Rudolf Steiners Biodynamik in der Sahara
Im Goetheanum findet ein Thementag unter dem Motto «Greening the Desert» statt. Auf dem Programm stehen Vorträge, Diskussionen und künstlerische Beiträge zum Leben und der (un)möglichen Landwirtschaft in Wüstenzonen.

Das Begrünen der Wüste mag auf den ersten Blick wie eine Herkulesaufgabe erscheinen, wenn nicht gar wie eine Sisyphusarbeit. Und doch gibt es einzelne Beispiele dafür, wie das gelingen kann. So gibt es in Ägypten ein Projekt namens Sekem, das sich eben dieser Aufgabe annimmt – und zwar beruhend auf den biodynamischen Grundsätzen, die aus Rudolf Steiners anthroposophischer Lehre entspringen.
Am Goetheanum ist die so genannte «Sektion für Landwirtschaft» angegliedert, die sich als Anlaufstelle und Zentrum der weltweiten biodynamischen Bewegung versteht. Ihr Co-Leiter Ueli Hurter erzählt in einem Interview mit der Wochenschrift «Das Goetheanum» (Ausgabe 42) sichtlich begeistert von seinem Besuch beim Sekem-Projekt: «Man sieht Bäume, Pflanzen, Tiere, Menschen, Schulen, eine Klinik, Unternehmen für Lebensmittel, Textilien sowie Arzneimittel. Das Leben ist viel dichter, viel reicher, viel farbiger, als ich es erwartet hätte.»
Einblick in das kulturelle Leben afrikanischer Wüstenregionen
Auch der Gründer und Leiter des Basler Kunstfestivals «Culturescapes» Jurriaan Cooiman war bereits vor Ort. Neben der landwirtschaftlichen Nutzbarmachung der Wüste habe ihn vor allem das rundum gedeihende kulturelle Leben dazu inspiriert, mit dem Goetheanum zusammenzuspannen. Das Resultat ist ein Thementag, an dem mehrere biodynamische Landwirtschaftsprojekte aus der Sahara von den lokalen Verantwortlichen vorgestellt werden. Eingebettet sind diese Beiträge in künstlerische Performances und Darbietungen, die einen Einblick in das kulturelle Leben in den afrikanischen Wüstenregionen ermöglichen sollen. Ein weiteres Projekt, das am Thementag im Goetheanum vorgestellt wird, befindet sich in Hazoua in Tunesien. Es handelt sich um eine Oase am Rande der Sahara, nahe der algerischen Grenze.
Dort hat vor einigen Jahren ein Schweizer damit begonnen, die Palmen nach biodynamischen Grundsätzen zu bewirtschaften. Das Ergebnis sind Demeter-Datteln, die bis in die Schweiz exportiert werden. Doch so sehr das lokale Leben von Projekten wie jenem im tunesischen Hazoua oder der Sekem-Initiative in Ägypten profitiert, ist gleichzeitig auch die Auseinandersetzung mit eigenen kolonialistischen Strukturen und Denkweisen unabdingbar. Cooiman von «Culturescapes meint diesbezüglich: «Ich sehe noch viel koloniales Verhalten, auch in Projekten wie Sekem. Tausende Bauern machen mit, sind begeistert – und gleichzeitig gibt es kritische Stimmen in Kairo. Diese Ambivalenz gehört dazu.» Er und Hurter würden diesbezüglich von unterschiedlichen Seiten herkommen – bei einem solchen Thementag scheint es jedoch gerade typisch anthroposophisch, sich den Dingen «ganzheitlich» anzunehmen.
Eine weitere Perspektive bringt der Leiter des internationalen Einkaufs der Weleda AG, Alexander Batran, ein. Er wird in seinem Beitrag über verantwortungsvolle Wertschöpfungsketten sprechen und konkret über das Engagement der Weleda in Marokko im Rosenanbau berichten. Zudem wird auch der Experte für Agroforstwirtschaft Roland Frutig vor Ort sein und ausführen, welche vielschichtige Rolle Bäumen zukommt, die weit über die in der Biodynamik beschriebene Funktion als blosse Schattenspender hinausgeht.
«Greening the Desert», Thementag am Goetheanum. 29. Oktober, 10 bis 16 Uhr. Die Beiträge sind auf Englisch, es wird jedoch simultan ins Deutsche übersetzt. Normalpreis (inkl. Mittagessen): Fr. 60.–, reduziert: Fr. 40.–. Förderpreis: Fr. 100.–. www.goetheanum.ch/de/veranstaltungen.