Kein Ende in Sicht

Seit drei Jahren steht die Baustelle am Juraweg 13 in Dornach still. Jetzt sind alle Verfahren eingestellt, der Architekt insolvent. Wann der Bau fertig­gestellt wird, bleibt unklar.

Anthroposophisches Ensemble: Das letzte der vier Häuser wird seit Jahren nicht fertiggestellt. Foto: Marianne Vetter
Anthroposophisches Ensemble: Das letzte der vier Häuser wird seit Jahren nicht fertiggestellt. Foto: Marianne Vetter

Vor fast genau drei Jahren, am 23. März 2018, verfügte der Dornacher Bauverwalter Martin Zweifel einen Baustopp bei ­einem Gebäude am Juraweg 13. Grund ­dafür waren diverse Differenzen zwischen realisiertem Bau und bewilligtem Bau­gesuch, hiess es damals von Seiten der Bauverwaltung. Architekt und Totalunternehmer John C. Ermel demonstrierte ein Jahr später vor der Gemeindeverwaltung Dorn­ach mit einigen Bauarbeitern gegen den Entscheid und sprach von «unhaltbaren Zuständen» auf der Bauverwaltung, gar von «Filz, Seilschaften und Willkür» war die Rede. Gemeindepräsident Christian Schlatter stellte sich vor den angegriffenen Bauverwalter und dementierte die Vorwürfe. Es war ein hitziger Höhepunkt in einem seit Jahren anhaltenden Streit zwischen Architekt, Nachbarn und Gemeinde. Seither hat sich – zumindest auf der Baustelle – nichts mehr getan. Noch immer liegen angebrochene Colaflaschen und angebissene Döner auf den Tischen im unfertigen Haus – die Handwerker hatten die Baustelle 2018 sofort verlassen müssen.

Immer wieder waren John Ermel und sein anthroposophisches Häuserensem­ble in der Nähe des Goetheanums in den Schlagzeilen. Unzählige Menschen aus Dornach und der Umgebung wandten sich in den vergangenen drei Jahren an das «Wochenblatt», einige davon auch an den Gemeinderat. Sie forderten, die Exekutivbehörde solle in der Sache endlich eine Lösung am «runden Tisch» herbeiführen.

Keine hängigen Verfahren mehr

Doch so einfach ist die Sache nicht: ­Wegen diverser hängiger Verfahren seien dem Gemeinderat immer wieder die ­Hände gebunden gewesen, sagt Gemeindepräsident Christian Schlatter. Denn seit 2013, als der Bau am Juraweg 13 von der Dornacher Bauverwaltung unter dem damaligen Leiter Stefan Zumthor bewilligt wurde, stapeln sich bei den Gerichten Einsprachen, Beschwerden und Rekurse. Im November vergangenen Jahres wurde die letzte Beschwerde von Architekt John Ermel vor Bundesgericht abgewiesen, nun sind keine Verfahren mehr hängig. Ermel ist insolvent. Sein Unternehmen «Planwerk 3 – Architektur und Design» ist im Handelsregister gelöscht. Der ­Architekt steht vor einem Schuldenberg. Die Käuferschaft der noch nicht fertiggestellten Wohnungen verliere nun endgültig die Geduld, sagt Ermel; es läuft eine Klage gegen den Architekten. Auch die Handwerksbetriebe, die am Bau beteiligt sind, warten bisher vergeblich auf ihr Geld, zwei davon sind in Konkurs ­gegangen. Ermel bedauert das, beteuert aber, bei ihm sei nichts mehr zu holen, er sei finanziell«am Ende». Erst wenn weitergebaut werden könne, könnten die Bauunternehmen bezahlt werden. Seine Firma werde das Haus aber selbstredend nicht fertigstellen können, so Ermel.

In einer Doppelrolle?

Eigentümerin der Parzellen, auf denen Ermel gebaut hat, ist mittlerweile die Stiftung Trigon, die in den bereits fertiggestellten Bauten eigene Wohn- und ­Betreuungsangebote beherbergt. Die anthroposophische Stiftung mit Sitz in Arlesheim wird allerdings auch von ­Ermel präsidiert. Dies sei kein Widerspruch, meint der Architekt. Die Stiftung sei bereit, ein anderes Vorstandsmitglied mit der Sache zu betrauen, «um eine gute Lösung zu finden». Da er selbst nun aber als Rechtssubjekt ausfalle, müsse sich die Gemeinde direkt an die Eigentümer und die Stiftung wenden.

Ermel ist empört über die bisherige «Verschleppungstaktik der Gemeinde», wie er gegenüber dem «Wochenblatt» sagt. «Am 8. Juni 2018 hat die Bauverwaltung verfügt, die Projektänderungen am Haus (es wurde 1,80 m tiefer gebaut als ursprünglich genehmigt und ist baugleich wie die anderen Häuser) seien neu einzugeben, weswegen wir das bereits am 25. Mai 2018 eingereichte Baugesuch entsprechend nachbesserten. Mit Urteil vom 24. April 2019 hat das Bau- und Justizdepartement zu den eingereichten Plänen der Projektänderung verfügt, diese seien ‹von der Baubehörde unverzüglich zu publizieren und daraufhin allfällige Einsprachen sowie das Baugesuch zu behandeln und ein Entscheid zu fällen›. Im Juli/August 2019 wurden diese dann endlich publiziert, wogegen genau eine Einsprache einging, welche aber bis heute nicht behandelt wurde.»

Im Oktober 2020 habe er wiederum ein neues Baugesuch für den Carport einreichen müssen – auch dieses ist noch hängig. Vom Gemeinderat wünscht sich Ermel eine rasche Antwort: «Das von mir bereits 2018 eingereichte Baugesuch für das letzte Haus soll endlich der Baukommission vorgelegt werden, damit klar wird, unter welchen Bedingungen der Bau fertiggestellt werden kann.» Schliesslich seien ja nun alle Verfahren beendet, begründet der Architekt und meint: «Gemeindepräsident Christian Schlatter blockiert in dieser Sache.»

Keine Antwort von Gemeinde

Für Behördenmitglieder sind solche Anschuldigungen oft schwierig zu entgegnen, denn sie sind meist an Amtsgeheimnisse gebunden. Bei laufenden Verfahren dürfte er nichts sagen, war auch bisher immer die Begründung von Gemeindepräsident Christian Schlatter, wenn er auf den Fall angesprochen wurde. Nun sind die Verfahren beendet, Antworten zu den hängigen Baugesuchen gibt es von Seiten der Gemeinde dennoch nicht. Auf Nachfrage beim Gemeindepräsidenten verweist dieser auf Gemeindeschreiber Pascal Andres, der die Koordination im «Fall Juraweg» innehat. Die Behandlung von Baugesuchen sei in Dornach speziell geregelt, weiss dieser. Geht gegen ein Gesuch keine Einsprache ein, also ist sie unbestritten, so entscheidet die Bauverwaltung über die Gutheissung. Ist das Gesuch allerdings bestritten, so wird der Fall der Baukommission zur Beurteilung vorgelegt, erklärt der Gemeindeschreiber.

Was mit jenem Baugesuch von Ermel aus dem Jahr 2019 geschehen sei und ob es der Baukommission vorgelegt werde, dazu dürfe er sich allerdings nicht äussern, denn: «Die Verfahren sind zwar abgeschlossen, aber die Urteile noch nicht vollzogen.» Wie lange das dauert, kann Andres nicht sagen.

Neuer Gemeinderat ist gefordert

Das Baudebakel am Juraweg wird den Gemeinderat weiterbeschäftigen, wenn dieser auch in neuer Zusammensetzung darüber debattieren wird. Eine überparteiliche WählerInnen-Gruppe (ÜWG) versucht aktuell, den Gemeinderatskandidierenden mit einem Fragebogen auf den Zahn zu fühlen. Ermel, selbst Sekretär der ÜWG, ergänzt: «Es ist auch eine Frage zum Umgang mit den Problemen am Juraweg dabei.»

Durch die Rücktritte von Rudolf Hafner (FWD), Bruno Holzherr (CVP), Marisol Fürst (SVP), Christian Schlatter (FWD), Thomas Gschwind (FWD) und Barbara Vögtli (SP) sowie durch die Einführung des Ressortsystems wird es einen grossen Wechsel in der Dornacher Exekutive geben. Es wird sich zeigen, welchen Weg der neu zusammengesetzte Gemeinderat im Fall «Juraweg 13» einschlagen wird.

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