Die Weis(s)heit des Schnees

Das Stück «Snow» des Theaters M um Sandra Löwe hatte letzten Donnerstag bei neuestheater.ch Premiere. Die Produktion nach Maxence Fermines Roman «Neige» berührte und begeisterte gleichermassen.

Schnee, Stille, Schönheit: Sandra Löwe, Regie und Spiel. Foto: zvg / Cornelius Hunziker
Schnee, Stille, Schönheit: Sandra Löwe, Regie und Spiel. Foto: zvg / Cornelius Hunziker

Schnee fallen hören / Meine Geliebte im Eis / Ihr Tanz auf dem Seil» – Dieser Haiku, eine japanische Gedichtform mit siebzehn Silben, bringt das, was Sandra Löwe, Marcus Violette und Beat Vögele gemeinsam mit den technischen Helfern fertiggebracht haben, auf den Punkt. Viel Raum, Stille, Purismus. Auf der Bühne fast nichts. Beat Vögele spielt geheimnisvoll auf dem Harmonium, eine hohe, schmale Papierrolle zeigt ein enigmatisches Schriftzeichen, Kerzen verströmen etwas Licht. Die drei Mitwirkenden befinden sich immer auf der Bühne, manchmal im Licht, oft nur im optischen Off. Viel Text ist Englisch gesprochen, ein Englisch, das in Sandra Löwes sanfter Ausdrucksweise einen magischen Sog entwickelt. Die deutsche Übersetzung erscheint auf der Papierrolle.


Poesie im Schnee

In diesem Theater der Stille wird eine erstaunliche Geschichte vorgetragen, die in den 1880ern im Norden Japans beginnt. Sie handelt vom jungen Yuko Akita, der nur zwei Leidenschaften kennt: Poesie und Schnee. Gegen den Willen des Vaters entscheidet er sich dafür, Dichter zu werden. Er will nur Haiku über die Schönheit des Schnees und der Farbe Weiss schreiben. Er macht sich auf in den Süden, um beim blinden Meister Soseki seine Kunst zu vervollkommnen. Im Gebirge entdeckt er eine im Eis eingeschlossene schöne Europäerin. Von Soseki erfährt er, dass sie dessen Frau war, eine Seiltänzerin, die vom Seil stürzte. Yuko führt Soseki zum Eisgrab, wo sein Meister glücklich stirbt. Yuko kehrt nach Hause zurück und erlebt in der Begegnung mit der schönen Unbekannten, die er vor seiner Reise in den Süden kennen gelernt hat, eine letzte Überraschung.


Verschiedene Erzählebenen

Das Theater M bringt «Snow» zum ersten Mal in der Schweiz auf die Bühne, und zwar in einer eigenen Textbearbeitung und Übersetzung. Hineinverwoben werden persönliche Geschichten von Löwe und Violette. Letzterer ist als ausgebildeter Clown die ideale Besetzung für den etwas tölpelhaften Diener von Meister Soseki. Sandra Löwe überzeugt in diesem Erzähltheater nicht nur als Regisseurin, sondern auch als Schauspielerin. Die scheinbar paradoxen Satyrspiele von Violette durchkreuzen die Kernerzählung auf erfrischende Art. Überhaupt spielt sich das Ganze auf mehreren Erzählebenen ab. Es geht nicht um das Japanische, sondern um die universelle Sprache der Poesie. So ist die Wasserschale einmal Mond, einmal Symbol des Wassers und der Poesie, einmal Ort erotischen Austausches und der existenziellen Wandlungen.
Als das Licht erlischt, ertönen frenetischer Applaus und teilweise Standing Ovations. Klaus Fischer, ehemaliger Solothurner Bildungs- und Kulturdirektor sagt: «Die Erzählung von Maxime Fermine liefert den Stoff für einen gelungenen Theaterabend. In der Inszenierung, geprägt von Poesie und subtiler Sprachtechnik, wird die Geschichte des Haiku-Dichters Yuko Akita erzählt als ein Lebensweg, der die Balance sucht. Der fallende Schnee entführt in eine Märchenwelt von Liebe und Kraft. Ein starkes Stück, eine starke Inszenierung, ein grosser Theaterabend!»

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