Närrischer Tanz durchs menschliche Spiegelkabinett

Am Freitag fand im Goetheanum die Premiere von «Was ihr wollt» statt. Die «Junge Bühne» unter Andrea Pfähler lässt die Komödie von Shakespeare zwischen Traum, Ernst, Albernheit und Musikshow oszillieren.

Noch wird die Verkleidung nicht durchschaut (v. l.): Cesario/Viola (Johanna Semmelroggen) und die Gräfin Olivia (Lara Hörler).  Foto: ZVG / Torsten Blanke
Noch wird die Verkleidung nicht durchschaut (v. l.): Cesario/Viola (Johanna Semmelroggen) und die Gräfin Olivia (Lara Hörler). Foto: ZVG / Torsten Blanke

Thomas Brunnschweiler

Das «närrische» Stück «Was ihr wollt» wird von vielen Kritikern als die beste romantische Komödie aus der Feder von Shakespeare angesehen. Tatsächlich bietet sie alle Ingredienzien, die unterhaltsames Theater ausmachen: Geschlechterrollentausch, Zwillingsthematik, narzisstischen Liebeswahn, eitles Verschmähen, humorvolle Parallelhandlungen, Fechtszenen, Tanz- und Akrobatikeinlagen und Slapstick.

Andrea Pfähler hat die Übersetzung von Thomas Brasch gekürzt und Szenen geschickt umgestellt. Der anschauliche, in den Alltagsjargon hineingehende Text von Brasch ist für die Schauspielerinnen und Schauspieler eine Steilvor-lage, sich sprachlich, mimisch und gestisch zu entfalten. Da der Resonanzraum des elisabethanischen Zeitalters fehlt, wurde vieles Assoziationsfeldern unserer Zeit angepasst. Dennoch bleibt das Land Illyrien ein Zwischenreich zwischen Traum und Wirklichkeit.

Das Stück gerät nie zur Verkleidungsklamotte, sondern lässt bei aller Heiterkeit die Abgründe menschlicher Identitätssuche erahnen. Es ist gleichsam ein psychologisches Spiegelkabinett. «Unser Schwerpunkt lag in der Erfahrung des Theaterspielens, nicht in der Beschäftigung mit politisch oder gesellschaftlich brisanten Themen», so Andrea Pfähler. Ihr ist es gelungen, das Stück leichthändig, temporeich und witzig zu inszenieren. So bleiben auch Zwischenbeifall und häufiges Gelächter nicht aus.

Textsicher, agil, individuell
Die Rollenzuteilung ist optimal, die Ensembleleistung hervorragend. Fabian Welsch vermag als narzisstischer Herzog Orsino ebenso zu überzeugen wie Johanna Semmelroggen als fast hermaphroditische «Cesariola» (Viola/Cesario), die an ihrer Verstellung leidet. Lara Hörler verkörpert die Gräfin Olivia mit zunehmender Verunsicherung angesichts der Intrigen und Identitätswechsel. Irrwitzig burlesk und agil ist Moritz Rudolf als zunehmend liebestrunkener Haushofmeister Malvolio. Er amüsiert das Publikum fast mehr als der Narr, den Joscha Schönhaus Gaiser mit Grandezza und komischer Würde spielt. Auch die anderen Truppenmitglieder, die aufzuzählen zu weit führen würde, verleihen ihren Rollen einen unverwechselbaren Charakter. Bezaubernd sind ebenfalls die Kinder, die mitspielen.

Teilnehmer für nächsten Kurs gesucht
Den «Verein Junge Bühne» gibt es seit Anfang dieses Jahres. Er ist Kooperationspartner des Goetheanums, das die Infrastruktur zur Verfügung stellt. «Es ist der dritte Jugendkurs und das dritte Mal Shakespeare», sagt Andrea Pfähler. Sich mit einem klassischen Stoff zu beschäftigen, sei der ausdrückliche Wunsch der Jugendlichen gewesen. Bei «Was ihr wollt» spielen viele Jugendliche mit, die schon in «Romeo und Julia» mittaten. Für den nächsten Kurs kann man sich jetzt anmelden per E-Mail an kontakt@andreaphaehler.ch.

Weitere Spieldaten: 11., 12. und 13. September, 20.00 Uhr, Goetheanum, Grundsteinsaal, Kollekte.

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