Signale und Markierungen statt Temporeduktion
Der Kanton Solothurn will von 60 statt 80 Stundenkilometern als Höchstgeschwindigkeit auf der Gempenstrasse nichts wissen. Kantonsrat Michael Grimbichler will trotzdem nicht aufgeben. Zwei Einwohner aus Gempen werden privat aktiv.

Die Motorradsaison neigt sich zwar dem Ende zu, das Thema Lärm auf der Gempenstrasse zwischen Dornach und Gempen ist trotzdem allgegenwärtig. Am 5. November diskutierte der Solothurner Kantonsrat die Interpellation des Gempener Mitte-Kantonsrats Michael Grimbichler zu möglichen Massnahmen, um die Lärmproblematik auf der Gempenstrasse in den Griff zu bekommen. Als mögliche Massnahmen nennt Grimbichler eine generelle Temporeduktion auf durchgehend 60 Stundenkilometer, ein Nachtfahrverbot für Motorräder und verstärkte Polizeikontrollen.
Bereits im Juni erklärte der Regierungsrat als Antwort auf Grimbichlers Vorstoss, dass eine Gesetzesänderung zur Einführung einer Temporeduktion nicht erforderlich sei. «Ein Tempolimit respektive eine Temporeduktion senkt die Lärmbelastung nachweislich wahrnehmbar, und zwar unabhängig von der Verkehrszusammensetzung», schrieb der Regierungsrat. Der Effekt werde jedoch durch einzelne besonders lärmintensive Gruppen wie Töff- und Autoposer begrenzt. Für Lärmmessungen mit sogenannten Lärmblitzern fehle zurzeit eine gesetzliche Grundlage.
Kanton setzt Massnahmen um
Auf Nachfrage des Wochenblatts macht Michael Suter, Abteilungsleiter Strassenbau beim Amt für Verkehr und Tiefbau des Kantons Solothurn, klar, dass es keine Geschwindigkeitsreduktion von 80 auf 60 Stundenkilometer geben wird. «Der Kanton sieht eine Herabsetzung der Höchstgeschwindigkeit derzeit nicht als verhältnismässig an.» Stattdessen setze der Kanton im Frühling 2026 gezielte Signalisierungs- und Markierungsmassnahmen um. «Diese dienen der Verbesserung der Verkehrssicherheit – insbesondere durch optimierte Sichtbarkeit, klarere Führung und punktuelle Anpassungen der Signalisation», erklärt Suter. Das Verhalten der Poser und Raser lasse sich primär über gezielte Polizeikontrollen, Sanktionen und technische Fahrzeugprüfungen beeinflussen.
Michael Grimbichler wertet die Debatte im Kantonsrat als durchweg positiv. Regierungsrat und eine Mehrheit des Kantonsrats würden die Lärmproblematik anerkennen. Nun gehe es darum, ein noch klareres Meinungs- und Stimmungsbild in der Bevölkerung von Dornach und Gempen abzuholen. Grimbichler kann sich dafür Workshops oder Umfragen vorstellen. «Wichtig ist, dass wir schwarz auf weiss haben, was die Bevölkerung wünscht.» Damit erhielten die Forderungen beim Kanton mehr Gewicht, ist der Mitte-Kantonsrat überzeugt.
Dornach und Gempen agieren gemeinsam
Die Polizei hat bereits in diesem Sommer vermehrt Kontrollen durchgeführt. Michael Grimbichler würde sich noch mehr Kontrollen wünschen, ist sich aber der Ressourcenproblematik bei der Polizei im Klaren. Gempens Gemeindepräsidentin Eleonora Grimbichler möchte die Thematik an der kommenden Gemeinderatssitzung einbringen und sich eng mit ihrem Dornacher Kollegen Daniel Urech absprechen. Urech hat nicht den Eindruck, dass er in Dornach noch mehr den Puls fühlen müsste, da er aus persönlichen Gesprächen wisse, dass die Lärmsituation in der Bevölkerung als störend empfunden werde. Die Unfallstatistiken würden auch eine klare Sprache sprechen, so Urech. «Wir werden das Thema traktandieren, wenn wir den Eindruck haben, dass eine gemeinsame Forderung von konkreten Massnahmen durch die zwei Gemeinden Gempen und Dornach möglich ist», schreibt Urech auf Anfrage. Konkrete Forderungen werde der Gemeinderat in Abstimmung mit der Gemeinde Gempen im Laufe des nächsten Jahres nach Solothurn schicken. Wie sein Kantonsratskollege Michael Grimbichler ist auch Urech aufgrund der politischen Debatte in Solothurn positiv gestimmt. «Ich habe den Eindruck, dass Anliegen der Gemeinden wahrgenommen und vom Bau- und Justizdepartement nach Möglichkeit aufgenommen werden.»
Privatgruppe lanciert Versammlung
Während sich Daniel Urech und Eleonora Grimbichler noch zurückhaltend geben, geht eine Privatgruppe aus Gempen in die Offensive. Im «Wir Gempener» laden Jacqueline Ehrsam und Lorenzo Vasella zur Versammlung am 13. Januar im Feuerwehrmagazin ein. «Verkehr im Ramstel – genug ist genug! Jetzt braucht’s eure Ideen!», lautet die markante Überschrift des Aufrufs. Die Verkehrssituation im Ramstel sei ausser Kontrolle. «Lärmschutz und Verkehrssicherheit sind nicht mehr gewährleistet. Und es wird von Jahr zu Jahr schlimmer.» Ehrsam und Vasella schreiben von einer «Ohnmacht» der Behörden. «Wir wollen nicht tatenlos zusehen, wie unsere Lebensader mehr und mehr zu einer risikoreichen Rennstrecke wird. Wir wollen nicht länger akzeptieren, dass die schönen Sommertage für viele von uns zur nervigen Belastung verkommen.»
Lorenzo Vasella berichtet davon, dass manche Menschen in Gempen bereits ein mulmiges Gefühl verspüren, wenn sie an schönen Sommertagen nach Dornach fahren müssen. «Mir erging es in diesem Frühling erstmals so, obwohl ich als Walliser herausfordernde Strassen gewohnt bin.» Es dürfe nicht sein, stellt Vasella klar, dass die Fahrt auf der Gempenstrasse mit Unsicherheit verbunden sei.


