Kantonsrat in Nunningen
Der Solothurner Kantonsrat tagt auf der Sonnenseite des Kantons

Gini Minonzio
Der Beginn täuschte, und wie! Händeschütteln da, Küsschen dort, Freude allenthalben! 100 Kantonsräte trafen am Dienstagmorgen bei der Turnhalle in Nunningen ein. Denn für zwei Wochen ist Nunningen die Hauptstadt des Kantons Solothurn und beherbergt die Session des Kantonsrates. Die Sonne strahlte und mit ihnen alle Kantonsräte. Sogar die 60 demonstrierenden Lehrer mit ihren bunten Transparenten trugen zur guten Laune bei. Kantonsrat scheint ein Schoggijob zu sein.
Doch eine halbe Stunde später wurde man eines Besseren belehrt: In Tat und Wahrheit ist die Kantonsraterei ein Knochenjob. Nach den üblichen Vorreden geht es bald zur Sache: die Teilrevision des Gesetzes über die Staats- und Gemeindesteuern. Die Sprecher der Fraktionen ergreifen das Mikrofon und lesen ihre Reden runter: Sollen Feuerwehrleute für Sold, der über 5000 Franken beträgt, neu von den Kantonssteuern befreit werden sollen, obwohl sie dafür Bundessteuern zahlen müssen, und obwohl das nur sehr wenige betrifft? Spätestens hier beginnt man, die Kantonsräte zu bewundern. Es braucht einen starken Willen, um den Vorlesern zuzuhören. Man ist dankbar für eine Abstimmung. Ein Sold bis 10 000 Franken soll steuerbefreit sein.
Sparen, aber wo?
Mehr Herzblut fliesst dann beim Höhepunkt des Morgens, beim Massnahmenplan zur Erreichung eines mittelfristig ausgeglichenen Staatshaushaltes (auf Deutsch: beim Sparpaket). Bei allen fünf Departementen sollen total jährlich bis 100 Millionen eingespart und mehr eingenommen werden. Diesen Schritt schlägt die Regierung vor, weil die nächsten Jahre rabenschwarz aussehen. Ohne diese Sparmassnahmen sieht der Integrierte Aufgaben- und Finanzplan für die Jahre 2012 bis 2016 einen Fehlbetrag von 120 bis 180 Millionen Franken vor. Gut 60 Massnahmen hat die Regierung vorgeschlagen und ist damit in Teufels Küche geraten.
In der Debatte fielen sehr viele unschöne Worte: Das Ganze sei ein unausgegorenes Sammelsurium ohne Sinn und Verstand, so der Tenor quer durch die Parteien. Selbst bei den unumstrittenen Massnahmen fing der Regierungsrat lauter Rüffel ein.
Vor der Session hatten 60 Lehrer aus dem ganzen Kanton mit Transparenten gegen den Leistungsabbau protestiert. Im Departement Bildung sollen mit 24 Massnahmen jährlich bis 20 Millionen eingespart werden. Gegen die Hälfte der Sparvorschläge protestiert der Verband Lehrerinnen und Lehrer Solothurn (LSO). Er will die Beiträge an die kommunalen Musikschulen erhöhen und keinen Abbau von Lektionen hinnehmen. Welche Massnahmen die Kantonsräte aus dem ganzen Sparpaket herauspflücken, oder ob sie gar das Ganze an den Regierungsrat zurückweisen, darüber stimmen sie nächsten Dienstag ab.
Besucher sind willkommen. Die Session in der Hofackerhalle Nunningen dauert vom 4. bis 5. 9., 8.30–12.30 Uhr.