Ein Stück aus Fleisch und Blut

Das Schauspiel «Fleisch und Blut» nach dem dokumentarischen Roman von Susanna Schwager ist ein starkes Sittenbild des letzten Jahrhunderts. Urs und Jara Bihler haben die Chance, darin zu brillieren. Heute Donnerstagabend, 20 Uhr, ist Premiere.

Momentaufnahme: Hans Meister (Urs Bihler) sinniert über sein Leben. Seine Enkelin Susanna (Jara Bihler) hört genau zu.  Foto: Thomas Brunnschweiler
Momentaufnahme: Hans Meister (Urs Bihler) sinniert über sein Leben. Seine Enkelin Susanna (Jara Bihler) hört genau zu. Foto: Thomas Brunnschweiler

Thomas Brunnschweiler

In ihrem Buch «Fleisch und Blut» hat Susanna Schwager die Geschichte ihres Grossvaters Hans Meister festgehalten, der ihr im Altersheim sein Leben erzählte. Es ist die scheinbar banale Geschichte eines Metzgers, der eine Familie ernähren muss und sich nie Schwäche erlauben darf. Es ist die Geschichte seiner angepassten Frau Hildi, die sich nicht gegen die Dominanz ihres Mannes wehren kann, und es ist nicht zuletzt die Geschichte vom «Geheimnis Zeit». Der Titel ist mehrdeutig. «Fleisch und Blut» verweist auf das Schlachten von Tieren, aber auch auf die Generationenproblematik. Für Regisseur Hansjörg Betschart ist darum die Besetzung ein Glücksfall. Schauspieler Urs Bihler, der eigentliche Entdecker des Theaterstoffs, steht zusammen mit «seinem eigen Fleisch und Blut», nämlich mit Tochter Jara Bihler, die im Zwischenjahr nach der Matur ist, auf der Bühne.

Dichte Inszenierung

Hansjörg Betschart hält das Buch von Schwager zu Recht für «ein grandioses Sittenbild einer ganzen Generation», die aus der bäuerlichen Umgebung in die urbane Welt katapultiert worden sei. Dieses «Auswandern aus dem Tal» hat der Muotathaler Betschart selbst erlebt. Der 1913 geborene Hans Meister lernte schon früh die Zwänge und Unausweichlichkeiten des Lebens kennen. Dies spiegelt sich in der reichen Metaphorik der autobiografischen Erzählung, die Urs Bihler glaubhaft über die Rampe bringt. Jara, die Meisters Enkelin spielt, tritt im weissen Tutu auf, mädchenhaft leicht, fast schwebend. Sie korrigiert ihren Grossvater immer wieder in seinen Erinnerungen, stellt die Mutter Hildi dar, singt oder spielt Geige.

Das Bühnenbild ist karg, die Requisiten jedoch mit Bedeutung aufgeladen. Die sechs alten Gehhilfen dienen als Stützen, Stalltüren, Melkstühle, Seitenkammern und anderes, der Pelzmantel symbolisiert Geborgenheit wie Überwindung der materiellen Not. Für das Stück wurde der Zuschauerraum von neues-theater.ch umgebaut. Jara, die seit 2011 im Ensemble «junges theater basel» spielt, musste sich im Laufe der Proben ihren Platz und ihre Rolle erst suchen. Das Stück veränderte sich bis zum Schluss. Urs Bihler kann sich mit der Rolle als Hans Meister stark identifizieren, da auch er einer kleinbürgerlichen Familie entstammt und die Sehnsucht, die Zeit zu besiegen, durchaus kennt. Dramaturg Hans J. Ammann, der die Bühnenfassung verfasste, schrieb einmal: «Erinnerungen sind Aufenthaltsorte der Zeit.» Wie wahr.

Empfehlenswerte Stückbox

Alternierend zu «Fleisch und Blut» ist noch dreimal die Stückbox No. 6 zu sehen. Das Stück «Am Feuer» stellt in atemberaubenden Tempo Fragen zur Chemiekatastrophe in Schweizerhalle, einem Ereignis, dass sich am 1. November zum 30. Mal gejährt hat. Das Publikum sitzt im Foyer, die Spielenden stehen draussen ums Feuer.

«Fleisch und Blut» 3./5./9./10. Nov., 20 Uhr; 13. Nov., 18 Uhr

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