Von Hobel in die Welt und zurück

Sie ist Unternehmerin, Künstlerin und Grafik­designerin, arbeitete in Usbekistan und Neuseeland. Die nächste Station in Linda Dagli Ortis ­Werdegang ist ein Sitz im Hobler Gemeinderat.

Quereinsteigerin: Mit viel Enthusiasmus hat Linda Dagli Orti Mitte Dezember ihr Amt als Gemeinderätin angetreten. Foto: Mirjam Sinniger

«Ich muss mich wohl engagiert und interessiert gezeigt haben», so erklärt sich Linda Dagli Orti, dass sie im letzten Herbst vom Hobler Gemeindepräsidenten Georg Schwabegger (SP) angefragt wurde, das nach dem Rücktritt von Patricia De Bernardis frei werdende Amt der Gemeinderätin für das Ressort Bildung Unterstufe zu übernehmen. Die Fachfrau für visuelle Kommunikation half zu ­diesem Zeitpunkt regelmässig bei der Redaktion der Gemeindepublikation «Hobel aktuell» mit. «Während dieser Arbeit habe ich viele Fragen gestellt. Ich wollte die Abläufe der Gemeinde verstehen.» Den Schritt in die Politik überlegte sie sich nach der Anfrage gut, besprach sich mit ihrem Partner, mit Freunden und besuchte ein Coaching – und sagte schliesslich zu. «Ich habe diesen Funken in mir gespürt. Ich möchte etwas für die Gemeinschaft machen.»

Das Gemeinsame ins Zentrum rücken, empathisch sein, auf der Beziehungsebene agieren – diese Werte sind Linda Dagli Orti wichtig. Sie will verstehen, was die Menschen, deren Sorgen ihr mit dem Amt anvertraut worden sind, von ihr brauchen. Als Parteilose ist sie keinem starren Parteiprogramm verpflichtet. Sie wolle zunächst einmal zuhören, sagt sie. Daher schaut sie am Freitagabend gerne im Jugendtreff Juhu vorbei, um sich mit den Jugendlichen auszutauschen. «Es ist inzwischen mein Ausgangsprogramm», sagt sie lachend. Neben der Beziehungsarbeit bedeutet die Einarbeitung in das grosse Ressort für sie vor allem intensives Aktenstudium, viel Einlesen und Nachfragen. Der Einsatz lohne sich: «Ich bin so nah am Leben, kann etwas Konkretes bewirken. Das Amt gibt mir so viel Energie zurück.»

«Hochwald ist unsere Glückspille»

Die 40-Jährige hat ihre Kindheit und ihre Jugend in Hochwald verbracht. Nach der Lehre zur Polygrafin wollte sie wie so viele in jungen Jahren zunächst einmal nur eins: weg. Sie reiste durch Griechenland, die Türkei und Australien, arbeitete in Neuseeland. Für das Studium in visueller Kommunikation kam sie nach Basel zurück. Das Praktikum für ihre nächste Ausbildung zur Kulturmanagerin absolvierte sie auf der Schweizer ­Botschaft in Usbekistan, wo sie eine Plattform für lokale Kulturschaffende ent­wickelte. «Die lokale Gemeinschaft zu fördern, war mir schon dort wichtig», sagt sie rückblickend.

Zurück in der Schweiz, arbeitete sie zunächst in der Kommunikationsabteilung eines Naturparks, bis sie sich vor einem Jahr zur Selbstständigkeit entschloss. Seither führt sie ihr eigenes Kreativstudio und ist daneben auch als Künstlerin tätig. Ihr neustes Projekt ist eine Postkartenserie mit lokalen Motiven aus Hobel. Nach Jahren in der Stadt kehrte sie dann vor zweieinhalb Jahren wieder in das Dorf zurück, in dem sie aufgewachsen war. Mit ihrem Partner und dem gemeinsamen Hund lebt sie nun im ältesten Haus von Hochwald, das noch mit Holz beheizt wird, geniesst die Nähe zur Natur und den Menschen, die gute Luft – und ist glücklicher denn je. «Hochwald ist unsere Glückspille», meint sie strahlend.

Mit neuem Blick

Für ihre weitere Amtszeit hat Dagli Orti einige Pläne: «Nach der dreijährigen Pilotphase der Fita Hochwald sind wir nun bereit, einen Antrag für den Regelbetrieb zu initiieren. Das wird meine erste Volksabstimmung, die ich als Gemeinderätin begleiten werde. Darauf freue ich mich.» Daneben soll die Jugendarbeit gemeindeübergreifend organisiert werden. Gegenwärtig finanziert Hochwald das Ju­gendhaus Juhu alleine, obwohl es auch Jugendlichen aus anderen Gemeinden offensteht.

Neben dem Inhalt macht sich die Künstlerin und Designerin aber auch in der Politik Gedanken über die Form und darüber, wie diese den Inhalt beeinflusst: «Warum sitzt der Gemeinderat bei der Gemeindeversammlung immer vor der Gemeinde? Warum sitzen wir nicht im Plenum?» Mit neuem Blick schaut sie auf bestehende Strukturen und wünscht sich zum Beispiel mehr Co-Positionen in der Lokalpolitik. Nicht nur weil sich so der Aufwand für ein Amt teilen lasse, sondern weil Austausch immer Mehrwert bedeute. «Die Unerbittlichkeit, mit der Politik heute oft geführt wird, hat für viele etwas Abschreckendes – auch für mich.»

Sie will mit ihrer Art daher auch Vorurteile sprengen und andere, die auch nicht dem klassischen Politikertypus entsprechen, für ein politisches Amt motivieren. «Mit neuer Herangehensweise und traditionellem Werkzeug entsteht ein Feuerwerk des Unerwarteten» – was für kreative Prozesse gilt, wird auch in der Politik funktionieren, ist die Quereinsteigerin überzeugt.

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