Herrscht bald Frieden am Juraweg?
Seit sieben Jahren steht die Baustelle am Juraweg 13 in Dornach still. Doch jetzt ist ein Ende des Baudramas in Sicht.

Sieben Jahre dauert er schon an – der Streit um einen Bau in unmittelbarer Nähe des Goetheanums. Das anthroposophische Haus ist noch immer nicht fertiggestellt – nachdem die Dornacher Bauverwaltung im März 2018 einen Baustopp verhängt hatte, folgte ein juristisches Hickhack bis vor Bundesgericht. Die Wohnungen im Haus waren bereits verkauft – einziehen konnten die Eigentümer bisher nicht. Doch von Anfang an.
Grund für den verhängten Baustopp seien Differenzen zwischen realisiertem Bau und bewilligtem Baugesuch, hiess es damals vonseiten der Bauverwaltung. Es fehlte eine südliche Erschliessungsstrasse zum Grundstück der Nachbarsfamilie, wie sie in einem Gestaltungsplan von 2003 vorgesehen gewesen wäre. Das Haus am Juraweg 13 erschloss der Architekt und Totalunternehmer John C. Ermel nämlich von Norden her. Ausserdem hatte er einen Carport erstellt, der so ursprünglich im Gestaltungsplan nicht vorgesehen war. Auch die Zahl der Wohnungen, die Ausgestaltung des Dachgeschosses und die Höhe der Abgrabung bei der Kellerwohnung wurden beanstandet.
Gegen den Baustopp wehrte sich der Architekt; er demonstrierte vor der Gemeindeverwaltung Dornach mit einigen Bauarbeitern und sprach von «Filz, Seilschaften und Willkür» auf der Bauverwaltung. Der damalige Gemeindepräsident Christian Schlatter dementierte die Vorwürfe. Ermel, dessen Haus fast fertig gebaut war, legte Beschwerde ein: Sein Projekt sei 2013 von der Gemeinde bewilligt worden. Allerdings hatte er für manche Änderungen bloss eine mündliche Bewilligung. Seit 2020 ist der Architekt insolvent. Eigentümerin der Parzellen, auf denen Ermel gebaut hat, ist die Stiftung Trigon, die in den drei danebenliegenden, bereits fertiggestellten Bauten eigene Wohn- und Betreuungsangebote beherbergt. Die anthroposophische Stiftung mit Sitz in Arlesheim wird von Ermel präsidiert.
Die neue Bauherrschaft musste ein nachträgliches Baugesuch einreichen – doch gegen dieses erhoben die Nachbarn Einsprache. Einen Entscheid, wie weitergebaut werden darf, gab es seither nicht.
Über die Jahre prangerten unzählige Menschen den Stillstand bei der Baustelle an. 2020 etwa wandte sich eine Gruppe von Universitätsprofessoren mit einem offenen Brief an den Gemeinderat. Sie forderten, die Gemeinde solle endlich über das hängige Nachtragsbaugesuch befinden. Drei Jahre später reichten Therese Anner und Daniel Marston eine Petition ein, die von mehr als 600 Menschen unterzeichnet worden war. Die Wirkung dieser Appelle: gleich null. Im Hintergrund liefen juristische Auseinandersetzungen zwischen der Bauherrschaft und den Nachbarn. Die Gemeinde erklärte, ein Entscheid könne erst getroffen werden, wenn diese abgeschlossen seien.
Bericht der Bau-, Werk- und Planungskommission liegt nun vor
Seit 2021 sind fast alle Verfahren abgeschlossen. Die Bauherrschaft und die Nachbarn (mit Ausnahme einer Partei) einigten sich im November 2024 auf eine Lösung für die Erschliessungsstrasse, die noch realisiert werden muss. Acht Monate später liegt nun der Entscheid der Bau, Werk- und Planungskommission (BWPK) vor. Die Kommission kommt zum Schluss, dass Ermel nicht so gebaut habe, wie er es in den ursprünglichen Plänen angegeben habe. So sei etwa der Carport in den ersten Plänen nicht ausgewiesen gewesen. Auch das Dach und das Dachgeschoss seien «komplett anders» gebaut worden. Für die Kellerwohnung sei zudem zu viel Terrain abgegraben worden, so die BWPK. Ursprünglich sei ein Zweifamilienhaus geplant gewesen. Das Haus weise nun aber vier Vollgeschosse auf – diese seien in der Wohnzone W2c nicht zulässig.
Was die BWPK auf 18 Seiten begründet, lässt sich so zusammenfassen: Die Projektänderungen werden bewilligt, nicht aber der Bau des Carports, das Dachgeschoss und die Abgrabung beim Untergeschoss.
Ermel muss den Carport und die Dachwohnung allerdings nicht rückbauen – aus «Verhältnismässigkeitsgründen», wie die BWPK schreibt. Die Kellerwohnung hingegen darf in dieser Form nicht fertiggestellt werden. Die nördliche Erschliessungsstrasse werde geduldet, heisst es im Entscheid – die Bauherren müssten die südliche Erschliessungsstrasse allerdings noch realisieren, gemäss dem alten Gestaltungsplan von 2003. Gegen diesen Punkt hat der Anwalt der Bauherren Beschwerde eingereicht. Das Verwaltungsgericht war 2024 zum Schluss gekommen, dass die Errichtung der nördlichen Strasse zulässig war. Wer die südliche Strasse bauen (und damit bezahlen) müsse, sei Sache des Zivilgerichts.
Fast alle Nachbarn und Bauherren hatten 2024 zu einer Einigung gefunden. Der Gestaltungsplan sollte demnach leicht angepasst werden – so der Wunsch der Parteien. Der Gemeinderat lehnte eine Anpassung jedoch kürzlich weitgehend ab. Das letzte Wort in Sachen Gestaltungsplan ist noch nicht gesprochen.
Das Haus kann endlich fertiggestellt werden
Der Entscheid der BWPK bedeutet aber: Die Bauherren – sprich die Besitzer der Wohnungen – können das Haus endlich fertigstellen lassen. Als Architekt steht Ermel allerdings nicht mehr zur Verfügung: «Meine Firma ist Konkurs gegangen, ich kann höchstens beratend zur Seite stehen.» Allerdings wolle keine der Parteien ihre Wohnung behalten, so Ermel: «Sie wollen alle verkaufen. Nachdem sie jetzt sieben Jahre lang nicht einziehen konnten, ist das auch verständlich. Zumal eine Käuferin bereits verstorben ist und die Erben da nicht einziehen wollen.»
Trotz allen Ärgers: Bei Ermel ist die Erleichterung, dass nun ein Entscheid vorliegt, spürbar. Die Begründung der BWPK könne er dennoch nicht ganz nachvollziehen. Schliesslich seien die drei umliegenden Häuser, die er schon abgeschlossen hat, baugleich. «Diese wurden von der Bauverwaltung so abgenommen. Das Haus Nummer 13 aber nicht.» Auch die umliegenden Häuser würden teilweise zwei Vollgeschosse plus Dachgeschoss und Sockelgeschoss aufweisen, einen Baustopp habe es dort aber nicht gegeben. «Das ist doch Willkür», sagt Ermel.
Die BWPK hat auch darauf eine Antwort: Aus dem Umstand, dass andere Bauten gleich gebaut und nicht beanstandet worden seien, könne nichts abgeleitet werden. «Es gibt kein Recht auf Gleichbehandlung im Unrecht», so der Bericht.
«Das Gemeindepräsidium hat keinerlei Verzögerung verursacht»
Gemeindepräsident Daniel Urech (FWD/Grüne) zeigt sich ob des Entscheids der BWPK erleichtert: «Die Baukommission hat einen pragmatischen Entscheid gefällt. Ich beurteile ihn als sachgerecht. Er schliesst diese Geschichte nun hoffentlich ab.» Dennoch: Die lange Dauer, bis der Entscheid von der BWPK gefällt wurde, ist erstaunlich. Urech erklärt: «Dafür gibt es verschiedenste Gründe. Etwa waren die Bauunterlagen lange nicht vollständig. Als das neue Baugesuch 2022 veröffentlicht wurde, kamen Einsprachen von Nachbarn. Dies führte zu weiteren Verzögerungen.»
Den Vorwurf Ermels, Urech habe eine «Verzögerungstaktik» angewandt, weist der Gemeindepräsident von sich: «Das Gemeindepräsidium hat keinerlei Verzögerung verursacht. Seit ich im Amt bin, habe ich darauf hingearbeitet, dass das Verfahren abgeschlossen wird. Ich glaube auch nicht, dass sich die Verwaltung etwas vorwerfen lassen muss. Ein baurechtliches Verfahren, bei dem alle Parteien anwaltlich vertreten sind, ist höchst anspruchsvoll für eine Bauverwaltung.»
Die Gemeinde musste im Fall Juraweg 13 über Jahre anwaltliche Unterstützung in Anspruch nehmen. Welche Kosten ihr dadurch entstanden sind, kann Urech nicht beziffern. «Sie sind sicher beachtlich.» Zwei Punkte habe die Gemeinde allerdings gelernt: «Dass man bei Abnahmen gut hinschauen muss und dass es wichtig ist, dass man proaktiv ist als Bauverwaltung», so Urech.
Mit dem Entscheid der BWPK kann das Haus Nummer 13 endlich fertiggestellt werden. Ein wichtiger Schritt in Richtung Frieden am Juraweg.