«Es ist ein Neuanfang – und so ein Abenteuer ist mit Risiko verbunden»
Rock statt Gospel, Band statt Chor. Bo Katzman veröffentlicht mit der Band The Cat Pack seine erste CD seit dem Ende seines Gospelchors. Dabei geht er frei seiner Musiklust nach.

Wochenblatt: «The Truth», die Wahrheit, heisst Ihre vor kurzem veröffentlichte CD. Wer ist jetzt nun der «wahre» Bo Katzman, der Gospel- oder der Rocksänger?
Bo Katzman: Es gibt keinen wahren oder unwahren Bo Katzman. Ich bin mit Leib und Seele Musiker. Alles, was ich mache, ist authentisch, ob ich nun als Leadsänger eines Gospelchors oder mit meiner Band auftrete.
Dennoch fragen sich nun viele, wie dieser Wandel vom Weihnachtssänger zum Rockmusiker zustande kam und wie Sie das aktuelle Projekt mit The Cat Pack deuten sollen.
Bo Katzman: Da findet kein grosser Wandel statt. Jetzt steht weniger die Masse der Chorsänger, sondern die tollen neuen Songs und der Gesang im Vordergrund. Der grosse Chor wurde einfach durch die singende Band ersetzt und die Songs sind nicht mehr auf Gospel fokussiert. Und ich bin ja auch immer noch derselbe.
Den rockigen Bo Katzman gab es auch schon vor dem Gospelchor. Folgt mit dem neuen Bandprojekt eine Rückkehr zu den Wurzeln?
Bo Katzman: Dieser Ausdruck trifft es nicht ganz, weil er suggeriert, dass ich rückwärts gehe. Ich schaue aber lieber nach vorne. In meinem neuen Bandprojekt und der neuen CD verbinde ich alle meine musikalischen Wurzeln und schnüre daraus etwas Neues.
Lässt sich dieses «Neue» definieren und einordnen?
Bo Katzman: Auf unserem neuen Album verbinden wir Rock, Pop, Country, Blues und auch wieder Gospel. Einordnen in ein Musikgenre lässt sich dies nicht. Und genau das macht es so einzigartig. Ich mache Musik, weil ich Lust dazu habe, und meine Songs dürfen sich ruhig in ihrem Stil voneinander unterscheiden.
Ist dies das Privileg eines 65-Jährigen, der niemandem mehr etwas beweisen muss?
Bo Katzman: Ich sehe dies durchaus als Privileg. Der Druck, sich durchsetzen zu müssen, ist nicht mehr da. Als junger Musiker war dies natürlich noch anders. Die Spielfreude steht heute klar im Vordergrund.
Wie viel Bo Katzman steckt in «The Truth»?
Bo Katzman: Die CD ist sehr persönlich. Es sind Songs, die meine Gedanken wiedergeben, die Geschichten, Beobachtungen und Eindrücke aus meinem Leben erzählen. Vereinzelt berühren die Songs auch philosophische Themen. Und da es um Musik geht, soll das alles auch noch gut klingen.
Das Video zur ersten Singleauskopplung «Fly High» drehten Sie auf und rund um den Gempenturm. Was bedeutet Ihnen dieser Ort nahe Ihrer Heimatgemeinde Dornach?
Bo Katzman: Es ist eine ungemein spannende Landschaft mit schroffen Felsen, alten Burgen, Wäldern und Wiesen. Die perfekte Kulisse für ein Video. Ich kenne die Gegend sehr gut, weil ich die meiste freie Zeit damit verbringe, darin zu wandern. Sie ist mir richtig ans Herz gewachsen.
Ursprünglich planten Sie ja gar keine CD mit The Cat Pack. Wie kam es dennoch dazu?
Bo Katzman: Eigentlich wollte ich mit der Band, die während Jahren als Begleitband des Gospelchors mit mir tourte, nur Konzerte spielen. Um den Konzertveranstaltern zu zeigen, wie wir klingen, nahmen wir ein paar Songs als Demo auf. Die Reaktionen waren durchs Band extrem positiv und wir wurden richtiggehend ermuntert, eine CD zu machen.
Stichwort Konzerte: Sie füllten die grössten Musiksäle der Schweiz. Und nun fangen Sie wieder ganz klein an und touren durch Konzertschuppen. Ein harter Aufprall?
Bo Katzman: Eine spannende Herausforderung. Aber genau das wollte ich ja. Im Scheinwerferlicht der grossen Säle sah ich kaum die erste Reihe des Publikums. Es herrschte eine grosse Distanz. Ich wünschte mir wieder mehr Nähe und mehr Intimität. Es ist, als hätte ich 25 Jahre Kuchen gegessen und geniesse jetzt wieder mal ein Stück Butterbrot. Diesen Weg habe ich bewusst gewählt. Quasi zurück auf Feld eins.
Was ist, wenn Bo Katzman & The Cat Pack niemand hören will?
Bo Katzman: Wir hatten bereits einen tollen Start! Bei unseren ersten beiden Konzerten waren die Besucher restlos begeistert. Wir hoffen natürlich, dass wir unser Publikum weiterhin mit unserer Musik mitreissen und sogar neue Fans gewinnen können. Die Ampeln stehen jedenfalls auf Grün. Aber es ist ein Neuanfang, und so ein Abenteuer ist immer mit Risiko verbunden.
Sie verliessen bewusst die Komfortzone und das lukrative Geschäft mit dem Gospelchor?
Bo Katzman: Das ist richtig! Es ist die Unabhängigkeit und Freiheit, die ich mir musikalisch bewahren will. Eine Katze kann man nicht dressieren. Das schulde ich schon meinem Namen.