Märchen, Magie und Mysterium

Dieses Wochenende steht im Grossen Saal des Goetheanums nochmals die Hildesheimer Inszenierung der «Zauberflöte» von Volker Vogel auf dem Programm. Ein musikalischer Höhepunkt des regionalen Kulturjahres.

Überzeugen mit Spiel und Stimme: Peter Kubik als Papageno und Antonia Radneva als Pamina.  Foto: Jochen Quast
Überzeugen mit Spiel und Stimme: Peter Kubik als Papageno und Antonia Radneva als Pamina. Foto: Jochen Quast

Thomas Brunnschweiler

Der Kulturwissenschaftler Jan Assmann hat darauf hingewiesen, dass «Die Zauberflöte» nicht nur ein Mysterium und eine Oper über ein freimaurerisches Initiationsritual sei, sondern das Publikum selbst in die Weisheit und Macht der Liebe einführe. Assmann hat auch gezeigt, dass der Ablauf nur zu verstehen ist, wenn man erkennt, dass die Handlungen gewisser Szenen sich synchron abspielen. Dass sich auch die Tiefenpsychologie des Stoffs angenommen hat, versteht sich von selbst. Kaum eine andere Oper verführt mehr zu archetypischen Deutungen als «Die Zauberflöte».

Hervorragende musikalische Leistung
Tosender Applaus und Bravorufe konnten Solisten, Dirigent, Chor und Musiker auch nach der zweiten Aufführung am Sonntagnachmittag aus dem vollbesetzten Grossen Saal des Goetheanums entgegennehmen. Tatsächlich ist die Inszenierung musikalisch untadelig, auch wenn Bühne und Dramaturgie aufgrund der Betonung der Vertikalen und der sparsam eingesetzten Bewegungen etwas Statisches an sich haben. Einleuchtend ist die Trennung der Sphäre der Eingeweihten und der vordergründigen Märchenwelt Papagenos durch halbtransparente Vorhänge. Die Kostüme orientieren sich an der Gegenwart und die Freimaurerinsignien werden offen eingesetzt. Einige Regieeinfälle sind so witzig, dass auch Mozart seine Freude daran gehabt hätte.

Dirigent Werner Seitzer entlockt dem Da Vinci Symphonic Orchestra einen flüssigen, schlanken, durchsichtigen und im Tempo ausgewogenen Klang und zeigt ein Gespür für das Timing bei den Einsätzen. Der international gefragte Bass-Bariton Alfred Muff ist die Idealbesetzung für Sarastro und besticht durch seine grossartige Stimme und körperliche Bühnenpräsenz. Als Pamina weiss Antonia Radneva mit ihrer innigen, wohltuenden Stimme zu überzeugen. Martina Nawrath als Königin der Nacht singt ihre Partien glasklar und mit stupender Dynamik und meistert die hohen Koloraturarien mit scheinbar spielender Leichtigkeit.

 Die drei Damen mit ihren Pagenköpfen (Isabell Bringmann, Neele Kramer und Theresa Hoffmann) singen im Wettstreit um Tamino auf gleicher Augenhöhe. Konstantinos Klironomos gibt mit seiner warmen, starken Tenorstimme Tamino ein klares Profil und auch Peter Kubik weiss als Papageno mit nicht zu übertriebener Spiellust und einer angenehmen Stimme zu gefallen. Der in sich zerrissene Monostatos wird von Jan Kristof Schlieps glaubhaft dargestellt. Auch der Studienchor Leimental unter der Leitung von Sebastian Goll zeigt sich der Herausforderung gewachsen und fügt sich harmonisch in die Inszenierung ein. Die Knaben von der Knabenkantorei Basel verkörpern schliesslich mit ihren hellen Stimmen die abstrakte Sphäre der höchsten Tugenden.

Allversöhnlicher Schluss
Als Papageno vom Sprecher erfährt, dass er das Vergnügen der Eingeweihten nie fühlen werde, sagt er: «Je nun, es gibt ja noch mehr Leute meinesgleichen» und zeigt dabei ins Publikum. Hier merkt man, dass der Regisseur nicht der Deutung von Jan Assmann folgt, wonach die Zuhörenden in das Initiationsritual einbezogen werden. Doch das Glück ist nicht von der Einweihung abhängig. Das beweist die ungewöhnliche Allversöhnungsszene am Schluss, bei der auch Sarastros Feindin und ihre Entourage mitfeiern. Die Botschaft an das Publikum: Sowohl Eingeweihte wie Uneingeweihte können glücklich werden. Mit diesem Trost entlässt uns diese «Zauberflöte» in den Alltag.

 «Die Zauberflöte», Goetheanum Dornach,
 Fr/Sa, 25./26. 9., 19 Uhr; So, 27. 9., 16 Uhr.

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