Nach 20 Jahren nehmen sie den Hut

Johanna Schwarz und Georg Darvas geben die Leitung von neuestheater.ch in neue Hände. Aus diesem Anlass hat sich das ­«Wochenblatt» mit ihnen getroffen.

Leidenschaftliche Verrücktheit: Georg Darvas und Johanna Schwarz haben ihr Theater mit viel Hingabe grossgezogen. Foto: Caspar Reimer
Leidenschaftliche Verrücktheit: Georg Darvas und Johanna Schwarz haben ihr Theater mit viel Hingabe grossgezogen. Foto: Caspar Reimer

Es ist eine leidenschaftliche Verrücktheit, die Georg Darvas und Johanna Schwarz während 20 Jahren geleitet ­hatte: «Diese braucht es, um ein Kulturhaus erfolgreich zu führen. Man muss Unternehmer sein, darf sich nicht als ­Angestellter fühlen.

Dieses Engagement gibt einem auch die Überzeugungskraft, um andere zu begeistern.» Das sagt Johanna Schwarz im Gespräch mit dem «Wochenblatt» am vergangenen Montagnachmittag, im wohligen Sonnenlicht an einem Klapptisch vor dem eigenen Theater am Bahnhof Dornach-Arlesheim sitzend. Mit dabei ist natürlich Georg Darvas, der zusammen mit ihr das neuestheater.ch seit 20 Jahren leitet, er in künstlerischer, sie in administrativer Hinsicht.

Im Jahr 2001 auf der anderen Seite der Bahngleise als das «Das Neue Theater am Bahnhof» gegründet, ist daraus bis heute ein kultureller Mehrspartenbetrieb entstanden, der sich Leuchtturm seiner Art in der Region nennen darf.

Die leidenschaftliche Verrücktheit ist das innere Feuer für das Engagement des Theaterduos, doch nicht minder wichtig für den Erfolg ist die Pflege eines grossen Netzwerks, wie Georg Darvas erzählt: «Ein gutes Kulturhaus muss Kontakte zu allen Teilen der Bevölkerung pflegen, offen sein für Neues und die Bühne für alle an Kultur interessierten Gruppen be­spielen.»

Gefasst und in Stille

Mit dem Ende der laufenden Saison geben Georg Darvas und Johanna Schwarz ihr «grossgezogenes Kind», wie sie es nennen, in andere Hände. Für beide ­endet damit ein engagierter und auf­regender Lebensabschnitt. Über den Abschied sagt Georg Darvas: «Bei der Eröffnung des neuen Gebäudes anno 2015 hatte ich geplant, es noch fünf Jahre zu machen, nun sind sechs daraus geworden. Also hatte ich in den vergangenen Jahren immer auf das Ende dieser Periode hingelebt, weshalb ich den Abschied mit Fassung trage.» Die Entscheidung, ­diese Periode ihres Lebens zu beenden, haben weder er noch sie je angezweifelt, denn für das Theater sei ein Generationenwechsel wichtig. Und ausserdem: «Ein Kulturhaus zu führen, das finanziell nicht auf Rosen gebettet ist, braucht sehr viel Kraft.» Die aktuelle Saison, die ­wegen der behördlichen Massnahmen gegen das Virus eine andere war, als die ihr zuvorgekommenen, bedeutete für Johanna Schwarz «ein Abschiednehmen in Stille.» Inszenierungen, wie die Jubiläumsproduktion «Die Fledermaus» mussten pausieren, andere Aufführungen wurden verschoben. «In dieser Zeit bin ich häufig durch die Theaterräume spaziert oder alleine im Saal gesessen. Dies auch in Anerkennung dafür, was wir alle für dieses Haus geleistet haben und es nun als das dasteht, was es ist.»

20 Jahre Erinnerungen

Beide, Georg Darvas und Johanna Schwarz, nehmen Erinnerungen mit, die ihr Leben prägen. Für ihn als künstlerischen Leiter gehören die Begegnungen mit Schauspielern und anderen Kulturschaffenden zu den Höhepunkten. Und über eine seiner eigenen Inszenierungen sagt ausgerechnet er, der seinen eigenen Werken oft kritisch gegenübersteht: «Die Inszenierung von ‹Warten auf Godot› aus dem Jahr 2019 war wirklich sehr gut ­gekommen. Da hatte ich das Gefühl, dass von A bis Z alles stimmt.» Besonders intensiv seien die Phasen der Standortwechsel gewesen: Nachdem die ursprüngliche Spielstätte im ehemaligen Dorfkino im Sommer 2011 einer grossen Überbauung weichen musste, fand das Theater in der ehemaligen ­Druckerei am Stollenrain 17 in Arlesheim eine provisorische Bleibe: «Der Aufbau in der Druckerei war mit enormem Aufwand verbunden», erzählt Schwarz. Der Raum musste stubenrein gemacht, behördliche Auflagen erfüllt und Notausgänge errichtet werden. «Finanziell hätten wir das nicht stemmen können. Aber unser Publikum hat innert kürzester Zeit 70000 Franken gespendet, damit wir und unser Team weitermachen konnten. Das war grossartig.»

Bei diesem, wie auch beim zweiten Umzug 2015 sei es zu keinem Unter-bruch des regulären Betriebs gekommen. Mit der Jubiläumsproduktion, ­Johann Strauss’ Operette «Die Fledermaus», schliesst sich ein Kreis: Denn sie war nicht nur kurz nach der Gründung des Theaters aufgeführt worden, sondern damals auch als eine Art Statement zu verstehen: «Wir wollten mit einer grossen Inszenierung anfangen, uns hörbar ­machen, Aufmerksamkeit erregen. Es brauchte dazu diese Verrücktheit, in diesen Platzverhältnissen grosses Musiktheater machen zu wollen.» Die Aufmerksamkeit war gegeben, auch bei einem breiteren Publikum. Für Darvas war die Inszenierung der Fledermaus zudem die Erfüllung eines Traumes: «Ich war als Kind mit meinen ­Eltern in Wien schon zur Operette gegangen. Diese hat mich immer fas­ziniert.»

Noch nicht ganz fertig

Noch bis Anfang Juni wird die Bühne unter ihrer Leitung bespielt, am 12. Juni soll, wenn die Pandemie es zulässt, ein Abschiedsfest mit Schlüsselüber-gabe stattfinden und im Oktober startet neuestheater.ch mit einem neuen Team. Pünktlich zum nächsten Saisonstart soll ausserdem ein Bildband mit Geschichten und Impressionen der letzten 20 Jahre erscheinen. Über ihre Zukunft sagt ­Johanna Schwarz: «Mir ist es ganz wichtig, jetzt keine künstlerischen Pläne zu haben. Ich habe viel Lebenskraft in dieses Haus gesteckt und käme mir untreu vor, parallel schon mit einem anderen Projekt beschäftigt zu sein. Sicher ist, dass ich das Theater als Besucherin aufsuchen werde.»

Für Georg Darvas sieht die Situation etwas anders aus, denn, wie er zum Schluss des Interviews verrät, wird er das Theater eben noch nicht gleich verlassen: «Die neue Leitung hat mich angefragt, ob ich die Hauptrolle in einem Stück übernehmen würde.» Anfänglich war er nicht sicher, hatte andere Pläne, aber schlussendlich hatte er doch zugesagt. Schliesslich ist es eine Ehre, im neuestheater.ch auf der Bühne zu spielen.

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