde an einer Säule angebunden gehalten und hatte körperliche Beschwerden. Bei Mirjam Wiederkehr durfte er zur Pflege einziehen – und blieb. Wiederkehr hatte damals bereits zwei Sennenhunde – Bäri und Lajara – doch der süsse Marley hatte es ihr angetan. «Ideal wären sicherlich zwei Hunde, nun sind es halt drei geworden», schmunzelt Wiederkehr. Marleys Geschichte zeigt exemplarisch, dass die grossen Hunde gesundheitliche Probleme entwickeln können, die rasch teuer werden. Deshalb sollten Interessenten über genügend finanzielle Mittel verfügen. «Eine Operation kann schnell mehrere tausend Franken kosten. Dessen muss man sich allgemein bewusst sein, wenn man sich ein Tier anschafft», sagt Kropik. Wer sich für einen Berner Sennenhund interessiert, kann sich bei BSiN melden. Da es jedoch mehr Interessenten als zu vermittelnde Hunde gibt, muss mit einer längeren Wartefrist gerechnet werden. Wer den Verein unterstützen will kann Gönner oder Gönnerin werden.

www.bsin.ch

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