Die Feinstarbeit wird erst beim Herantreten sichtbar

KunstRaumRhein zeigt noch bis zum 21. November Collagen von Amy Lesyak. Die Werke sind in Technik und Wirkung einmalig. Die Künstlerin setzt auf Farbenreichtum, Rhythmus und Bewegung.

Amy Lesyak neben ihrer Collage: Man hat die Freiheit zu sehen, was man will.  Foto: Thomas Brunnschweiler
Amy Lesyak neben ihrer Collage: Man hat die Freiheit zu sehen, was man will. Foto: Thomas Brunnschweiler

Wenn wir an Collagen denken, kommen uns Bilder von Picasso und Braque in den Sinn, die aufmüpfigen Collagen der Dadaisten, die traumartigen Bildkompositionen des Surrealismus, der Pop Art oder der Fluxusbewegung. Erste Arbeiten mit Collagetechnik gehen auf die japanischen Kalligrafen des 10. Jahrhunderts zurück. Der Begriff entstand aber erst um 1912. Es gibt auch motivlose, abstrakte Collagen. Aber kein Künstler hat die Collage in der Art des abstrakten Expressionismus so weit getrieben, verfeinert und perfektioniert wie die französisch-slowenische Künstlerin Amy Les- yak.


Sichtbar gemachter Weltpuls
Wer in den luftigen Ausstellungsraum von Dorothee Deimann eintritt, sieht in den Bildern Lesyaks vermeintliche Malerei. Sofort beginnt man Assoziationen zu entwickeln: Barock, Unterwasserwelten, Galaxien, Natur oder Kraft der Elemente. Eine Besucherin sagt: «Individueller göttlicher Fluss.» Auf der Website Lesyaks wird die Choreografin Anna Halprin zitiert: «Sichtbar gemachter Atem.» Die Künstlerin sagte denn auch an der Vernissage: «Ihr taucht mit meinen Bildern in eure eigene Welt ein.» Auf Amy Lesyaks Collagen trifft auch die Kunstdefinition des französischen Schriftstellers Laurent Gounelle zu: «Kunst als direkter und verblüffender Zugang zur Quelle.» Gemeint ist die Quelle der Kreativität, wo in diesem Falle die Künstlerin als Dienerin des Bildes die Welt im Farburknall erschafft. Die filigrane und minuziöse Feinstarbeit wird erst sichtbar, wenn man nahe an die Collagen herantritt. Was von Weitem eine grosse Bewegung ist, enthüllt aus der Nähe Mikrostrukturen, etwa Erdbeeren, Granatapfelkerne, Stoffe, Steine, Pflanzen oder Federn. Diese Dinge sind aber nur formales und farbiges Rohmaterial.


Künstlerische Auferstehung
Amy Lesyak studierte Kunst und Grafik an der Universität für Bildende Künste in Strassburg und an der Kunstgewerbeschule in Basel bei Armin Hofmann. Ihr Leben gleicht einer permanenten Lehre auf verschiedensten Gebieten. 2007 hatte sie in Libyen einen schweren Unfall. Über Jahre in Wartezimmern und Krankenhäusern begann sie die Farben in den Magazinen und auf Werbematerialien zu schätzen. Da sie nicht mehr malen konnte, verlegte sie sich auf die Collagentechnik. «Meine Collagen sind Form und Farbe, sie sind Grafik, geprägt von Hell und Dunkel, von Perspektive und hauptsächlich von Bewegung», sagt sie. Am Ende der Arbeit versiegelt sie die Arbeiten mit satiniertem Gemäldefirnis.

Heute empfindet die Künstlerin ihren Unfall als Bereicherung. An einer einzigen Collage kann Lesyak zwischen drei und neun Monate arbeiten. Sie überlässt nichts dem Zufall und wartet, bis sich der richtige Farbton finden lässt. Auf dem Flyer schreibt Dorothee Deimann treffend: «Aufgang und Untergang im bleibenden Reich der Verwandlung: Alles ist unser.» Die Ausstellung mit vernünftigen Preisen lohnt einen Besuch.

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